Alpenüberquerung Tierisch gut wandern

Bei Trekking-Touren durch den Nationalpark Hohe Tauern können sich Wanderer von Pferden oder Lamas begleiten lassen. Nicht nur Kinder schätzen die vierbeinige Verstärkung.

Wandern ist alles andere als eine "coole" Freizeitbetätigung. Jedenfalls nicht, wenn man zwölf Jahre alt und eine richtige Großstadtpflanze ist. Wenn man seine Ferientage lieber am Strand von Mallorca verbringen würde. Oder - wenn schon in den Bergen - dann zumindest im Freibad am See. An diesem sonnigen Sommermorgen aber steigt mein Kind schon früh aus dem Bett und schlüpft voller Tatendrang die neuen High-Tech-Wanderstiefel. Eine zweitägige Trekkingtour durch die Osttiroler Alpen liegt vor uns. Das Besondere daran: wir haben einen persönlichen Begleiter an unserer Seite. Einen, der eventuell spuckt.

Informationen:

Lama-Trekking: verschiedene Touren, 2 Stunden-Ausflüge, Halb-, Ganz- und Mehrtagestouren, von leicht bis anspruchsvoll. Zwei-Tagestour "Böses Weibele" pro Person 100 Euro (bei 8 bis 10 Teilnehmern), weitere Infos: www.dolomitenlama.at

Weitere Trekkingtouren im Hohen Tauern Nationalpark: www.hohetauern.at; www.nationalpark.at

Tour zum "Bösen Weibele"

Superpünktlich um halb acht sind wir am Treffpunkt und lernen ihn kennen: Einen kräftigen Burschen, der auf den Namen Gregorio hören soll, der uns mit wachen, braunen Augen mustert und dabei ungerührt auf den letzten Halmen seines Frühstückstrohs kaut. Gregorio - das Lama mit dem milchkaffeebraunen Fell - wird uns zu den Gipfeln begleiten und unser Gepäck auf seinem zottigen Rücken tragen: Regenjacken, Schlafsäcke und was sonst noch nötig ist für den zweitägigen Marsch.

Vor dem Start nimmt Trekkingführer Karl-Peter Schneeberger die Ausrüstung aller Teilnehmer in Augenschein. Denn seine Lamas dürfen nicht überfrachtet werden. Außerdem legt der Wanderprofi auf richtiges Schuhwerk größten Wert. Schließlich liegt kein Spaziergang vor uns - sondern die Tour zum "Bösen Weibele", und die wird in der Broschüre als anspruchsvoll deklariert. Immerhin geht es vom Treffpunkt auf 750 Metern auf sind 2500 Höhenmeter hinauf.

Tierische Präsenz hebt die Stimmung

Als Outfits und Marschgepäck für gut befunden sind, setzt sich der Tross in Bewegung. Acht Erwachsene, zwei Kinder und sechs Lamas sind mit von der Partie. Ein internationales Trüppchen hat Wanderführer Schneeberger um sich versammelt: Österreicher, Deutsche, Niederländer und Briten. Im Gänsemarsch stiefeln wir zunächst durch ein Waldgebiet. Höhenmeter für Höhenmeter, ein schweißtreibender Auftakt. Dann allmählich wird die Vegetation karger, der Wind frischer. Wir tauchen ein in die stille Höhenwelt, wo man jedes Geräusch und jede Bewegung intensiver wahrnimmt - das Kuhglockengeläut in der Ferne, die kraftvollen Schwünge eines Greifvogels, der sich von einem Felsvorsprung erhebt und dann beinahe regungslos in der Luft zu schweben scheint.

Mein Kind ist guter Dinge. Weder Schuhe noch Rucksackriemen scheuern. Lama Gregorio passt sich bereitwillig unserem Tempo an und sorgt auf seine Art dafür, dass der eine oder andere Tiefpunkt überwunden wird. Einfach durch tierische Präsenz. Weil man dem Begleiter am Führstrick aufmunternde Worte zuflüstern und die Hand im weichen Fell vergraben kann. Am frühen Nachmittag haben wir unseren ersten Gipfel geschafft: Den 2075 Meter hohen Hochstein, der den Blick freigibt auf die schroffen Südtiroler Dolomitenwände. Beim Abstieg ziehen Wolken auf. Leichter Regen setzt ein. Nur eine kleine Husche, meint der Wanderführer. Nach dem Guss könnte das Alpenglühen beim Sonnenuntergang wohl noch schöner werden.

"Wandern ist nicht uncool"

Die Hochsteinhütte - unser Nachtquartier - ist bei unserer Ankunft bereits von angenehmen Duftschwaden erfüllt. Der Wirt hat deftige Bratkartoffeln in der Pfanne, die er in der urigen Zirbenstube serviert. Spätestens als der süße Kaiserschmarren auf den Tisch kommt, sind die Anstrengungen des Tages vergessen. In der Runde wird munter geplaudert. Fehlende Vokabeln stören wenig. Irgendwann hört es auf zu regnen. Die Sonne lässt sich noch mal sehen und als sie sich verabschiedet leuchten die steinernen Riesen der Umgebung in intensivem Rot. So schön, dass es plötzlich ganz still wird, in der Trekkinggruppe, und wenig später lockt nur noch eins: das frischgemachte Hüttenbett.

Das Highlight des zweiten Tages ist nach knapp zwei Wanderstunden erreicht: Das "Böse Weibele" erhebt sich 2527 Meter über dem Meeresspiegel. Dieser Gipfel gewährt einen atemberaubenden Blick auf die erhabensten Berge der Region- die Dreitausender der Schobergruppe, der Großglockner- und der Venedigergruppe. Bei diesem Anblick möchte man die Welt umarmen und gar nicht so bald ins Tal zurück. Doch Wanderführer Schneeberger drängt zum Aufbruch. Auch der Abstieg über die Nordosthänge des Bösen Weibeles sei nicht zu unterschätzen. In der Tat. Am frühen Abend erreichen wir unser Ferien-Basislager in Oberlienz. Ziemlich erschöpft, aber stolz. Der Abschied von Gregorio fällt nicht leicht. Und davon, dass Wandern ziemlich uncool ist - ist schon lange keine Rede mehr. Meiner Tochter drängt sich an diesem Abend nur noch eine Frage auf: "Mama, wann machen wir das wieder?"

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