Eigentlich soll sich Rufus nur einen Hammer besorgen - aber das erweist sich als schwieriger als erwartet. Zwar findet er den Hammer schnell in einer Werkzeugkiste, doch geht er beim Herausholen etwas zu übermütig vor. So wird der Singvogel seines Freundes Doc mal eben an die Wand getackert und eine chaotische Kettenreaktion losgetreten: Durch aberwitzige Zufälle und unbedachte Handlungen landet der Vogel erst im Sicherungskasten, später in der Spülanlage der Toilette, der Hammer unterdessen segelt unter einen Tisch, der wiederum bald in Flammen steht. Doch Rufus kann noch Herr der Lage werden. Er badet eine Tischdecke in der Spüle, jagt sie mitsamt dem Vogel durch den Müllzerkleinerer und kann schließlich das Feuer löschen, und ohne sich die Finger zu verbrennen an den Hammer gelangen.
Willkommen bei dem PC-Adventure "Chaos auf Deponia", Teil zwei der "Deponia"-Trilogie. Ließ der Vorgänger den Spieler am Ende ein wenig ratlos zurück, nimmt Teil zwei alle Handlungsstränge wieder auf. Schnell wird klar: Deponia steht noch immer kurz vor der Auslöschung. Das Organon, eine bürokratischen Instanz im fernen Weltall, will den Müllplaneten in die Luft jagen. Fälschlicherweise geht diese nämlich davon aus, dass Deponia unbewohnt sei.
Das Ziel des Spiels ist also nichts Geringeres als die Rettung der Welt. Doch ein Adventure wäre kein Adventure, wenn es damit ohne Umschweife gleich losgehen könnte. Und da der Held das Chaos magisch anzuziehen scheint, muss er erst einmal mit einigen nicht ganz unerheblichen Schwierigkeiten fertigwerden. Ein Beispiel: Nach dem Absturz einer Transportkapsel und einer missglückten Hirnoperation ist die Persönlichkeit von Rufus Angebeteter Goal in drei Teile gespalten, die von Rufus jeweils auf unterschiedlich einfühlsame Art überzeugt werden wollen, sich doch helfen zu lassen.
Auf ins Abenteuer!
Nachdem man die etwas undurchsichtigen Anfangssequenzen und etwas langatmige Erklärstücke hinter sich gebracht hat, setzt ein Abenteuer ein, das sowohl das Hirn als auch die Lachmuskeln zu beschäftigen weiß. Auf dem schwimmenden Schwarzmarkt von Deponia, einem Venedig aus Schrott, trifft Rufus auf einen Burger-Brater mit Dämon im Keller, unorganisierte Verbrecher, passive Widerstandskämpfer, einen lispelnden Roboterhund und jede Menge Schnabeltiere.
Im Gespräch mit den Figuren aus Absurdistan lernt man auch Rufus besser kennen. Er ist nicht gerade das, was man einen richtigen Helden nennen würde. Er trägt zerschlisse Klamotten, spärlichen Bartwuchs und strotzt doch vor Selbstbewusstsein. Erhobenen Hauptes tappt er von einem Fettnäpfchen ins nächste und richtet nicht unerhebliche Schäden an. Und doch gewinnt er im Laufe des Spiels immer mehr an Sympathie. Das liegt nicht zuletzt an seinem unermüdlichen Wortwitz. Aber auch im Zusammentreffen mit seinem lieblosen, kaltherzigen Vater lernt man Rufus' verletzliche Seite kennen: ein Antiheld mit Tiefgang also.
"Per Anhalter durch die Galaxis" meets "Monkey Island"
Wer mit dem Genre der Point-and-Click-Adventures vertraut ist, sollte sich relativ schnell auf Deponia zurechtfinden. Mit der Maus steuert man Rufus durch die vermüllte Welt, kann Gegenstände in sein Inventar aufnehmen, miteinander kombinieren und auf Dinge oder Figuren anwenden. Bei den meisten Quests muss man ein wenig um die Ecke denken und am besten immer vom Absurdesten ausgehen. Doch vor allem ist es wichtig, bei Gesprächen mit anderen Charakteren aufmerksam zu lauschen. Auch wirklich die unscheinbarste Frage sollte gestellt werden, denn sie verhilft oftmals zu einer neuen Aufgabe - oder eben einem wichtigen Hinweis. Wer ein bisschen Hilfe braucht, kann sich zudem durch Drücken der Leertaste die "Hotspots" anzeigen lassen. So bekommt der Spieler durch Schraubensymbole auf dem Bildschirm angezeigt, mit welchen Gegenständen oder Figuren Rufus interagieren kann.
Das Spiel besticht durch seine liebevoll handgezeichnete Grafik. Die einzelnen Schauplätze sind sehr detailliert, und es gibt immer wieder lustige Kleinigkeiten zu entdecken. Und auch die Figuren sind nicht nach einem Standard-Baukasten zusammengesetzt, sondern individuell ausgestaltet. Um die Atmosphäre abzurunden, und damit auch jeder weiß, dass wir uns auf einem Schrottplaneten befinden, läuft im Hintergrund metallisch scheppernde Synthesizer-Musik.
Daedalic Entertainment hat mit seinem "Chaos auf Deponia" das Adventure nicht neu erfunden. Vielmehr hat der Hamburger Entwickler sich bewährter Spiele-Elemente bedient und stimmig zusammengeschustert. Die Grundgeschichte erinnert an "Per Anhalter durch die Galaxis", die Figurenkonstellation und die Figuren selbst an "Monkey Island": Tollpatschiger Held liebt schlagfertige Frau und versucht, die Welt vor dem Bösen aus dem All zu retten. Doch die Mischung harmoniert und kann über Stunden unterhalten.
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