Endlich habe ich mich durchsetzen können. Nachdem ich lange Zeit meine Video-DVDs immer nur am Computer gucken konnte, »durfte« ich nun einen richtigen DVD-Player für das Wohnzimmer anschaffen. Mit sechs Boxen und allem Drum und Dran. Meine Freunde haben mich gewarnt: Frauen bringen da nicht so die rechte Begeisterung für die Technik auf. Wie wahr. Leider.
Fairer Handel zwischen ihr und mir
Ein Fest war das für mich, als eines Tages das dicke Paket kam, das ich in einem Online-Shop bestellt hatte. Eine komplette Heimkino-Anlage zum Preis von 500 Euro, heruntergesetzt von elfhundert Euro. Ein Schnäppchen. Dafür gibt es einen DVD-Player mit integriertem Verstärker, eine Fernbedienung und sechs Boxen, Subwoofer inklusive. Der Handel zwischen mir und meiner Frau war fair: Ich maule nicht über die letzte große Bestellung aus dem Versandhauskatalog und sie meckert nicht, wenn ich Geld für die DVD-Anlage ausgebe.
Alleskönner DVD-Player
Sie erwischte mich gerade, als ich ihre alte Anlage im Wohnzimmer abkabelte und die einzelnen Geräte in einen Pappkarton steckte. Alles musste weg. Der CD-Player war sowieso überflüssig geworden, weil auch der DVD-Player Musikscheiben verspeisen kann. Auch der alte Verstärker musste in den Keller, da der DVD-Player ja eh ein eigenes Radiomodul hat. Den VHS-Videorekorder behielt ich besser noch, weil man ja nie weiß, ob man nicht vielleicht doch noch mal etwas im Fernsehen aufnehmen möchte.
Die Box kommt aufs Sofa
Tina schritt prompt ein: »Was ist denn gegen mein altes Kassettendeck einzuwenden? Das geht doch noch.« Sie stellte sich mir schützend in den Weg. Ich drängelte sie wie ein Footballer beiseite und wuchtete das Gerät in die Kiste: »Kassetten sind out, noch outer als Videobänder. Hört heute keiner mehr.«
»Und die Kinder?«
»Die haben einen eigenen Kassettenrekorder.«
Ich blieb hart und schaffte so richtig Platz unter dem Fernseher. Drei Geräte weg, ein neues hin. Dann fing ich damit an, die Boxen zu verkabeln. Bei sechs Boxen sind das ganz schön viele Kabel. Tina schaute mit verkniffenem Mund zu, wie ich die Kabel hinter dem Sofa entlang führte. Es ging nicht anders, eine Box musste auf die Sofalehne rauf. Ich erntete sofort einen passenden Kommentar: »Fällt mir die Box auch nur einmal auf den Kopf, fliegt die Anlage gleich wieder raus.«
Ich: begeistert vom satten Klang
In den nächsten Tagen litt ich wie ein Hund, der einen saftigen Knochen vor der Nase hat und nicht ran darf. Ich wollte endlich DVDs gucken. Lauter tolle Filme mit irren Effekten hatte ich mir bereits rausgesucht. »Apocalypse Now Redux« und »Pearl Harbor«. Und natürlich »Terminator II« und »Star Wars: Episode 1«. Doch das ist meiner Holden alles viel zu brutal. Sie guckt am Abend eh lieber den »Frauenknast«, »Dr. Stefan Frank« und das »Klinikum Berlin Mitte«. Für einen richtigen Film ist sie nicht in der Stimmung. Notgedrungen und eh schon angefixt gucke ich mit, bin aber frustriert, weil die Knastmädels sich nur in Stereo prügeln und auch beim Weißkittel-Fernsehen kein Mehrkanalton aufkommen möchte.
Dann endlich kam Tinas Schwester Susanne vorbei und ließ sich für »Harry Potter« begeistern. Ich schob erwartungsvoll die DVD in das Laufwerk des Players und war sofort begeistert vom satten Klang der Boxen, die umgehend Kinoatmosphäre im Wohnzimmer entstehen ließen.
Sie: genervt von überlauten Soundeffekten
»Ist irgendwo noch eine Musikanlage im Haus an?«, fragt Susanne und schaut sich um. Genervt erkläre ich ihr, dass es sich dabei um die Hintergrundmusik des Films handelt, die aus den hinteren Boxen quillt. »Ach so«, meint sie, ist aber nicht begeistert.
Immer wenn die Soundeffekte so richtig aufdrehen, weil es auf dem Bildschirm gerade bedrohlich wird, ruft Tina mir zu: »Mach mal leiser«. Wenn es nach ihr gehen würde, müsste der Ton im Sekundentakt hoch- und runtergedimmt werden. Dummerweise geht das von ihrem Platz aus nicht, weil die Fernbedienung der DVD-Anlage nur aus maximal einem Meter Entfernung funktioniert. Das ist doch aber kein Grund, gleich über die ganze Anlage zu schimpfen. Susanne fragt derweil, ob man die hinteren Boxen auch ausschalten kann. Beide Frauen loben aber das hochauflösende Bild der DVD. Obwohl: Auch darauf habe ich sie erst mit der Nase stoßen müssen. Von alleine wäre es ihnen gar nicht aufgefallen. Das mit der Anschaffung des neuen 16:9-Fernsehern lasse ich besser gleich wieder bleiben.
Allein unter Männern
Mein Nachbar Torsten fängt mich auf der Straße ab. Ob ich einmal einen Moment Zeit für ihn hätte. Er lotst mich in sein Wohnzimmer. Und tatsächlich: Auch hier zieren neuen Boxen und ein DVD-Player den Fernsehraum. Ich schaue Torsten fragend an. Der meint: »Sag mir was Nettes dazu. Meine Frau lässt das völlig kalt. Die fragt mich jeden Tag, warum ich mir diesen unnützen Kram gekauft habe.« Ich lobe die Anlage, weil sie so klein und kompakt ist, die Boxen kaum auffallen und ein DTS-Decoder gleich mit dabei ist. Dann stellen wir fest, dass keine Kinder im Haus sind und Torstens Frau zum Einkaufen gefahren ist. Schnell legen wir »Star Wars: Episode 1« ein und spulen zum Pod-Racing vor. Jetzt noch rasch die Lautstärke auf ein solches Maximum stellen, dass der Subwoofer von alleine über das Parkett rutscht. Jaaaaa, das ist eine Wohltat. Aus allen sechs Boxen quillt der diskrete Sound. Hier ein Rumms, da ein Wrooom, da eine einzelne Stimme, hier ein Schuss. Wunderbar. Ein akustischer Orgasmus. Als Torsten und ich uns trennen, haben wir beide Tränen in den Augen. Vielleicht wäre ein reiner Männerhaushalt doch von Vorteil?
Carsten Scheibe