"Der Trend auf dem Arbeitsmarkt geht in allen Industrienationen eindeutig in Richtung Hochqualifizierung", sagte der Autor der OECD-Studie, Andreas Schleicher, in einem dpa-Gespräch. Deutschland bilde im weltweiten Vergleich einfach zu wenig Akademiker aus. Der Mangel an Höchstqualifizierten, vor allem bei Ingenieuren und Naturwissenschaftlern, sei absehbar. Damit reagierte Schleicher auf die Kritik der unionsgeführten Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.
Massive Front
Die Kultusminister von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen hatten mit Unterstützung der österreichischen Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) sowie der Schweizer Konferenz der Erziehungsdirektoren am Vortag massiv Front gegen den OECD-Bericht gemacht. Sie sehen darin das traditionelle berufliche Bildungssystem in ihren Ländern nicht gebührend gewürdigt. Auch widersprachen sie der These, dass die geringe Zahl der Abiturienten und Hochschulabsolventen in Deutschland mitverantwortlich für die aktuelle Wirtschaftsschwäche sei.
Der OECD-Autor bekräftigte dagegen seine Auffassung: Mehr und bessere Bildung der Erwerbsbevölkerung habe in allen Industrienationen zu einer Steigerung der Arbeitsproduktivität geführt. Nur in Deutschland sei in den vergangenen beiden Jahrzehnten in Sachen Bildung wenig passiert. "Der Arbeitsmarkt verändert sich. Bildungspolitik muss heute schon das Jahr 2020 im Auge haben."
"Der Markt muss entscheiden"
Schleicher sagte weiter, auch die aktuellen Probleme auf dem deutschen Lehrstellenmarkt seien ein Beleg dafür, wie sich Qualifikationsanforderungen veränderten. Man sollte beispielsweise Betriebe nicht mit einer Abgabe zwingen, Lehrstellen in Berufen zu schaffen, die in diesem Umfang in den nächsten Jahren gar nicht mehr gebraucht würden. Schleicher: "Der Markt muss entscheiden." Akademiker hätten nahezu weltweit die geringsten Probleme mit Arbeitslosigkeit und die höchsten Einkommen.
Als falsch wies Schleicher auch die Behauptung seiner Kritiker zurück, der OECD-Bericht berücksichtige nicht ausreichend das berufliche Bildungssystem. Bei der Präsentation in Berlin am Dienstag habe er ausdrücklich den «noch relativ reibungslosen Übergang von der Lehre in den Beruf» als einen Vorteil der betrieblichen Ausbildung in Deutschland herausgestellt. Aber auch hier gebe es inzwischen bekanntlich Probleme.