Serie Silent PC Unheimlich still und leise

Preiswert und schnell müssen Computer heutzutage sein. Doch dass PCs richtig Krach machen können, daran denkt kaum ein Käufer. In einer neuen Serie schildert stern.de die Erfahrungen beim Selbstbau eines "Silent-PC".

So mancher Euro wird bei der Konzeption preiswerter Komplett-PCs in schnellere CPUs, mehr Speicher, größere Festplatten und leistungsfähigere Grafikkarten gesteckt, um die Konkurrenz auszustechen. Das Betriebsgeräusch des Computers spielt nur eine untergeordnete Rolle - oder gar keine. Manche zunächst ruhige Rechner mutieren auch erst nach einiger Zeit zu wahren Flugzeugturbinen. Einige PCs laufen irgendwann nicht mehr rund, da sie zu warm werden. Auf anfängliche Begeisterung über den neuen Rechner folgt daher häufig Ernüchterung.

Seit einiger Zeit zeichnet sich aber ein Trend ab: Man legt Wert auf Ruhe - auch beim Computer. Nicht nur Freaks, sondern auch normale Anwender wollen endlich leise PCs. Verschiedene Hardware-Produzenten und Versandunternehmen haben dies erkannt und sich darauf spezialisiert. Sie bieten Komponenten sowie Accessoires an, die für weniger Krach sorgen. Ein Dauerbetrieb von Computern als Multimedia-Center soll so auch in Lebensbereichen möglich werden, in denen nervige Geräusche besonders unangenehm auffallen, etwa im Wohnzimmer.

Eigeninitiative ist gefragt

Eine solche Lösung gibt es nicht von der Stange - und wenn doch, dann nur für einen exorbitanten Preis. Eigeninitiative ist gefragt, beim Zusammenstellen und -bauen eines leisen und doch leistungsfähigen "Silent-PC". Wir machten die Probe aufs Exempel und wagten den Versuch. In unserem Artikel gehen wir auf Grundlagen ein, stellen geeignete Komponenten vor und geben Tipps für die Montage des Rechners. Einige Maßnahmen zur Geräuschminimierung sind sicher auch auf Ihren alten PC anwendbar.

Sie meinen, der Aufwand käme für Sie nicht in Frage? Schauen Sie sich einmal die Voraussetzungen an, die an Sie gestellt werden.
- echtes Verlangen nach einem leisen Computer
- etwas Hintergrundwissen (das wir Ihnen vermitteln)
- technisches Grundverständnis
- durchschnittliche Geschicklichkeit im Umgang mit Hardware und Werkzeug
- durchschnittliche Kenntnisse in technischem Englisch (erforderlich für die eine oder andere Anleitung)

Auch viele Nicht-Profis dürften sich jetzt angesprochen fühlen. Sie können also beruhigt weiterlesen.

Um das Projekt eines eigenen Silent-PC erfolgreich anzugehen, sind einige Überlegungen und Kenntnisse erforderlich. Erst mit dem Wissen, wo die Probleme eigentlich herrühren, lassen sie sich effektiv beseitigen. Zuerst identifizieren wir die in Standard-PCs hauptsächlich auftretenden Lärmquellen.

Die größten Lärmquellen bei Standard-PCs

1. Hauptprozessor
Als besonders "heiße" und damit gefährdete Komponente ist der Hauptprozessor generell mit einer Kühlkörper-/Lüfterkombination ausgestattet. Der Kühlkörper überträgt die Wärme von der relativ kleinen Fläche des eigentlichen Chips auf seine eigene wesentlich größere und macht dem Lüfter seine Arbeit damit leichter. Standardlüfter sind oft besonders laut.

2. Netzteil
Das Netzteil versorgt alle anderen Komponenten mit Strom und erwärmt sich dadurch. Mindestens ein, aber häufig zwei Lüfter sorgen dafür, dass die warme Luft nach außen abgeführt wird. Da Standard-PCs meistens nicht mit Gehäuselüftern ausgerüstet sind, übernehmen die Netzteil-Ventilatoren notgedrungen diese Arbeit, so gut sie können.

3. Grafikkarte
Moderne Grafikkarten werden immer schneller, aber auch immer wärmer. Ab der Mittelklasse sitzen daher im allgemeinen Lüfter auf ihnen, die gegen die Hitze wirken. Durch die engen Platzverhältnisse auf den Karten passen nur kleine Ventilatoren auf das Platinen-Layout, was für laute und unangenehm hochfrequente Geräusche sorgt.

4. Mainboard
Die Hauptplatine schaufelt ständig zahllose Daten hin und her. Diese elektrischen Impulse erwärmen bestimmte Punkte so stark, das bei einigen Mainboards aktive Lüfter für Kühlung sorgen müssen.

5. Festplatten
Bei starker Beanspruchung werden Festplatten nicht nur sehr warm, sondern auch laut. Hohe Umdrehungszahlen ab 7.200 Umdrehungen/Minute verstärken diesen Effekt merklich.

6. Optische Laufwerke
Ohne sie geht nichts mehr. CD- und DVD-Laufwerke bzw. -Brenner sind schon seit langem unverzichtbar für moderne PCs. Ihre immer weiter gesteigerten Rotationsgeschwindigkeiten treiben nicht nur die Medien, sondern auch die Geräuschkulisse an das Limit.

Eine indirekte Lärmursache: die Wärme

Heutige Computer verbrauchen eine große Menge Strom. Dabei entsteht sehr viel Abwärme, die durch das schützende Gehäuse ohne Hilfsmaßnahmen nur schlecht entweichen kann. Staut sich die Hitze im Gehäuse, so nehmen die empfindlichen Bauteile mit der Zeit Schaden. Der Anwender merkt zuerst eine geringere Leistung und stellt dann immer häufiger anscheinend unerklärliche Abstürze fest. Unternimmt er nichts, kann dies bis zum Defekt des PCs führen. Im Sommer verschärfen sich die Probleme bei den dann auftretenden höheren Umgebungstemperaturen.

Nur nicht grillen
Als grobe Richtwerte für Maximaltemperaturen gelten 60 Grad für den Hauptprozessor (bei Kernmessung), 40 Grad für das Gehäuse, 45 Grad für die Hauptplatine sowie für Festplatten. Höhere Werte sind je nach eingesetzter Komponente nicht unbedingt gleich gefährlich, sollten aber vermieden werden, um eine längere Lebensdauer zu gewährleisten.

Doch was lässt sich gegen die Wärme zu unternehmen? Um die Hitze von den gefährdeten Computerkomponenten abzuführen, muss gekühlt werden. Es wird zwischen aktiver und passiver Kühlung unterschieden.

Aktive Kühlung

Bei der aktiven Kühlung kommen spezielle Komponenten zum Einsatz, die selbst eine Stromversorgung benötigen. Dabei kann es sich um ein Wasserkühlsystem, ein Tiefkühlaggregat oder, die gebräuchlichste und preiswerteste Variante, um Ventilatoren handeln.

Tiefkühlung: nur für Profis
Tiefkühlaggregate gibt es mittlerweile auch speziell für Computer. Trotzdem ist diese Methode sehr exotisch, teuer und nur für Profis mit speziellen Anforderungen zu empfehlen.

Wasserkühlung: für den ambitionierten Amateur
Wasserkühlungen arbeiten meist sehr effektiv. Inzwischen sind einige ausgereifte Sets von verschiedenen Herstellern auf dem Markt. Die Installation ist aber aufwendiger und die Wartung komplizierter als bei reinen Luftkühlungen.

Luftkühlung: der Klassiker
Die klassische Methode ist die Luftkühlung. Wenn Ventilatoren die Warmluft wegbefördern, entstehen generell Geräusche. Trotzdem ist der durch zahlreiche Negativbeispiele begründete schlechte Ruf ungerechtfertigt. Denn auch Luftkühlung kann sehr leise, ja nahezu unhörbar sein. Die Vorteile liegen im günstigen Preis, in der einfachen Installation und der guten Kühlleistung. Daher greifen wir für unseren Silent-PC auf Lüfter zurück.

Folgende Faktoren sind für einen leisen Betrieb aber zu beachten:

- Je mehr Lüfter gleichzeitig arbeiten, desto lauter wird es. Dies gilt, wenn sie immer mit voller Leistung laufen, wie es in Standardrechnern üblich ist.

- Je kleiner die Lüfter sind, desto lauter sind sie. Kleine Ventilatoren müssen schneller rotieren, als ihre großen Brüder, um die selbe Menge Luft umzuwälzen. Das führt zu Radau.

- Je billiger die Lüfter sind, desto lauter sind sie. Spätestens nach einer gewissen Zeit trennt sich die Spreu vom Weizen, denn dann sorgen abgenutzte Lager bei Billiglüftern für mehr Lärm. Hochwertige Markenlüfter laufen meist schon von Beginn an leiser und haben eine längere Lebensdauer.

Bereits Standard-Computer sind heutzutage mit mehreren Lüftern ausgerüstet. Ein Lüfter sitzt auf der CPU, meist zwei aber mindestens einer im Netzteil. Ventilatoren finden sich auch häufig auf der Grafikkarte und gelegentlich auf dem Mainboard.

Passive Kühlung

Passive Kühlelemente fressen keinen zusätzlichen Strom und sind vor allem lautlos. Dafür arbeiten sie aber auch weniger effektiv, wodurch sie sich eher für nicht so heiße PC-Komponenten eignen. Meist kommen metallene Kühlkörper zum Einsatz. Die Wärme wird bei ihnen durch "Körperkontakt" von der Hitzequelle abgeführt, verteilt und dann an die Umgebungsluft abgegeben. Ausschlaggebend für die Qualität der Kühlkörper ist ihre Konstruktion, etwa wie viele Kühlrippen vorhanden sind, und ob das Material Wärme gut leitet.

Stark im Kommen sind auch Kühlröhrchen, sogenannte "Heatpipes". Das sind kleine, mit geeigneter Flüssigkeit gefüllte Leitungen, die über der Hitzequelle die Wärme aufnehmen. Die Flüssigkeit verdampft und das entstehende Gas dringt nach oben zu einem Wärmetauscher. Dort gibt das Gas die Wärme ab, verflüssigt wieder und fließt anschließend nach unten zurück. In dem wartungsfreien Kreislauf wiederholt sich der Vorgang ständig.

Lautstärke - eine exakt messbare Größe?

Lautstärke ist eine sehr subjektive Angelegenheit und lässt sich eigentlich nicht als exakter absoluter Wert angeben. Stattdessen behilft man sich mit der Messung des Schalldrucks, der entsteht, wenn Geräusche zu hören sind. Je höher die Lautstärke ist, desto größer ist auch der Schalldruck. Er wird in Dezibel (Abkürzung "dB") angegeben und häufig in der Werbung präsentiert.

Allerdings ist die empfundene Lautstärke zusätzlich auch von der Frequenz des Tones abhängig. So wird etwa ein tiefer Basston mit hohem Schalldruck leiser empfunden, als ein hoher, schriller Pfeifton mit weniger Schalldruck. Der reine Dezibelwert sagt darüber aber nichts aus.

Werbung ohne Aussagekraft
Das ist nicht der einzige Grund, warum die in der Werbung publizierten Angaben selten aussagekräftig sind. Die Hersteller verwenden nicht die gleichen Messmethoden und erhalten schon daher Werte, die sich kaum miteinander vergleichen lassen. So sind etwa Entfernung und Winkel vom Messgerät zur Lärmquelle wichtig für den schließlich ermittelten Wert. Differenzen von wenigen Dezibel können in der Realität aber bereits den Unterschied zwischen angenehm leise und unangenehm laut bedeuten.

Für normale Zwecke verdeutlicht die Sone-Einheit die Lautstärke etwas besser als ein nackter Dezibel-Wert. 0,1 Sone ist extrem leise; 0,3 Sone sehr leise; 1 Sone leise; 4 Sone laut, 16 Sone sehr laut und so weiter. Ergo: Werbeangaben sind generell mit Vorsicht zu genießen und bieten lediglich Anhaltspunkte.

Das Konzept

Drei wichtige Faktoren sind für unseren Silent-PC unter einen Hut zu bringen:

- Der Rechner soll leistungsstark und multimediafähig sein.

- Er darf nicht zu warm werden, damit er dauerhaft stabil läuft.

- Das Geräuschniveau soll so niedrig wie möglich sein.

Die oberste Maxime lautet: So leise wie möglich, aber so kühl wie nötig.

Fassen wir unsere Überlegungen zusammen

Eine der Hauptlärmquellen von Computern sind die mehr oder minder kleinen Ventilatoren, die versuchen, die warme Luft von Komponenten weg und gegebenenfalls aus dem PC-Gehäuse hinauszuschaufeln. Ein Ansatzpunkt für unseren PC sind also leise und trotzdem leistungsfähige Lüfter, die mit verminderter Leistung arbeiten, wenn der Rechner gerade kaum beschäftigt ist. Damit die Lüfter auch einmal "ausatmen" können, müssen wir außerdem dafür sorgen, dass gar nicht erst soviel Wärme entsteht.

Manche Komponenten brauchen gar keine aktive Kühlung per Lüfter. Bei ihnen genügt eine passive Kühlung. Eingesparte Ventilatoren sind eingesparte Geräuschquellen. Passive Kühlung sorgt aber im ungünstigen Fall für mehr stehende Wärme im Gehäuse. Die verbliebenen Lüfter müssen mit der zusätzlich entstehenden Wärme trotzdem fertig werden. Schaffen sie das nicht, wird der Computer unzuverlässig, stürzt gelegentlich unvermittelt ab und droht, irgendwann sogar das Zeitliche zu segnen.

Weitere Verursacher von Lärm sind die Festplatten und CD-/DVD-Laufwerke, deren Rotationen häufig sehr laut sind. Ein klapperiges PC-Gehäuse kann zusätzlich dafür sorgen, dass sich entstehende Vibrationen nahezu ungehindert übertragen und Geräusche erzeugen. Auch dagegen lässt sich etwas tun.

Bei unserem Testrechner berücksichtigen wir all diese Punkte und versuchen, aus abgestimmten Komponenten ein leises, aber trotzdem leistungsfähiges Gesamtsystem zu basteln.

<a class="link--external" href="mailto:gregorfranz@typemania.de">Gregor Franz</a>

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