Kolumne - Neulich im Netz Deutschland wählt: Bayern raus

Wenn der Armin zur Wahl geht, geht er in die Schule. Da zeigt er seine Wahlbenachrichtigung und seinen Personalausweis und macht sein Kreuzchen. So einfach ist das.

Niemand erklärt "Wählen" so gut wie die Maus. Kein Wunder, denn da erfährt man auch, was in einem Astronautenklo passiert und wie die Füllung in die Bonbons kommt. Über die Wahl der richtigen Partei sagt die Maus nichts. Schade. Das muss man wohl selbst irgendwie rausfinden.

Wer die Lach- und Sachgeschichten von Gerhard, Joschka, Angela und Guido nicht mehr sehen, hören und lesen will, kann ja auch mal schauen, was die anderen so machen. Irgendwie anders: Die Partei, die seit dem 1. August auch einen Ortsverein im fränkischen Niemandsland hat und zudem ankündigte, auch im Wahlkreis Hamm/Unna II anzutreten. Hauptanliegen neben der nachhaltigen Reform des Gesundheitssystems: die Neugliederung des Bundesgebietes durch "die Verringerung der Anzahl der Bundesländer".

Das gab's doch mal diese Abkürzung...

Die kürzlich erst hinzugewonnenen Länder Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sollen zu einer "Sonderbewirtschaftungszone (SBZ)" zusammengefasst werden. Und damit da auch keiner auf die Idee kommt, wieder "rüber zu wollen", will Die Partei die Mauer wieder.

Auch nicht schlecht: "Integrierte Branchenlösungen für das Bauhaupt- und Baunebengewerbe" verspricht die Linkspartei auf ihrer mausgrauen Website. Hässlich wie Plattenbau, aber trotzdem für Microsoft Explorer optimiert. Doch auch ohne wirkliche Botschaft will der Spitzenkandidat als ehemals fast alles Gewesener und noch immer auf der Gehaltsliste eines bekannten Boulevardblatts Stehender "ins Feld ziehen", wobei man sich vor allem an "Dänemark und Schweden orientieren" werde.

Thomas Hirschbiegel

Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das H der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.

Leichtsinnige Taufe

Was übrigens so oder so ähnlich auch jener moppelige Korse tat, wenngleich zu anderer Gelegenheit. Jener Korse übrigens, der rund zwei Jahrhunderte später Journalisten dazu animierte, den heute Runderneuerten "Napoleon von der Saar" zu taufen, ohne über die Konsequenzen ihres leichtsinnigen Treibens nachzudenken.

Obatzt is: Frank und frei redet die Bayernpartei nicht um den heißen Brei. Eine Wohltat im Zeitalter der windelweichen Unverbindlichkeit: "Wenn schon sparen, dann aber richtig. Sparen Sie sich Berlin." Zentrale Forderung: Bayern raus aus der Schuldenrepublik Deutschland. Geht denn das überhaupt? "Ja, das geht!" Denn: "Dies haben Experten durchgecheckt." Von 1950 bis 1958 war die Bayernpartei nach der CSU und SPD drittstärkste Partei in Bayern. Seit 1959 ist sie es nicht mehr. Zeit für einen Wandel also nicht nur in Berlin?

Man möchte fast meinen: Ja. Jedenfalls eventuell.

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