Eines kalten Winterabends kamen Familie Steiner Zweifel an ihrem Zukunftshaus im Schweizer Kanton Zug: Mit ihren zwei Kindern standen sie vor der Eingangstür, doch der biometrische Türöffner verweigerte ihnen standhaft den Eintritt. "Das soll ein intelligentes Haus sein?", fragte man sich, gar ein zukunftsweisendes Projekt? Die Erklärung des Problems war einfach: "Wir kennen diese Sensoren nur aus den Hochsicherheitsbereichen bei Banken", erklärt Beat Schertenleib, Sprecher des Projekts FutureLife. Die sind allerdings meist im Keller, wo Temperatur und Luftfeuchtigkeit konstant sind. "Auf minus 20 Grad und kalte Finger war der Sensor nicht eingestellt."
Familie Steiner ist weltweit die erste Familie, die dauerhaft in einem Zukunfts-Haus lebt. Der Informatiker und die Lehrerin erproben hier den täglichen Umgang in einer vernetzten Umgebung. "Ambient Intelligence" heißt die Technik, die dahinter steht - sie wird in verschiedenen Städten in Prototypen der Zukunftshäusern erprobt.
"Die Technik soll den Menschen dienen und ihnen das Leben nicht erschweren"
Den Betreibern geht es nicht darum, die Häuser mit möglichst viel Technik auszustatten, sondern den Menschen optimal zu unterstützen. "Die Technik soll den Menschen dienen, und ihnen das Leben nicht erschweren", beschreibt Schertenleib die Grundidee des Projekts, das von Metro-Gründer Otto Beisheim finanziert wird.
In den Bereich der Gesundheitsüberwachung geht auch eine Entwicklung der Forscher des niederländischen Elektronikkonzerns Philips, der in Eindhoven ein Haus von Morgen gebaut hat. Im Bad des "HomeLabs" hängt ein "Health Coach" (Gesundheitsbetreuer) an der Wand, ein intelligenter Badezimmerspiegel. Die Spiegeloberfläche fungiert als Display, auf dem verschiedene Anwendungen gezeigt werden können: So kann der Spiegel mit anderen Elektrogeräten "kommunizieren" oder als Waage und als Fitnesstrainer genutzt werden. Der Hausherr kann aber auch beim Rasieren die Börsenkurse im Blick behalten, während die Kinder beim Zähneputzen Comics schauen.
In Eindhoven und im Projekt "inHaus" in Duisburg, das in Zusammenarbeit mit Forschern der Fraunhofer-Gesellschaft und der Gerhard-Mercator-Universität entstanden ist, wird nur tageweise probegewohnt. Dagegen kann Ursi Steiner bereits eine positive Bilanz des Lebens in der Zukunft ziehen. "Es ist angenehm, sich unabhängig zu fühlen, da wir unser Haus mobil bedienen, abfragen und steuern können." Zudem könne Zeit gespart werden: "Eine Maschine mäht den Rasen und gießt die Blumen, der Wochenendeinkauf entfällt durch die SkyBox." Dieses Gerät ermöglicht, Pakete und Lebensmittel angeliefert zu bekommen, auch wenn keiner zu Hause ist. Der Zugang wird mit einem elektronischen Schlüssel oder einer Karte mit einem Zugangscode geregelt - der Besitzer bekommt eine SMS, sobald die Ware da ist.
Der intelligente Kühlschrank macht die Küche zur Schaltzentrale
Neben all diesen Geräten, die noch als Prototypen erprobt und verbessert werden, kommt aus Korea eine bereits marktreife Idee: der Multimedia-Kühlschrank von LG Electronics. 8000 Euro wird der Edelstahl-Brocken amerikanischen Ausmaßes kosten, wenn er im Spätsommer dieses Jahres auf den europäischen Markt kommt. Der Kühlschrank schlägt Alarm, wenn sich die Verfallsdaten seines Inhalts dem Ende neigen und er kann melden, wenn die Lebensmittel ausgehen.
Doch das ist lange nicht alles: Die Kühlbox soll die Küche zur Schaltzentrale des Haushalts werden lassen. Memos können per Video- oder Audiodatei, aber auch schlicht per Touchscreen aufgenommen und abgespeichert werden. Zudem macht der Kühlschrank Musik und zeigt Filme: Digitales Fernsehen ist ebenso möglich wie das Herunterladen von MP3-Dateien aus dem Internet. Auch andere Geräte sollen vom Kühlschrank aus gesteuert werden können - allerdings nur, wenn sie auch aus dem Haus LG Electronics kommen.
Dies sieht FutureLife-Sprecher Schertenleib als grundlegendes Problem der schönen, vernetzten Welt: "Es muss möglichst schnell ein offener Standard entwickelt werden, der es ermöglicht, Produkte verschiedener Firmen zusammenarbeiten zu lassen." Die drahtloser Funktechnologie (WLAN) ist ein Anfang für das tatsächliche vernetzte Haus. Familie Steiner indes erprobt und verbessert weiterhin die optimalen Unterstützung im Alltag: Das Türsensoren-Problem ist behoben, der Eingang auch mit einem Chip zu öffnen - mit Handschuhen oder ohne, sommers wie winters.
Verena Wolff