Nicht nur die RTL-Superstars leiden unter den gelegentlichen Hassattacken ihrer Zuschauer. Auch im Computerbereich kochen die Emotionen bei den Konsumenten leicht über. Immer wieder wird per Mail oder auch auf andere Weise recht scharf geschossen. Die unangenehmen Verbalergüsse treffen die Verantwortlichen in der Regel völlig unvorbereitet.
Schöne Montagsbegrüßung: "Sie sind scheiße"
Montagmorgen, kurz vor zehn Uhr. Zeit für ein erstes Schwätzchen am Telefon. Am Apparat habe ich die Assistentin aus einem großen PC-Verlagshaus. Eine patente Frau, immer gut gelaunt, immer einen Scherz auf den Lippen. Heute kommt sie mir aber etwas missmutig vor. Ich frage nach dem Warum. Sie antwortet: "Na stell dir mal vor, du kommst aus einem schönen Wochenende auf die Arbeit, öffnest frohgemut deine E-Mails und findest dann einen anonymen Brief vor. Und darin steht: 'Sie sind ein Haufen Scheiße'. Das stammt von irgendsoeinem enttäuschten Leser, der Dampf ablassen möchte. Aber was genau ist sein Problem? So bringt das doch nichts. Und ich habe jetzt schlechte Laune."
Pöblerfalle ISDN-Anrufmonitor
Mir fällt schnell etwas ein, um sie wieder zum Lachen zu bringen. Auch wenn uns die Anekdote damals gar nicht so komisch vorkam. Nach der Mittagspause fanden wir letztes Jahr einen Spruch auf dem Anrufbeantworter vor. Da drohte jemand: "Euer Programm XY ist der letzte Dreck, das funktioniert überhaupt nicht. Ich werf' euch eine Bombe ins Büro und dann seid ihr alle tot." Für unsere Mitarbeiterin war damals sofort klar: "Die Polizei muss her." Wir Männer knobelten eine andere Lösung aus. Der Anrufer klang irgendwie, als ob er aus der Schweiz oder aus Österreich stammen würde. Also schauten wir im ISDN-Anrufmonitor nach, ob uns in der letzten halben Stunde jemand aus der Schweiz oder aus Österreich angerufen hatte. Tatsächlich. Sofort rief ich damals die Nummer zurück und bedankte mich artig für die Bombendrohung. Tatsächlich: Der Angerufene hatte die gleiche Stimme wie die Ansage auf dem AB. Nur: Er behauptete auf einmal, uns gar nicht zu kennen und auch nie unsere Nummer angerufen zu haben. Jemand müsse sein Telefon kurzfristig gestohlen haben, um auf seine Kosten den Anruf zu tätigen. Er wisse auch nicht so recht, wie das möglich sei. Die Anekdote wirkt, die Assistentin am anderen Ende der Leitung lacht wieder.
Eigentlich würde man ja gerne…
Leider passiert es immer wieder, dass wir Kontakt zu Wadenzwickern bekommen, die mit verbalem Vollkontakt-Karate um sich prügeln. Immer wieder gerät man im aufbrausendem Grimm in die Versuchung, sich selbst auf das wortgewaltige Pöbelniveau herabzulassen und sich per E-Mail in der Gosse zu hauen. Das endet dann aber doch nur in wüsten Drohungen, die niemand einhalten möchte oder kann. Was bringt es außerdem, sich mit einem Fremden zu streiten, dass die Fetzen fliegen? Dass es auch anders geht, habe ich letztens bei einer E-Mail gesehen, die mir vor ein paar Tagen aus der Online-Redaktion eines Fernsehsenders zugestellt wurde. In der Mail entschuldigte sich ein Mitarbeiter des Senders sehr freundlich dafür, dass mir das ausgestrahlte Programm augenscheinlich nicht so recht gefallen würde. Mir wurde mitgeteilt, dass man nun einmal nicht jeden Kunden glücklich machen könne und dass es doch in der großen Fernsehfamilie sicherlich einen Sender geben würde, der mir eher liegt. Ansonsten wurde mir für meinen Beitrag gedankt, der sicherlich dazu beitragen würde, das TV-Programm in Zukunft noch runder zu gestalten.
Dabei war ich's gar nicht
Ich wunderte mich, weil ich nie eine Mail an einen Fernsehsender geschrieben hatte. Unten an der Antwort hing allerdings noch mein Schreiben an. Und was für eines. Ich pöbelte da in wüstester Weise und mit allen nur erdenklichen Schimpfwörtern über das idotische Programm des Senders. Anscheinend hatte sich da jemand in einem Online-Formular Luft gemacht und dann meine Mail-Adresse "ausgeborgt", um den Text abschicken zu können. Ich bewunderte nur den Gleichmut der Fernsehleute, auf einen solchen Pöbelbrief so freundlich zu antworten. Ganz in diesem Sinne nehme ich mir vor, in Zukunft ebenso zu reagieren. Damit das Web ein wenig freundlicher wird und sich am Ende nicht alle anmotzen.