scheibe Erbsen in der Gulaschkanone

Die PC-Anwender sind verwirrt. Immer mehr Shareware-Programme werden als Vollversion auch im Handel angeboten. Klar, die großen Programme wie Paint Shop Pro, WinZip, ThumbsPlus & Co werden bereits seit längerem in der Eurobox in die Regale des Fachhandels geschoben.

Die PC-Anwender sind verwirrt. Immer mehr Shareware-Programme werden als Vollversion auch im Handel angeboten. Klar, die großen Programme wie Paint Shop Pro, WinZip, ThumbsPlus & Co werden bereits seit längerem in der Eurobox in die Regale des Fachhandels geschoben. Aber die Software-Industrie hat einen brennenden Hunger nach mehr. Der neue Speed Commander 7 ist bereits im Geschäft zu finden, der Wave-Editor GoldWave zieht nach, und auch Programme wie der Tipptrainer Schreibmaschinenkurs, die Fußballverwaltung Abpfiff oder der Packer Squeeze wandern in die Eurobox. Letztens wurde sogar eine sportive Ligaverwaltung, die in der Shareware kostenlos als Freeware verteilt wird, für 20 Mark in die Regale gestellt.

Die Frage ist: Wozu das Ganze? Fakt ist, dass sich die Highlights wie etwa WinZip oder Paint Shop Pro auch im Fachhandel bestens verkaufen. Allerdings, weil der Name der Software bekannt ist. Aber der Rest? Zahlreiche Programmierer, die bloß noch zehn Prozent vom Nettoverkaufserlös erhalten, bekommen statt 30 Mark über den Shareware-Direktvertrieb nur noch zwei Mark Lohn in die Hand gedrückt weil von den 30 Mark Verkaufspreis am Ende eben kaum noch etwas übrig bleibt. Hinzu kommt, dass die Verkäufe im Fachhandel auch nicht mehr das sind, was sie einmal waren. Heute können Programmierer einer zwar guten, aber unbekannten Software doch schon froh sein, wenn sie über den Fachhandel tausend bis zweitausend Einheiten losschlagen können auf die gesamte Laufzeit des Vertrags bezogen. Und das ist dann bereits ein Grund zu feiern. Zweitausend Einheiten mal zwei Mark das macht dann gerade einmal viertausend Mark Gewinn für den Programmierer aus.

Bei einem Verkaufspreis von 30 Mark hätten in der Shareware-Szene 133 verkaufte Vollversionen ausgereicht, um das gleiche Ergebnis zu erzielen. Das Fazit: Der Verkauf der Vollversion über den Fachhandel bringt dem Shareware-Entwickler ein bisschen Taschengeld und ein Schmuckstück für die Vitrine ein. Abendfüllend ist der Gewinn jedenfalls nicht. Da macht es mehr Sinn, ein wenig mehr Power in die Promotion der Shareware zu investieren.

Für den Käufer ist die Vollversion aus dem Fachhandel auch kein großer Deal. Aus mehreren Gründen. Zunächst hat der Käufer das allseits bekannte Müllproblem. Um im Fachhandel zu punkten, muss eine große Verpackung her. Die typischen Euroschachteln sehen gut aus, enthalten aber oft genug nur eine CD die aus Kostengründen immer häufiger in einer billigen Papierhülle steckt. Der Kunde kauft demnach jede Menge Luft. Sucht man nach einem Vergleich, so ist das so, als würde man im Supermarkt Erbsen kaufen und jede einzelne Hülsenfrucht wäre in einer eigenen Gulaschkanone verpackt. In der Folge nehmen platzbewusste Anwender die CD aus der Box und entsorgen diese. Da freut sich der Müllmann. Und wer für die Abholung seines Mülls extra bezahlen muss, freut sich, wenn eine ganze Papiertonne nur von den Umverpackungen gefüllt wird wie das bei uns in der Redaktion wöchentlich der Fall ist.

Das zweite Problem ist der Support. Viele Softwarehäuser wünschen nicht, dass der Programmierer mit seinen Kunden ins Gespräch kommt er könnte ja dann selbst die Updates an die Leute verkaufen. Also wird im Programm meist der Hinweis auf den Programmierer getilgt. Eine eigene Hotline kümmert sich dann um die Probleme der Anwender. Und ist oft genug mit dem Support überfordert, weil keine intimen Kenntnisse des Programms vorhanden sind.

Und dann ist da noch die Sache mit den Updates. Die meisten Shareware-Programme werden ständig aktualisiert, weil Bugs ausgeräumt werden, neue Ideen der Testpersonen aufgegriffen werden oder neue Features eingebaut werden. Über die Shareware-Kanäle im Internet können diese Updates von jetzt auf gleich an den Mann gebracht werden. Das ist im Fachhandel kaum möglich. Mit der Folge, dass die Ware im Regel schnell veraltet.

Nix gegen kommerziell angebotene Software. Nur: Wenn es dabei um Shareware-Vollversionen geht, haben alle Beteiligten mehr davon, wenn sie direkt beim Erzeuger eingekauft werden. Das ist jedenfalls meine Meinung. Wie sehen Sie den Fall? Ihre Meinung ist gefragt im stern.de-Computer Forum.

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