32 Prozent der Berliner Studenten fühlen sich durch psychische Schwierigkeiten im Studium beeinträchtigt. Dies ergab eine Umfrage des Studentenwerks.
Den meisten Studenten geht es gut. Sollte man meinen. Interessanter Lern- oder Denkstoff, viele Partys, nette Kommilitonen und eine Atmosphäre, die dafür sorgt, dass man Leute erheblich schneller kennen lernt als anderswo.
Einer Umfrage des Studentenwerks zufolge fühlen sich 32 Prozent der Berliner Studenten im Jahresverlauf durch psychische Schwierigkeiten im Studium beeinträchtigt. Berlin liegt damit nennenswert über dem Bundesdurchschnitt. Von Problemen, die sich nicht nur auf die Uni, sondern auch auf andere Lebenssituationen auswirken, kann nahezu jeder betroffen sein.
Ungefähr 800 Studierende suchen jedes Jahr die psychologische Beratungsstelle der FU Berlin auf, zwei Drittel der Rat Suchenden sind weiblich. »Frauen gehen meist aufgeschlossener und offener mit ihren Problemen um und sind eher bereit, sich Hilfe zu holen«, erklärt der Psychologe und Leiter der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung der FU Berlin, Hans-Werner Rückert.
Ähnlich sieht die Lage bei der Einrichtung des Studentenwerks aus. Ungefähr 1.000 Neuzugänge pro Jahr werden hier verzeichnet. Die meisten kommen wegen studienbezogener Schwierigkeiten wie Lern- und Leistungsstörungen, Motivationsproblemen oder Prüfungsängsten. Eher selten nennen Studenten Essstörungen oder Süchte als Anlass zum Aufsuchen der Beratungsstelle. Scheinbar »nur« studienbezogene Probleme können mit tiefer gehenden Schwierigkeiten zusammenhängen.
»Studierende befinden sich in einer schwierigen Lebenssituation«, lese ich im Faltblatt der Psychologischen Beratung des Studentenwerks. Aha. »Bei den Erstsemestern handelt es sich häufig um Ablösungsprozesse, den Weggang vom Elternhaus, aber auch oft um Beziehungsschwierigkeiten. Auch bei den Studenten in der Abschlussphase sind Ablösungsprozesse häufig ein Thema. Diese finden jedoch auf einer anderen Ebene statt. Es geht um den Abschied vom Studentenleben und den Eintritt in eine neue Lebensphase«, erzählt Klaus Krzyszycha, der als Diplompsychologe und ausgebildeter Psychotherapeut im Team des Studentenwerks arbeitet.
Ein Vorteil der für Studenten eingerichteten Beratungsstellen ist, dass hier mit dem Studium verbundene Probleme besonders effektiv gelöst werden können. Häufig findet auch eine Kooperation zwischen Kliniken, niedergelassenen Therapeuten und den Beratungsstellen der Unis statt. Dies führt dazu, dass die universitären Beratungsstellen den ersten Anlaufpunkt im besonders in Berlin ausgeprägten Therapeutendschungel darstellen. Umgekehrt können bei spezifisch Uni-bezogenen Problemen Kliniken oder niedergelassene Therapeuten an die Beratungsstellen verweisen. Ein weiterer Pluspunkt der universitären Beratung besteht im Herabsenken der Schwellenängste, überhaupt Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies ist aber letztlich auch dem generell verstärkten Abbau von Tabus, mit denen psychische Schwierigkeiten und die Inanspruchnahme von Psychotherapie lange Zeit belegt waren, anzurechnen. (sr)
Anlaufstellen:Studentenwerk Berlin
Psychologisch-Psychotherapeutische Beratungsstelle
Bismarckstraße 98
10625 Berlin
Tel.: (030) 312 10 47
oder
Franz-Mehring-Platz 2
10243 Berlin
Tel.: (030) 29 30 22 71
Freie Universität Berlin (FUB)
Zentraleinrichtung Studienberatung und psychologische Beratung
Brümmerstr. 50
14195 Berlin
Tel.: (030) 838 552 42
Technische Universität Berlin
Psychologische Beratung
Straße des 17. Juni 135
Raum H60/61
10623 Berlin
Tel.: (030) 314 248 75
Humboldt-Universität Berlin (HUB)
Psychologische Beratung
Ziegelstr. 13c
Raum 109
Tel.: (030) 209 315 80
Informationen oder zumindest eine Auflistung der Anlaufstellen finden sich im Studienhandbuch und in den Vorlesungsverzeichnissen der einzelnen Universitäten. Außerdem bieten auch die Seiten der Hochschulen diverse Informationen:
FU Berlin
Humboldt-Universität zu Berlin
TU Berlin