SCHEIBE Wenn einer eine Reise tut... Fortsetzung

Vor zwei Wochen berichtete Scheibe von seinen Mühen, sein Notebook für den Urlaub fit zu machen. Nun sind die Ferien vorbei - und es kam noch schlimmer als erwartet.

Die Irrfahrt des Odysseus - vergessen wir diese kleine unbeschwerliche Freizeitreise eines frühzeitlichen Touristen lieber und wagen stattdessen den Blick in die unerbittliche Gegenwart. Ärger eines ganz anderen Kalibers als in der Homer-Sage wartet heute auf denjenigen, der es wagt, in die Ferne zu reisen und hier auch noch arbeiten zu wollen. Mich hat es in den letzten zwei Wochen nach Mallorca verschlagen. (Siehe auch Kolumne: »Wenn einer eine Reise tut...«)

Das Notebook fest umklammert

Da stehe ich nun, ich armer Tropf, und warte darauf, in den Berliner Boarding-Bereich für meinen Flug nach Mallorca zu gelangen. Die Koffer sind bereits aufgegeben, meine Frau hält das Handgepäck und die beiden Kinder im Griff. Ich umklammere mit beiden Händen meine Notebook-Tasche. Ein Debüt für mich, denn bislang musste ich noch nie im Urlaub arbeiten.

Tasche und Notebook sind leider nicht kompatibel

Dieses Mal führte kein Weg daran vorbei. In allerletzter Sekunde hatte ich mir vorher noch rasch ein Notebook und eine Tasche dafür im Internet bestellt: Fürs reale Shopping blieb leider keine Zeit mehr. Das hat sich natürlich sofort bitter gerächt. Mein Sony-Notebook passt nämlich nicht in die Notebook-Tasche hinein und ragt nun oben ein paar Zentimeter weit heraus, weil sich der Reißverschluss nicht mehr zuziehen lässt. Ich fasse es nicht: Wie kann man für teures Geld eine Notebook-Tasche verkaufen, in die gar kein Notebook passt?

Strenge Kontrollen? - Denkste!

Inzwischen bin ich in der Reihe vorgerückt. Ich muss die Tasche auf das Band zum Durchleuchten legen und selbst durch den Metalldetektor laufen. Wir sind extra früh zum Flughafen gefahren, weil ich damit rechne, sofort zur Seite genommen zu werden. Am Münchner Flughafen wiegen sie die technischen Geräte sogar und vergleichen das Ergebnis mit den Zahlen einer Tabelle. So soll verhindert werden, dass eine Bombe an Bord geschmuggelt wird. In meiner Notebook-Tasche führe ich ein Notebook, eine externe Maus, ein Handy, einen PocketPC mit Docking Station, einen metallenen Umhänge-Ventilator und Dutzende Kabel und Akkustationen mit mir. Heißa, das wird ein Gewiege und Ein- und Ausgeschalte, denke ich mir. Denkste. Ich werde einfach durchgewunken. Keine Leibesuntersuchung, keine Schuhkontrolle, kein Aufmachen meiner Notebook-Tasche. Im ganzen letzten Jahrzehnt war die Flughafen-Kontrolle in Berlin-Tegel nicht mehr so lasch. Und das nach dem 11. September.

Im Hotelzimmer auf Mallorca freue ich mich. Mein Modemkabel passt ohne Adapter direkt in die Telefonbuchse des Hotels. Ein Problem sind die Steckdosen. Eine ist neben dem Tisch - für den Notebook. Die andere ist über dem Herd in der Küche in die Wand gebohrt. Also spanne ich das Kabel der PocketPC-Docking-Station quer durch das ganze Zimmer und fühle mich jetzt mit all meinen Kabeln für Kopfhörer, Maus, Modemkabel und PocketPC-Verbindung wie die sprichwörtliche Spinne im Netz.

Modemterror

Ein echtes Problem ist der Internet-Zugang. Ein einziges Mal komme ich beim deutschen Call-by-Call-Provider MSN rein und kann die ersten fertigen Dateien verschicken. Beim nächsten Mal höre ich nur noch eine spanische Stimme vom Band, die mich wüst beschimpft. Wahrscheinlich, weil ich versuche, einen gebührenpflichtigen 0190-Dienst anzurufen. Also versuche ich den spanischen Call-by-Call-Provider aus, den Herr Franz mir noch in Berlin herausgesucht hat. Über Kopfhörer höre ich zu, wie sich die Modems zwitschernd einigen und die Verbindung aufgebaut wird. Wunderbar, der Kontakt zum Internet ist da. Zu dumm, dass weder mein Internet Explorer noch mein E-Mail-Programm diese Verbindung erkennen. Stattdessen melden sie, dass kein Zugang zum Netz aufgebaut ist. Die können wohl keine Fremdsprachen, die Programme. Mir kommt das auch langsam alles spanisch vor.

Das Hotelnetzwerk wird nicht angerührt

Kein Problem, denke ich. Gehe ich eben zur Hotelrezeption und bitte darum, dass die mir die Dateien mal eben vom Firmenrechner aus nach Deutschland senden. Ist doch im Dienst der Presse. Die blonde Rezeptionsmieze erklärt mir aber unterkühlt, dass sie selbst für den König von Spanien das Hotelnetzwerk nicht anrührt. In Alcudia würde es ein Internet-Café geben, da könne ich ja einmal mein Glück versuchen. Ich baue also mein Spinnennetz ab und packe das ganze Zeug wieder in meine Tasche. Ein neuer Bekannter vom Pool erklärt mir, dass die meisten Internet-Cafés einen universellen E-Mail-Client bieten, von dem aus man seine Post frei verschicken kann. Na prima.

Leider regnet es draußen ein bisschen. Mit dem Erfolg, dass Tausende Touristen nicht mehr am Strand liegen, sondern urplötzlich in die Stadt fahren möchten. An den Bushaltestellen stehen Schlangen, wie ich sie nach Jahren nicht mehr gesehen habe. Selbst an den Taxiständen warten die Urlauber im Dutzend. Das wird wohl nichts mit meinem Trip zum Internet-Café.

Über Potsdam ins Netz

Frustriert rufe ich Herrn Franz an. Der hilft und verrät mir den Internet-Zugang seiner Mutter zur Uni Potsdam. Das klappt. Endlich bin ich wieder online und kann meine Dateien versenden. Dummerweise brauche ich manchmal bis zu 30 Anläufe, bis die Verbindung steht. In der Wartezeit schaffe ich nicht nur mein Sachbuch »Darum nerven Japaner«, sondern auch die Hälfte von Karl Mays »Unter Geiern«.

Er saugt im Netz, ich sauge am Strohhalm

Ich muss einen Workshop schreiben über ein Programm von Ulead. Das ist über zehn Megabyte groß. Da ich bereits im Vorfeld wusste, dass ich mit meinem 64-kb-Modem im Notebook nicht eben sehr weit komme, habe ich mir die Programmdemo bereits in Berlin aus dem Netz gesaugt und auf CD gebrannt. Im Urlaub nachts um halb eins folgt dann die Ernüchterung: Die Datei ist kaputt und muss neu aus dem Netz geholt werden. Und das bei Verbindungen von maximal angezeigten 20 kb/sec. Frustriert gehe ich schlafen. Am nächsten Tag baue ich den Notebook auf, nachdem das Reinigungspersonal im Zimmer durch ist, starte den Download und gehe an den Strand, um zwei Stunden in der Sonne zu braten, Sandburgen mit den Kindern zu bauen und Einsiedlerkrebse zu fangen. Danach ist der Download geglückt. Na bitte, klappt doch.

Gut erholt - bis die Telefonrechnung kommt

Mein Arbeitspensum wird nachts durchgeprügelt. Tagsüber ist zu schönes Wetter auf der Mittelmeerinsel, um die Zeit an den Rechner zu verschwenden. Abends gibt es Fußball im Fernsehen - die Fußball-WM muss mitverfolgt werden. Also fange ich um 23 Uhr an zu arbeiten und maloche dann so bis um halb zwei in der Nacht durch. Den fehlenden Schlaf hole ich mir mittags am Pool wieder - da schläft es sich am besten mit der warmen Sonne auf dem Scheitel. Die laxe Haltung sorgt dafür, dass ich erst am letzten Urlaubstag das letzte Wort meiner Auftragarbeiten schreibe. Die Telefonrechnung des Hotels ist ein kleiner Schock. Sei es drum. Die Kinder dürfen auf dem Notebook noch rasch eine Disney-DVD gucken, dann wandert der Notebook wieder in der Tasche. Trotz des schönen Arbeitens auf dem Schlepptop: Beim nächsten Urlaub bleibt er lieber wieder zuhause. Arbeiten im Urlaub ist nämlich doof.

Carsten Scheibe

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