Das ukrainische Militär hat sich in den Konflikt zwischen Regierung und Oppostionellen eingemischt. Präsident Viktor Janukowitsch müsse dringend Maßnahmen treffen, um die anhaltende Krise in dem Land zu entschärfen, so die Forderung. "Die Soldaten und Angestellten des Verteidigungsministeriums rufen den Oberkommandeur der Streitkräfte auf, im Rahmen der aktuellen Gesetze dringende Schritte zu ergreifen, um die Situation im Land zu stabilisieren und Einverständnis in der Gesellschaft zu erreichen", hieß es in einer am Freitag auf der Internetseite des Verteidigungsministeriums veröffentlichten Erklärung.
In dem Schreiben werden "die Erstürmung öffentlicher Gebäude und die Versuche, die Regierung an der Erfüllung ihrer Aufgaben zu hindern", als "inakzeptabel" kritisiert. Die Soldaten und Angestellten warnten davor, dass eine "Verschärfung der Konfrontation die territoriale Integrität" der Ukraine bedrohe. In der Ukraine gibt es seit Ende November teils gewaltsame Proteste der proeuropäischen Opposition gegen Präsident Viktor Janukowitsch. Das Militär hat sich aus dem Konflikt, in dem es bei Zusammenstößen bereits mehrere Todesopfer gab, bisher herausgehalten.
Kerry will Klitschko treffen
Tatsächlich ist die Situation auf den Straßen ausgesprochen angespannt. Menschenrechtler kritisierten etwa, Polizeieinheiten hätten während der Straßenschlachten mit radikalen Regierungsgegnern absichtlich auch Journalisten und Ärzte angegriffen. Zudem sollen 30 Aktivisten von angeheuerten Schlägerbanden verschleppt worden sein. Wie brutal das Regime sein kann, zeigt auch der Fall eines entführten Regierungsgegners, der acht Tage nach seinem Verschwinden schwer misshandelt aufgefunden wurde: Seine Peiniger hätten ihn massiv gefoltert und einen Teil seines Ohrs abgeschnitten, berichtete der Aktivist Dmitri Burlatow.
Derweil versucht die US-Regierung, die Wogen zu glätten. Während der Sicherheitskonferenz in München will Außenminister John Kerry erstmals mit dem früheren Boxweltmeister und Oppostionführer Vitali Klitschko sprechen sowie mit Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk und der Popsängerin Ruslana, die in den vergangenen Wochen bei den Protestkundgebungen in Kiew kostenlose Konzerte gegeben hatte. Gleichzeitig beraten die US-Regierung und der Kongress derzeit über die Möglichkeit von Sanktionen gegen die Führung in Kiew. Eine Entscheidung sei aber noch nicht getroffen worden, so eine Sprecherin des US-Außenministeriums.
Janukowitsch selbst meldete sich zuletzt am vergangenen Donnerstag zu Wort - und machte die Opposition für die zunehmende Gewalt in seinem Land verantwortlich. Sie heize "nur wegen der politischen Ambitionen einiger Führer" die Situation an, erklärte der Staatschef. Er gestand aber erstmals auch "Fehler" ein. Zuvor hatte das Präsidialamt mitgeteilt, dass der Staatschef an einer Atemwegserkrankung und starkem Fieber leide und sich deshalb mitten in der Krise eine Auszeit genommen habe.