Hirn-Interface Direkt aus dem Hirn ins Netz: Gelähmter Mann schickt Tweet per implantiertem Chip ab

Die Neuralverbindungen sollen die Barriere zwischen Mensch und Computer einreißen
Die Neuralverbindungen sollen die Barriere zwischen Mensch und Computer einreißen
©  DKosig / Getty Images
Tippen, wischen oder diktieren – jede Interaktion mit einem Computer oder Smartphone verlangt bisher Körpereinsatz. In Zukunft könnte das wegfallen. Ein knapper Tweet stellt einen beeindruckenden Meilenstein auf dem Weg dorthin dar.

"Kein Tastendrücken oder Spracheingaben nötig. Ich schuf diesen Tweet, indem ich ihn einfach dachte" – diesen Tweet schickte Philip O-Keefe am Donnerstag ab. Und fasst die kleine Sensation gleich darin zusammen. Denn der Tweet des querschnittsgelähmten 62-Jährigen gelangte direkt aus einem Chip in seinem Hirn ins Netz. Es könnte nur der erste von vielen sein.

Der Australier ist eine der ersten Personen, die über einen direkt im Hirn implantierten Chip mit einem Computer interagieren können. O-Keefe leidet unter Amyotropher Lateralsklerose, besser bekannt als ALS. Die Nervenkrankheit sorgt dafür, dass die Muskeln immer weiter schwinden und sich dabei versteifen. Im April letzten Jahres hatte sich O-Keefes Zustand so sehr verschlechtert, dass er nicht mehr alleine leben konnte. Und er entschied sich, die riskante Operation zu riskieren.

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"Wie Fahrradfahren"

Um das Risiko zu minimieren, wurde der Chip über eine Halsschlagader ins Hirn gebracht und dort in Betrieb genommen. Mit Hilfe eines komplexen Systems aus Kameras, die seine Augenbewegungen auswerten, und seinen Gedanken kann er seitdem Computer bedienen, ohne auf herkömmliche Eingabemethoden wie Tasteneingaben, Maus oder Sprache angewiesen zu sein.

"Ich muss nur darüber nachdenken, wohin ich beim Computer klicken möchte", sagte O-Keefe laut dem Unternehmen Synchron, das die Verbindung zum Hirn entwickelt hat. "Es ist ein bisschen wie Fahrradfahren. Man muss sich eingewöhnen, aber wenn man erstmal drin ist, fühlt es sich ganz natürlich an"

Der Tweet ist eine Werbe-Aktion des Unternehmens, O-Keefe hatte dafür den Twitter-Kanal des Firmenchefs Thomas Oxley übernommen. Tatsächlich nutzt O-Keefe den Chip im Alltag für nützlichere Dinge. "Ich kann damit E-Mails verschicken, Online-Banking, shoppen und jetzt eben twittern", so O-Keefe. Über die Mails kann er sich mit seiner Familie und den Kollegen unterhalten. Und sogar einfache Spiele wie Solitär als Zeitvertreib sind drin.

Kampf um den Weg ins Hirn

Synchron ist mit der Idee, Computer und das menschliche Hirn zu vernetzen, nicht alleine. Auch Tesla-Gründer Elon Musk will mit seinem Unternehmen Neuralink eine solche Verbindung herstellen. Erste Experimente des Unternehmens ließen einen Affen Anfang des Jahres darüber einfache Computerspiele spielen, nächstes Jahr sind die ersten Versuche an menschlichen Testkandidaten geplant.

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© Bitprojects
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Die direkte Schnittstelle ins Hirn, Brain-Computer-Interface (Hirn-Computer-Verbindung), kurz BCI genannt, gilt als großer Schritt, um die Hürden bei der Benutzung von Computern zu senken. Dabei geht es nicht nur um die Unterstützung körperlich beeinträchtigter Menschen, auch wenn die Technologie gerade für gelähmte Personen extrem vielversprechend sein könnte.

Elon Musk etwa ist überzeugt, dass die Menschen nur mittels einer direkten Verbindung über das Gehirn eine Chance haben, mit Künstlicher Intelligenz mitzuhalten, erläuterte er 2019 im Gespräch mit dem damaligen Alibaba-Chef Jack Ma. So könnten Computer millionenfach schneller denken als wir. "Menschliche Sprache klingt für sie wie Walgesänge". Nur mit einer Neuralverbindung könnten wir ansatzweise mithalten. Moralische Bedenken sieht er dabei nicht. "Wir sind so eng mit unseren Smartphones verbunden, dass wir ohnehin Cyborgs sind."

Quelle: Twitter, Synchron

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