Trump zweifelt Ermittlung an Konnte das FBI wirklich in acht Tagen alle 650.000 Clinton-Mails checken?

Vor einer Woche warnte das FBI: Neue Mails könnten Hillary Clinton belasten, das Trump-Lager jubelte. Nur acht Tage später hat das FBI alle Mails durchwühlt - und Entwarnung gegeben. Jetzt fragen Trump und Co.: Ist das wirklich schaffbar?

Es dürfte für die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ein Schock gewesen sein: Nur knapp zehn Tage vor der Wahl kündigte FBI-Chef James Comey an, es gebe neue, potenziell belastende E-Mails. Die Ermittlungen liefen. Die Republikaner und ihr Kandidat Donald Trump jubelten. Der Umfragevorsprung Clintons schmolz von Tag zu Tag. Doch dann kam alles anders.

Nach einer regelrechten Schlammschlacht in der letzten Woche trat Comey am Sonntag wieder vor die Mikrofone - und verkündete das Ergebnis der Ermittlungen: In den Mails hätten sich keinerlei Hinweise für ein kriminelles Verhalten Clintons gefunden. Trump und seine Unterstützer kochen vor Wut. Sie werfen dem FBI vor, die Wahl beeinflussen zu wollen. Die Argumentation: Keiner könne in so kurzer Zeit die unfassbare Menge von 650.000 E-Mails auswerten, erklärte Trump noch am Abend der Ankündigung. Aber stimmt das wirklich?

Acht Mails pro Sekunde?

So wie es einige Trump-Unterstützer vorrechnen, ist es natürlich nicht gelaufen: Die hatten behauptet, Comey hätte eine Mail die Sekunde auswerten müssen. Als hätte er dafür kein Heer von Agenten. Noch mehr dürfte aber die Computer-Unterstützung geholfen haben. Das US-Magazin "Wired" hat sich mit dem IT-Forensiker Jonathan Zdziarski hingesetzt und erklärt, wie das FBI vermutlich vorgegangen ist.

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Laut Zdziarski reichen die acht Tage locker aus, um so viele Mails auszuwerten, in diesem Fall sei es sogar besonders leicht. Der Berg von 650.000 Mails lies sich nämlich mit wenigen Mitteln deutlich verkleinern. Schließlich handelte es sich nicht um Clintons Mails, sondern um die des Ehemanns ihrer Vertrauten Huma Abedin, Anthony Weiner. Sortierte man alle Mails aus, in denen nicht mit Clinton und ihren Unterstützern kommuniziert wurde, dürften schon einmal Hunderttausende Mails weniger vorgelegen haben.

Alles eine Frage der Werkzeuge

Danach konnte man mit weiteren Filtern die Mails aussortieren, die aufgrund früherer Untersuchungen bereits ausgewertet worden waren. Schließlich ermittelte das FBI schon einmal ausführlich wegen Clintons privaten Mail-Servern. Jede E-Mail hat eine eigene ID, mit der sie eindeutig identifizierbar ist, erklärt Zdziarski. Auch weitergeleitete und kopierte Mails, die diese ID nicht mehr haben, lassen sich über einen automatisierten Text-Vergleich schnell finden.

Da Clinton vor allem vorgeworfen wurde, geheime Dokumente verschickt zu haben, könnten die Agenten als nächstes Programme genutzt haben, die Texte nach gewissen Indikatoren durchsuchen, die sie als geheime Regierungsdokumente ausweisen. Solche Spezial-Programme funktionieren nach Zdziarski ähnlich wie die Software, mit der Universitäten und Verlage nach Plagiaten suchen. Zu guter Letzt bleibt noch die schlichte Suche nach Schlagworten. Selbst, wenn man Tausende verdächtige Worte festlegt, dauert eine solche Suche mit der Rechenleistung, die dem FBI zur Verfügung steht, nur eine kurze Zeit.

Warum dauerte es so lange?

Der Sicherheits-Berater Rob Graham fragte sich nach Angaben von "Wired" sogar eine ganz andere Frage. Nämlich: Warum brauchte das FBI überhaupt so lange für die Untersuchung? "Computer-Geeks haben Werkzeuge, die das Durchsuchen von Mails sehr einfach machen", erklärte Graham. "Mit diesen Mails, einer Liste von Clinton und ihrer Helfer genutzter Mail-Adressen und einer Liste von Schlagwörtern würde es mich nur wenige Stunden kosten, aus den 650.000 Mails einige Hundert wichtige herauszufiltern. Die kann sogar eine einzelne Person in weniger als einem Tag lesen."

Den Trump-Unterstützern dürfte das nicht helfen. Für sie war die scheinbar unlösbare Aufgabe die große Hoffnung. Solange Clinton als potenziell verdächtig galt, wäre sie als Kandidatin eigentlich unwählbar gewesen. Vor der Wahl war ihrer Meinung nach kein Ergebnis zu erwarten, hätte sie erst einmal verloren, hätte auch eine bewiesene Unschuld keine Rolle mehr gespielt. Auch wenn eine Überführung wegen Geheimnisverrats natürlich noch wünschenswerter gewesen wäre. Nun hat ihnen das FBI einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wie die Wahl ausgeht, ist wieder völlig offen.

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