Mit Kaffee und Bagel studiert sich's besser
Gab es früher gerade mal ein paar Studentenkneipen im Hamburger Studentenviertel, so sprießen nun die »Take-Aways«, »AllCoffee«-Shops und »Bagel Parks« wie Pilze aus dem Boden.
Waren das noch Zeiten, als eine Kugel Eis 30 Pfennig kostete, Fahrräder keine extra profilstarken Trekkingreifen hatten und eine Studentenkneipe mit kleinen eingerahmten Filmszenen der Nouvelle Vague dekoriert war. Das ist lange her und bestenfalls aus Erzählungen von Eltern bekannt. Die Zeiten sind schneller geworden, die Eiskugeln teurer, Fahrräder leichter und Studenten treffen sich jetzt in der Mittagspause bei einem Bagel und Latte Macchiato Medium. Wieso boomt das Konzept, vor einer Theke zwischen zehn verschiedenen Kaffeesorten und Bagelvarianten auszuwählen und diese dann in der Hälfte der Bestellzeit zu verzehren? Woody Allen meinte einmal »Ich muss jeden Morgen sieben Entscheidungen treffen, nur um einen Kaffee zu bekommen.« Jeder dritte Hamburger Student kommt mit einem Plastikbecher in den Seminarraum, unterschiedlich sind nur die Bechergrößen.
Auf dem Weg zum Philturm gibt es beinahe unzählige Möglichkeiten, sich noch etwas kulinarisch Gutes zu tun. Das Seminar und die guten Vorsätze hinter sich gebracht, locken türkische Pide, amerikanische Brotkringel, portugiesisches Gebäck und französischer Café. Sozusagen multikulturelle Kost für das anschließend stattfindende Seminar über bilaterale Beziehungen am Allendeplatz.
Aber wo bleibt bei all dem »Fast Eat - Fast Go«- Angebot die Gemütlichkeit, die zugegebenermaßen in der kühlen Hansestadt ohnehin nicht ihre Heimat hat. Vielleicht sind die Fachschaftscafés wie die sogenannte »Schweinebucht« der Historiker oder die »T-Stube« der Politologen eine gute Lösung des Problems. Aber ein Blick in die kleinen verrauchten Zimmer, in denen nur vereinzelt Personen zu sichten sind, vertieft in die Diskussion mit dem Gegenüber, begraben diese Hoffnung. Eine weitere Station auf der Suche nach Genuss und Flair ist das »Abaton« als ureigenstes Studentenbistro seit alters her. Weiße Tische und dunkelbraune Stühle, abgerundet mit Loungemusik lassen das Herz jedes Ästhetizisten höher schlagen. Hier möchte man über Arne Jacobsens Bauhausstuhl philosophieren oder auch nur aus den »Plat-du-jour«-Gerichten auswählen. Gegenüber liegt das »Arkadasch«, ein türkischer Kurzurlaub mit typischen Speisen. Im Café »NurfürGäste« ist jeder Gast auf die nur wenigen Sonnenplätze erpicht und daher ist es im Sommer sehr voll. Es ist ein typisches Studentenbistro mit niedrigen Preisen und ausliegenden Zeitungen. Ist es der gesuchte Ort, der den alten Charme von Referatsbesprechung, Diskussion und Kaffeetrinken wiedergibt? Vielleicht liegt die Antwort in dem Yogitee, der gerade serviert wird.
Anschließend gehe ich zu einem Coffeeshop, hole mir einen Espresso Macchiato mit Zimt und lege mich auf den Rasen. Der Plastikbecher steht neben meinem Buch und ist eigentlich ganz praktisch. Vielleicht ist das das Geheimnis: In keinem Café der Welt könnte man sich ins Gras legen und in die Sonne blicken. (yk)