Berliner Informatiker entwickeln elektronisches Tafelsystem
Die Zuwächse hiesiger Internetprovider beweisen es. Das World Wide Web wird in Deutschland immer feinmaschiger. Parallel dazu drängen mit der Vorsilbe »E« versehene Anglizismen so vehement in unseren Wortschatz, dass Sprachwächter das Deutsch unterwandert sehen. Pech gehabt. Die Amerikaner waren die Vorreiter. Also spricht die Internetgemeinde fast auf dem gesamten Globus von E-Mail und E-Commerce.
Einzig die Franzosen scheinen kreativ genug, ihre eigenen Begriffe zu finden. Anfangs belächelt, hat sich das Kunstwort Ordinateur statt Computer westlich des Rheins durchgesetzt. Kunststück: Schließlich trotzte schon Asterix samt gallischem Anhang den Römern. Läge das »Silicon Valley« im Sauerland, hätten sich vielleicht deutsche Begriffe etabliert. Aber das ist hypothetisch.
Sicher ist dagegen, dass es sich bei der neuesten technischen Errungenschaft, der »E-Kreide«, um eine Erfindung von Informatikern der Freien Universität Berlin handelt. Die elektronische Kreide bietet weit mehr Möglichkeiten als ein herkömmliches Malprogramm. Das System besteht aus einer großformatigen Plasmatafel, die an einen Computer angeschlossen wird. Der Dozent kann mit Hilfe der elektronischen Kreide direkt auf der Plasmatafel schreiben und dabei zusätzlich Bilder und Grafiken aus dem Internet ergänzen. Da alle Notizen online und in Echtzeit übertragen werden, können Lernende auch direkt vom heimischen PC aus folgen.
Laut dem Leiter der Forschungsgruppe Professor Rojas, eröffnet die Tafel bisher ungeahnte Möglichkeiten für den Fernunterricht. »Das Besondere an der ?E-Kreide' ist«, so der Professor, »dass der Fernunterricht von der Dynamik eines Präsenzunterrichts profitiert, die eine live zu verfolgende Unterrichtsstunde automatisch mit sich bringt.« Als einen weiteren Vorteil nennt er die einfache Handhabung des Systems. Lernende können das Tafelbild ohne ergänzende Software über das Internet betrachten. Anfängliches Einarbeiten, wie es beispielsweise Microsofts Präsentationsprogramm »PowerPoint« mit sich bringt, ist nicht nötig.
Anfang des Jahres wurde die »E-Kreide« auf der »CeBIT« im Bereich »Teleteaching« vorgestellt. Und das mit beachtlichem Erfolg. Motiviert von der positiven Resonanz arbeiten die FU-Studenten jetzt an der Perfektionierung ihres Systems. Ob der elektronische Kalkstein seinen bevorstehenden Siegeszug um die Welt als »E-Kreide« oder vielleicht doch eher als »E-Crayon« beziehungsweise »E-Chalk« antritt, bleibt abzuwarten. (ad)