Kennen Sie Jeremy Jaynes? Wenn Sie E-Mail nutzen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie schon einmal Post von ihm bekommen haben. Jaynes war als Spammer aktiv. Gestoppt wurde er jetzt von den Behörden des US-Staats Virginia. Ein Gericht in Leesburg sprach Jaynes schuldig. Das Strafmaß im ersten Strafprozess der USA wegen Spam wird im Februar verkündet.
750.000 Dollar Monatsgewinne
Der Prozess gewährte einen seltenen Einblick in die Abgründe des Spam-Geschäfts. Jaynes gehörte nach Angaben der Staatsanwaltschaft zu den erfolgreichsten seiner Branche und erzielte Monatsgewinne bis zu 750.000 Dollar (566.000 Euro). Die von dem 30-Jährigen verschickten Massensendungen, rund zehn Millionen E-Mails am Tag, warben für Pornografie, neue Software oder für Angebote zur Heimarbeit. Um die Welt mit seiner Werbung einzudecken, nutzte er 16 Breitbandverbindungen - das entspricht etwa der Internet-Ausstattung einer Firma mit rund 1.000 Mitarbeitern.
Spam lohnt sich allein wegen der immensen Masse der versendeten Werbe-Mails, wie sich in dem Verfahren zeigte. Tatsächlich reagieren nur wenige Menschen auf ein Spam-Angebot: Auf 30.000 Mails kam für Jaynes nur eine Antwort. Auf eine millionenfache Verbreitung hochgerechnet, erhielt Jaynes aber in einem durchschnittlichen Monat mehr als 10.000 Anfragen zu seinem Kreditkarten-Angebot. Für jede Antwort bekam er 40 Dollar (30 Euro) und erzielte somit einen Monatsumsatz von mehr als 400.000 Dollar (302.000 Euro). Damit konnte er spielend seine monatlichen Fixkosten von rund 50.000 Dollar (37.750 Euro) für die Internetverbindung und andere Investitionen decken.
Millionen E-Mail-Adressen aus illegalen Quellen
"Wenn man in der ganzen Welt wirbt, findet man genug Idioten", die auf Spam hereinfallen, erklärte Staatsanwalt Russell McGuire. Die Anklagebehörde schätzte das Vermögen des Spammers auf bis zu 24 Millionen Dollar (18,1 Millionen Euro).
Seinen Datenbestand von mehreren Millionen E-Mail-Adressen kamen aus illegalen Quellen mit Adressen von AOL- und eBay-Kunden. Wie Jaynes an die Daten gekommen sei, sei nicht klar, sagte McGuire. Die Listen seien aber besonders wertvoll, weil es sich um Adressen von Personen handle, die bereits am elektronischen Handel interessiert seien.
Der massenhafte Versand von Werbe-Mails ist in Virginia nicht per se illegal. Die Rechtsverletzung beginnt in diesem US-Staat erst dann, wenn die E-Mail nicht nur unangefordert zugeschickt wird, sondern auch falsche Informationen enthält. Das war bei Jaynes gleich in mehrfacher Hinsicht der Fall. So täuschte er Kontaktadressen und Firmennamen vor und veränderte die Absenderadresse. Damit habe er auch Spam-Filter seiner Empfänger austricksen können, sagte Lisa Hicks-Thomas von der Staatsanwaltschaft in Virginia. Für die Empfänger war es fast unmöglich festzustellen, wer hinter den E-Mails steckte.
Die Staatsanwaltschaft forder neun Jahre Haft
Die Staatsanwaltschaft verfügt über Filmaufnehmen, auf denen Jaynes vor mehreren Computern sitzend damit prahlt, dass er im "Spam-Hauptquartier" sitze. Dabei agierte er nahezu allein, obwohl die Spam-Mail rund um die Uhr versendet wurde. Seine Schwester wurde unter der gleichen Anklage verurteilt, erhielt aber keine Gefängnisstrafe. Ein dritter Beschuldigter wurde freigesprochen. Für Jaynes beantragte die Staatsanwaltschaft neun Jahre Haft. Sein Anwalt zeigte sich aber zuversichtlich, dass eine Haftstrafe spätestens in der Berufungsverhandlung wieder aufgehoben wird.