Hartz-IV-Klagen "Die Fieberkurve geht nach oben"

Klagen gegen Regelungen der Hartz-IV-Gesetze haben vor Gericht relativ gute Erfolgsaussichten. Bei etwa einem Drittel der Klagen wird zu Gunsten der Antragsteller entschieden.

Bundesweit sind im vergangenen Jahr etwa 50.000 Streitigkeiten um Hartz-IV-Regelungen vor Gericht gelandet. Meistens geht es dabei um die Größe von Wohnungen und Autos, die Anerkennung von Lebenspartnerschaften oder Heizkosten, so Monika Paulat, Sprecherin der 14 deutschen Landesozialgerichtspräsidenten.

Pauschale Vorgaben gehen am Individuum vorbei

In diesen Fällen gebe es bei den Richtern häufig andere Meinungen als bei den Arbeitsagenturen oder den Kommunen. "Wir schauen uns jeden Einzelfall an", sagte der Präsident des Landessozialgerichts NRW, Jürgen Brand. Beispielsweise sei eine pauschale Zuweisung eines bestimmten Betrages für Heizkosten für einen jungen Menschen in einer Neubauwohnung zumutbar, für einen älteren Menschen im Keller eines feuchten Altbaus aber nicht. "Es zeichnet sich ab, dass in vielen Punkten pauschale Vorgaben nicht möglich sind", sagte Brand. Eine bundesweit einheitliche Rechtsprechung erwartet er wegen des noch jungen Gesetzeswerks jedoch erst in zwei bis drei Jahren.

Kommunen und Arbeitsagenturen hätten in einigen Fällen wenig Verständnis für die vergleichsweise aufwendige Beweiserhebung in der Sozialgerichtsbarkeit. Vorladungen zu mündlichen Verhandlungen würden in den Amtsstuben oft als belastend empfunden. "Das ist aber bürgernah und Rechtsfrieden stiftend", sagte Monika Paulat.

Spiegelbild für die Wirtschaftssituation

Insgesamt sei die Zahl der Verfahren an Sozialgerichten, die sich neben Hartz IV auch mit Streitigkeiten um Renten oder mit Leistungen von Krankenkassen beschäftigen, stark steigend. "Die Fieberkurve geht deutlich nach oben", sagte Paulat. "Es ist ein Spiegelbild des wirtschaftlichen Zustands der Republik." Im Jahr 2005 waren bei den deutschen Sozialgerichten 310.000 Klagen eingegangen.

DPA
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