Letzte Woche hatte ich wieder einmal so eine Schicksalsbegegnung. Mein Vater kam vorbei und knallte mir sein Notebook auf den Tisch. Die Kiste sei kaputt, er würde damit nicht mehr ins Internet kommen. Ob ich da was tun könnte? Ich öffnete den Schleppable, schaltete ihn ein und wartete darauf, dass Windows endlich sein System hochfährt. Das dauerte allerdings eine ganze Weile, weil ein bis zwei Dutzend Autostarter die Prozedur deutlich in die Länge zogen.
Nachdem Windows endlich einsatzbereit war, startete ich den Internet Explorer. Und tatsächlich. Nichts ging. Es öffnete sich nicht einmal das Fenster. Auch das E-Mail-Programm ließ sich partout nicht öffnen. Alle anderen Programme machten aber keine Mucken und waren sofort auf dem Schirm präsent. Die meisten Anwender vermuten in solch einem Moment einen Virus. Ich kenne das schon und vermutetete, dass sich da nur mehrere Schutzprogramme gegenseitig ins Gehege gekommen sind. Ich holte mir mit der finalen Geierkralle STRG+ALT+ENTF den Task Manager auf den Schirm und ließ mir die offenen Prozesse anzeigen.
Tatsächlich: Im Hintergrund von Windows liefen ein Virenscanner, eine Firewall, ein Spyware-Checker und noch irgendein Sicherheits-Tool, das ich gar nicht so richtig identifizieren konnte. Ich hatte seinen Namen jedenfalls noch nie gehört. Ich schloß einige dieser Prozesse und auf einmal ging auch das Internet wieder. Mein Vater staunte nicht schlecht. Ich frage derweil: "Was willst du denn mit dem ganzen Sicherheitszeug?"
Er zuckte mit den Schultern. Hat ihm alles ein Bekannter aufgespielt, der sich damit auskennt. Ich frage ihn, ob er denn irgendwelchen geheimen Daten auf seinem Notebook bunkert - vielleicht geheime Verträge, Passwörter, Kreditkartendaten oder die Pin vom Handy? Er schüttelte mit dem Kopf. Den Notebook braucht er doch eh nur zum Briefe schreiben, Spielen und Surfen. Ich bin hart und deinstalliere die Firewall, den Spyware-Checker und alles andere Sicherheits-Gedöns, bis bloß noch der Virenscanner übrig bleibt. Den zu behalten macht wirklich Sinn. Bei mir zu Hause schlägt er etwa zehn Mal am Tag an, um infizierte Mails zu löschen. Nach der Aktion staunt mein Vater, wie schnell sich der Rechner doch auf einmal wieder neu hochfahren lässt. Mönsch, das ist ja das doppelte Tempo.
Auf meinem Bürorechner halte ich es ähnlich. Auf meinem Computer gibt es keine geheimen Daten und nix, was das Klauen wert wäre. In der Folge habe ich keine Angst vor Spionage-Programmen oder Hackern. Mein Gott, die ganzen Platten werden regelmäßig gesichert. Selbst wenn ein Hacker alles löscht, was ich auf den Platten habe, wäre es mir wurscht, ich könnte es ja sofort wieder herstellen. Meine gesammelten E-Mails - von mir aus kann das ganze Web sie live mitlesen. Wahrscheinlich würden die meisten Spione vor Langeweile eingehen. Oder sich über die Bilderwitze amüsieren, die ich da versende. Dieses Weniger an Sicherheit trägt mir ein Mehr an Komfort ein.
Mein Kollege Gregor schwört auf seine Firewall. Bei ihm muss dafür aber auch jede Software, die auf das Internet zugreifen möchte, erst artig um Erlaubnis fragen. Mir ist das lästig. Ich halte mich nicht für so wichtig, dass ich glaube, dass alle Hacker dieser Welt nur darauf warten, in meinen Rechner einzudringen. Nur gegen Viren habe ich etwas. Aber das ist keine aufgeflammte Paranoia, sondern pure Notwendigkeit.
Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania