Ach, wenn sie doch nur so funktionieren würden, wie man sich das beim Kauf immer wünscht. Doch Computer sind stets für eine Überraschung gut. Eben noch lache ich über das neue Missgeschick von Frau Junge, da fängt auch mein Rechner zu bocken an. Gut, dann installieren wir eben wieder 20 Mal Windows hintereinander, bis endlich alles funktioniert. Und die Macintosh-Anwender kriegen sich vor Lachen gar nicht mehr ein.
So ist das eben auf Windows-Rechnern
Frau Junge staunt. Als sie am Morgen ihren Windows-ME-Rechner einschaltet, ist die Schrift plötzlich ganz groß und die Fenster sind ganz körnig: Nur 16 Farben sind aktiviert. Die Maus funktioniert nicht, und als sie die System-Tools über den Umweg der Tastatur starten möchte, stürzt alles ab: schwerer Ausnahmefehler. Nichts geht mehr. Während Herr Franz noch im Internet nach Lösungen sucht, wie sich eine Registry-Sicherheitskopie unter ME ins System zurückspielen lässt, sind wir bereits im abgesicherten Modus dabei, alle wichtigen Dateien von Festplatte C: nach D: zu retten, um anschließend ein Image überspielen zu können. Das Image speichert eine frische Windows-Installation mit allen wichtigen Programmen – und stellt sie per Knopfdruck wieder her. So wird das Problem bis Mittag wieder behoben sein. Und niemand fragt nach dem Warum. So ist das eben auf einem Windows-Rechner. Mein alter Schulkumpel Patrick, der jetzt in Harvard seinen Postdoc macht, fragte schon beim letzten Treffen entgeistert: »Warum hast du denn keine Macs?«
Die Hilfe-Datei sagt: »Schau doch ins Handbuch«
Mich trifft es gleich danach noch heftiger. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich kurz gegrinst habe, als ich das Chaos auf dem Bildschirm von Frau Junge gesehen habe. Kleine Sünden bestraft Bill Gates eben sofort. Ich muss nämlich dringend Screenshots von meinem PocketPC machen. Das ist nicht ganz so einfach, da es für das Betriebssystem Pocket PC 2002 keinen Windows-Emulator gibt, wie das beim Konkurrenten PalmOS der Fall ist. Also habe ich auf dem Handheld ein Screenshot-Programm installiert. Das sendet seine BMP-Bilder gleich über die USB-Docking Station in den großen Computer. Dazu wird ein Microsoft-Programm namens ActiveSync benötigt. Und das meldet ausgerechnet heute: »Keine Verbindung gefunden«. Ich möchte verzweifeln und zeige mit beiden Händen auf das USB-Kabel. »Da«, brülle ich, »Da ist doch deine Verbindung. Ein wunderschönes graues USB-Kabel, das ordnungsgemäß direkt von A nach B führt.« Ich probiere es noch einmal. Minutenlang scannt das Programm die Ports, mit dem gleichen Ergebnis. Kein Gerät zu finden, bitte konsultieren Sie die Online-Hilfe. Das lasse ich lieber gleich bleiben, da steht erfahrungsgemäß nur, dass ich mein Handbuch konsultieren soll.
Also schaue ich in den Hardware-Manager. Die USB-Einträge sehen zwar alle ein wenig obskur aus, aber es wird schon stimmen, so wie es ist. Dann mache ich es wie Frau Junge und spiele ein altes Windows-98-Image neu auf. Vielleicht klappt es ja jetzt, hat ja schließlich schon mal alles bestens harmoniert – beim letzten Artikel über PocketPCs. Langsam geht der Mittag zur Neige. Das alte Image bringt trotzdem keine Erlösung. Das Gerät wird weiterhin nicht gefunden, und auch die USB-Einträge bleiben gleich. Ich spiele die gesicherten Dateien ins Sytem zurück und merke, dass im alten Image noch gar nicht mein Office XP enthalten ist. Das spiele ich neu auf und werde dabei aufgefordert, eine neue Registrierung durchzuführen, weil Bill Gates der Meinung ist, mein PC-System hätte sich plötzlich drastisch geändert. Ich erledige auch das, auch wenn es aufhält. Der Magen knurrt. Egal. Jetzt nur nicht aufgeben. Frustrierend ist, dass sich in den letzten Stunden eigentlich gar nichts geändert hat. Das System sieht genauso aus wie vorher, und der Pocket PC ist immer noch nicht angeschlossen.
XP will den alten Kram nicht
Da es pressiert, entschließe ich mich, Nägel mit Köpfen zu machen und das neue Windows XP zu installieren. Das scheint sich ja jetzt doch durchzusetzen, also sollte ich mich als PC-Journalist auch damit beschäftigen. Und außerdem kommt es vielleicht besser mit der automatischen Erkennung zurecht. Das Programm startet, alles sieht schön bunt aus, und eine Anzeige meldet, dass die Installation etwa eine Stunde dauern wird. Ich schlucke eine virtuelle Wallnuss herunter, aber jetzt ist es zu spät, um noch abzubrechen. Kurz bevor alle Daten kopiert sind, springt plötzlich der DOS-Part meines Norton AntiVirus an und meldet einen illegalen Zugriff auf die FAT der Festplatte. Ich drücke den Ja-Knopf, um den Zugriff zuzulassen, schließlich wird es wohl Windows sein, das hier einen Schreibversuch startet. Doch das System bleibt stehen und stürzt ab, nix geht mehr. Zwei Mal wiederholt sich der Fehler im Halbstundenabstand, bis ich daraus die Lehre ziehe und den Scanner komplett deinstalliere. Dann eben kein Virenschutz. Windows XP meldet mir, dass die alte Version des Scanners eh inkompatibel mit der neuen Oberfläche wäre. Ein Kompatibilitätstest meldet auch, dass ich mich entgültig von meinem geliebten 16-Bit-Dateimanager verabschieden muss und das all meine Online-Programme unter XP nicht funktionieren werden. Au weia. Doch der Blick zurück, der liegt mir nicht, also Augen zu und durch.
Die Installation läuft sauber durch, ich bin erstaunt. Anschließend startet Windows XP problemlos und überrascht mit einer bunten Oberfläche, die das Spielkind in mir weckt. Nett. Sehr viel hat sich verändert, und ich muss mich erst einmal neu orientieren, was wieder eine gute Stunde dauert. Ich muss außerdem einen neuen Dateimanager mit integriertem Packer suchen, da ich mit dem Microsoft-Programm einfach nicht richtig arbeiten kann. Den CompuServe-Manager muss ich neu installieren und auch den DFÜ-Zugang neu einrichten. Komisch, aber alles geht glatt. Nur mein PocketPC wird noch immer nicht gefunden. Verdammt. Ich ziehe den USB-Stecker, warte ein paar Sekunden und stecke ihn wieder in den Rechner. Jetzt springt die automatische Hardware-Erkennung an und installiert den nötigen Treiber. Kurz darauf meldet ActiveSync endlich Vollzug. Na bitte, jetzt könnte ich endlich damit beginnen, meinen Artikel vorzubereiten. Könnte ich. Aber leider ist schon Feierabend. Morgen ist ja auch noch ein Tag. Immerhin bin ich jetzt unter Umgehung von Windows ME XP-Besitzer geworden.
Carsten Scheibe
Nachtrag Frauenkolumne
Vor einigen Wochen schrieb ich an dieser Stelle über Frauen, die sich mit ihrer indirekten Art, ihre Wünsche zu äußern, nicht nur Freunde in der Männerwelt machen. Dabei fiel der humorvoll gemeinte Satz, dass es doch ganz gut ist, dass Frauen keine PC-Handbücher schreiben. Dass ließen die Frauen natürlich nicht auf sich sitzen und forderten per Mail Genugtuung. Marianne Kaindl aus Meersburg (www.kultur-und-internet.de) nutzte ihre Chance, uns Männern mit einem humorvollen Kontertext ebenfalls eins auszuwischen. Lesen Sie ihren Artikel auf der nächsten Seite.
Computer-Experten
Man weiß es ja, dass Männer heutzutage als Computer-Experten auf die Welt kommen. Ihr erstes Wort ist nicht mehr »Mama«, sondern »Lara Croft«, und sie greifen auch nicht mehr nach dem Schnuller, sondern nach der Maus. Wenn sie dann groß sind, sind sie vom PC nicht mehr wegzubekommen.
Aaaber – das muss man doch etwas einschränken. Geh nur zu einem Mann und bitte ihn um PC-Support. Wenn er nicht gerade in der Trunkenheit der ersten Verliebtheit ist, interessiert ihn überhaupt nicht, ob du da ein Problem hast. Sag dem Admin in deiner Firma, dass du dringend das Update von Photoshop brauchst, um die komplexen Grafiken fürs Layout machen zu können oder mehr Arbeitsspeicher, weil du Videos schneiden musst. Er wird es kategorisch ablehnen. Nein, er hat viel zu viel zu tun, um auf solche Kinkerlitzchen einzugehen. Komm morgen wieder. Oder besser noch: nächstes Jahr. Also – momentan geht
gar nix.
Wenn du aber wissen möchtest, warum ein array-Befehl nicht ganz genau das macht, was er machen soll, dann geh zu ihm! Frag ihn danach, und es ist völlig egal, ob du das tatsächlich programmieren musst, ob du es morgen brauchst oder nächstes Jahr oder nur theoretisch mal davon gehört hast, dass da ein Programmierfehler der Herstellerfirma drin steckt – erzähl ihm von einer Funktion, einem Array oder einer Variablen, die nicht funktioniert, und er wird in einem ganzen Stapel von Handbüchern nachschlagen, mit seinem Kollegen eine Stunde lang darüber fachsimpeln, verschiedene Computerzeitschriften zu Rate ziehen, und auf einmal hat er alle Zeit der Welt.
Ich habe einmal andächtig der Diskussion zweier Kollegen gelauscht, die über eine Tagung redeten. Ein Referent hatte drei Stunden lang (in Worten: drei) über die eval-Funktion in Authorware gesprochen. Und die beiden waren nicht vom Stuhl gekippt, sondern hatten ihr Idol gefunden.
Also: wenn du mit deinem Computer etwas Sinnvolles machen willst und einen Tipp brauchst, geh zu einer Frau. Wenn du spielen und tüfteln und mit Begriffen jonglieren willst, dann geh unbedingt zu einem Mann!
Herzliche Grüße von Marianne Kaindl. ;-)