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Verfassung für den Kiosk "Grenzt für mich an Betrug": "Mogelpackung" von Grundgesetz-Magazin bei Amazon verfügbar

"Grenzt für mich an Betrug": Amazon bietet "Mogelpackung" von Grundgesetz-Magazin an
Journalist und Medienunternehmer Oliver Wurm (r.) und der Designer Andreas Volleritsch. Kleines Bild: die "Mogelpackung" des Grundgesetz-Magazins auf Amazon
"Das Grundgesetz als Magazin" wurde von der Kritik gelobt und zu einem Kiosk-Erfolg. Beim Online-Versandhändler Amazon wird davon eine lieblose Nachahmung angeboten – offenbar mit Erfolg.

Gleich zwei Mal in den Top Ten der Bestseller in Verfassungsrecht & Staatstheorie und überwiegend positiven Bewertungen: Das "GG – Das Grundgesetz als Magazin" findet auf Amazon offenbar viele Abnehmer. 

Oliver Wurm, Journalist und Macher des "GG – Das Grundgesetz als Magazin", ärgert das.

Denn mit seinem Kiosk-Hit, der vollständigen Verfassung Deutschlands im Magazin-Gewand (der stern berichtete), haben die Amazon-Bestseller eigentlich nur zwei Dinge gemein: den Titel und die Bestellseite von Oliver Wurm.

Merkwürdige Umstände auf Amazon

Über den Online-Versandhandel lässt sich offenbar eine Nachahmung des "GG – Das Grundgesetz als Magazin" bestellen.

Wer in der Amazon-Suchmaske nach dem Magazin sucht, bekommt das Original aufgelistet. Doch: Nach einem Klick auf das Produkt, der zur Artikelbeschreibung und -bestellung führt, werden noch weitere "Formate und Ausgaben" angeboten. Darunter: die Nachahmer. Ein Taschenbuch und, bis vor Kurzem, eine Kindle-Version. 

Andere "Formate und Ausgaben" des Grundgesetz-Magazins auf Amazon
Andere "Formate und Ausgaben" des Grundgesetz-Magazins – die es eigentlich nicht gibt. Etwa: das Taschenbuch (markiert). Zuvor wurde auch eine Kindle-Version aufgeführt.
© Screenshot: Amazon

Die Nachahmer sind eigentlich leicht zu enttarnen, kommen sie im Vergleich mit dem Original doch lieblos daher: Fährt das Magazin von Wurm und seinem Geschäftspartner Andreas Volleritsch mit Bildern, Grafiken und überhaupt mit einer optischen Gestaltung des Grundgesetzes auf, kommen die Nachahmer lediglich mit einer Bleiwüste daher.

Wurm selbst bestellte das Taschenbuch und veröffentlichte auf Facebook Bilder davon:

"Das ist total miteinander verzahnt worden. Da hat sich offenbar jemand an unseren Account angedockt", so Wurm zum stern. Wie und warum, sei allerdings unklar. So oder so: Der Blattmacher ist verärgert. "Die Käufer sind natürlich enttäuscht. Das fällt auf mich zurück, aber auch auf das Grundgesetz."

Die Amazon-Bestseller in der Kategorie "Verfassungsrecht & Staatstheorie"
Die Amazon-Bestseller in der Kategorie "Verfassungsrecht & Staatstheorie". Markiert: die Nachahmungen von "GG – Das Grundgesetz als Magazin"
© Screenshot: Amazon

Allein: Das Original wird nur als Print-Magazin vertrieben, ein Taschenbuch und eine Kindle-Version gibt es nicht. "Wir haben uns von vornherein gegen eine Kindle-Version ausgesprochen – die Leserinnen und Leser sollten in einem Magazin blättern können, es fühlen, sich Notizen machen können. Deswegen haben wir darauf verzichtet."

Als Kindle-Ausgabe wurde es trotzdem angeboten, aber eben nicht von Wurm und mindestens seit dem 28. Mai. Dann habe der Journalist erstmals Kontakt mit Amazon aufgenommen, so Wurm zum stern. Oder es zumindest versucht. Bisher sei der Blattmacher lediglich von vielen verschiedenen Service-Mitarbeitern vertröstet worden, man würde sich um das Problem kümmern. Konkret passiert ist: "Nothing", so Wurm.

Die Kindle-Version wurde nun offenbar von Amazon aus dem Angebot entfernt. Bleibt aber noch das Taschenbuch, das nach wie vor unter "Andere Formate und Angebote" des Originals angeboten wird.

"Das grenzt für mich an Betrug. Das ist frech"

"Wir können die nicht rausschmeißen", so Wurm zum stern, "dafür fehlen uns die technischen Möglichkeiten." Man bitte Amazon lediglich darum, die Trittbrettfahrer von der eigenen Seite zu entfernen.

Der oder die Trittbrettfahrer, so ist es im Impressum zu lesen: ein Verlag aus Bulgarien. Das Taschenbuch soll außerdem von "Amazon Fulfillment" gedruckt worden sein. Nähere Angaben gibt es nicht. Auch Wurm seien die genauen Hintergründe bisher unklar.

"Ich habe nicht vor, mit Anwälten gegen irgendwelche Leute in Sofia vorzugehen.", sagt er zum stern. "Ich will meinen Account einfach frei haben. Ich will, dass die Menschen mein Produkt suchen, dieses finden und auch bekommen. Und kein Plagiat."

Markenrechtlich geschützt habe Wurm sein Produkt nicht. Also: Das durchdesignte Grundgesetz in Magazinform und dessen Titel. Der Text selbst ist nicht urheberrechtlich geschützt. Das wäre auch nicht richtig, sagt Wurm. Das Grundgesetz gehöre allen, egal in welcher Form. "Mir ist sogar egal, wenn sich jemand das Format zugute macht. Dann ist es halt so. Aber diese Mogelpackung über unseren Account zu vertreiben, grenzt für mich an Betrug. Das ist absurd und frech."

Wie viele von den "Mogelpackungen" über Wurms Amazon-Seite verkauft wurden, kann der Journalist nicht sagen. Trotz der merkwürdigen Verzahnung könne er das nicht einsehen. Käufer hat es aber gegeben, das hätten auch einige Rückmeldungen gezeigt, die er erhalten habe. Ein Nutzer warnt in den Amazon-Bewertungen "Finger weg – Fakeanbieter!", ein anderer vor der Kindle-Version, die "fälschlicherweise" als Magazin angeboten wurde.

Quellen:Facebook (Oliver Wurm), "Meedia", Amazon (Bestseller-Liste / Kundenbewertung 1 / Kundebewertung 2)

Zum 70. Jubiläum des Grundgesetzes zeigt das Miniatur-Wunderland anhand von Beispielen aus der jüngeren Geschichte, wie eine Welt ohne Grundrechte aussehen könnte. 
fs

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