"In 80 Tagen um die Welt" Wir haben doch keine Zeit

Bei seiner Reise rund um den Globus kämpft der Spieler nicht nur gegen die gnadenlos tickende Uhr, sondern auch gegen Hunger, Müdigkeit, Geldnot, faden Rätsel und eine tückische Steuerung.

Rund um den Globus sind die Dokumente verschiedenster Patente seines Onkels verstreut. Die Zeit im verschwitzten Nacken rast Oliver nun "In 80 Tagen um die Welt", um alle Aufgaben korrekt und rechtzeitig zu erledigen. Von London geht es flott nach Kairo, Bombay, Yokohama und San Francisco. Das bunte Reisegewirr erinnert stark an Jules Vernes Klassiker unter den Abenteuerbüchern. Der Titel des von dtp vertriebenen Spiels spricht für sich.

Ein Action-Adventure will "In 80 Tagen um die Welt"' sein. Der selbst formulierte Anspruch geht gehörig daneben. Von beiden Elementen bietet das Game zu wenig, um vom lustlosen Starren auf den Monitor auf heißes Entertainment umschalten zu können. Action? Oliver rennt stakselig durch die Straßen, mit dem Motorrad oder dem fliegenden Teppich schrammt er nicht nur an Ecken und Kanten vorbei, vielmehr bleibt er dort zu häufig gnadenlos hängen. Auch die kleinen Jump&Run-Einlagen führen eher dazu, dass impulsive Geister ihren Tastaturen eine Segeleinlage durch das - hoffentlich - geöffnete Fenster spendieren.

Adventure? Gehe von Punkt A und nicht über Los nach Punkt B. Dort winkt eine kleine Belohnung. Gehe dann von B nach C und weiter nach D. Das ist so aufregend wie ein Spaziergang mit der ganzen Verwandtschaft durch den Park. Einfache Hilfen in Form von kurzen und knappen Hinweisen in Papierform vom Onkel, das Finden von Kontaktpersonen und logisch aufgebaute Rätsel, das Abenteurerleben kann so einfach und so fade sein - trotz des schrägen Humors der Programmierer: Nach jeder abgeschlossenen Stadt folgt eine Musical-ähnliche Tanz- und Gesangseinlage.

Die Grafik von "In 80 Tagen um die Welt" hält dagegen Schritt mit den Zielsetzungen Frogwares. Ein Wort reicht in diesem Fall: stimmungsvoll. Architektur und Möblierungen entsprechen ganz dem Stil des Jahres 1899. Alles, was mit der Soundausgabe zu tun hat, spaltet sich in gut und weniger gut. Die Musikuntermalung steht konträr zum Ambiente früherer Zeiten, die Sprachausgabe der Dialogpartner genügt dagegen selbst professionellen Ansprüchen. Aber was nützt Esprit in den Stimmen, wenn die Inhalte größtenteils lediglich mit banalen, langweiligen Inhalten gefüllt sind?

In 80 Tagen um die Welt

Hersteller/Vertrieb

Frogwares/dtp

Genre

Adventure

Plattform

PC

Preis

ca. 40 Euro

Altersfreigabe

ohne Altersbeschränkung

So bleibt zum Schluss ein wenig Schizophrenie. Auf der einen Seite eine liebevoll ausgearbeitete Grafik und das sichtliche Bemühen, ein originelles Action-Adventure auf die Beine zu stellen, das sogar die Energie unseres Helden von der zugeführten Nahrung und vom Schlaf abhängig macht. Aber die dunkle Seite der Programmiermacht schlägt mit simplen Rätseln, stotternder Steuerung und stereotypen Spielschemata zu. Spielmotivation? Action? Adventure? Fehlanzeige!

TELESCHAU
Joachim Goemann/Teleschau

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