Anzeige
Anzeige

C. Tauzher: Die Pubertäterin Wie die Teenagerin das Bügeln (nicht) lernte

Schlecht gelauntes Mädchen mit Bügeleisen
"Mit 17 bin ich rechtlich noch ein Kind!" Und darf nicht bügeln?
© sergeyryzhov / Getty Images
Der Teenagerin fällt immer kurz vor knapp ein, dass ihre Arbeitskleidung noch gebügelt werden muss. Der Stress bleibt wie üblich an der Mutter hängen. Christiane Tauzher überlegt, ob es für ihre fast 18-jährige Tochter nicht an der Zeit wäre, waschen und bügeln zu lernen. Und das Schauspiel beginnt ...

Muss eine Bald-18-Jährige ihre Wäsche waschen können?
Muss sie sie auch bügeln können?
„Nein“, kreischte die Teenagerin, „ich bin erst 17. Ich bin vor dem Gesetz noch ein Kind.“

Das Kind – es kommt jeden Sonntag zum Vorschein, etwa zwei Stunden, bevor es sich auf den Weg ins Internat nach Salzburg macht.

Unschuldig fragt es:

„Hast du meine weißen Blusen gewaschen?“
„Hast du die Kochschürze gebügelt?“
„Ich brauche die Servierbluse!“

Mehr von Christiane Tauzher

"Ich sage es jetzt zum allerallerletzten Mal! Storys aus dem fast perfekten Alltag einer Mutter", von Christiane Tauzher, Goldegg Verlag, 14,95 Euro

Meistens fällt dem Kind, das die Teenagerin in Besitz nimmt, alles in letzter Minute ein. Wir wuschen mehr als einmal wichtige Teile der Schuluniform im Schnellwaschprogramm und fönten sie hinterher trocken.

Es kam auch schon vor, dass die Teenagerin „half“ und der weißen Wäsche in die Trommel einen Kugelschreiber mitgab, der sich bei 60 Grad auflöste und jede Bluse mit in den Tod riss. Konfrontiert mit den scheckigen Teilen, schlug die Teenagerin die Hände über dem Kopf zusammen und sagte: „Ach, was machen wir da jetzt“ und „vielleicht kann man die Flecken rausputzen“ und „der Kugelschreiber gehörte gar nicht mir.“ Die Wäsche war dann nicht mehr zu retten, selbst die Putzerei stieß an ihre Grenzen. Die Teenagerin musste an ihr Erspartes und war darüber erbost, da es „unfair“ sei „von einem Kind“ zu verlangen 1.) Wäsche sachgemäß (= ohne Tascheninhalt)  zu waschen und 2.) für den unverschuldet entstandenen Schaden aufkommen zu müssen.

Weiße Bluse mit Tintenflecken
Kugelschreiber in der Weißwäsche bringt der Arbeitskleidung den Tod
© Privat

 Ich fühlte mich ein bisschen schlecht und erklärte mich wieder dazu bereit, das Waschen zu übernehmen. Aber das Bügeln, das wollte ich ihr zeigen. Sie war natürlich nicht an dieser „Kinderarbeit“ interessiert, ließ sich aber dazu herab, es zu versuchen. 

Kaum hatte sie das Eisen auf den Stoff aufgesetzt, blies sie genervt die Luft aus:

„Ich kann das nicht!“
„Ich kann es auch nicht“
„Doch du kannst es. Wenn ich so alt bin wie du, kann ich es auch.“
„Wir üben es jetzt, dann kannst du es schon viel früher.“
„Da kommt überhaupt kein Dampf raus. Ich glaube, das Bügeleisen ist kaputt.“
„Aber nein, du musst hier drücken.“
„Oh Gott, jetzt kommt viel zu viel Dampf raus. Das hört überhaupt nicht mehr auf. Ich sehe die Bluse gar nicht mehr.“ (Theatralisches Husten)
„Bitte bleib da!“
„Du siehst doch, dass ich keine Luft mehr bekomme. Ich muss etwas trinken gehen.“

Ich bügelte in der Zwischenzeit das angefangene Hemd zu Ende.

Stille hatte sich über das Haus gelegt. Von der Teenagerin keine Spur.

„Hallo?!“

Ich fand sie zugedeckt im Bett.

„Ich kann nicht weiterbügeln, tut mir echt leid, aber ich muss 'Die Physiker' von Dürrenmatt für die Schule lesen. Und das ist jetzt wichtiger als Bügeln.“

Meine Mutter gab mir für die nächste Woche den Tipp, einfach gar nichts mehr zu bügeln und zu warten, was passieren würde.

Christiane Tauzher: Die Pubertäterin

Seit die Pubertät unsere Tochter, die Wombi, kurz nach ihrem 13. Geburtstag in ihre Gewalt bekommen hat, halten wir die Fenster geschlossen, damit die Nachbarn nicht die Polizei rufen. Die Pubertäterin ist laut und unberechenbar, wenn sie nicht gerade wie ein Wombat schläft oder isst – was sie zum Glück oft tut.

Die Geschichten, die ich – Journalistin, 41, aus Wien, verheiratet mit Olaf, 46 – hier erzähle, handeln natürlich nicht von der Pubertäterin in meiner Familie. Nein. Sie entspringen meiner blühenden Fantasie oder stammen aus anderen Familien. Dort geht es nämlich arg zu – in den anderen Familien ...

Das passierte: Die Teenagerin kam, kurz bevor sie das Haus in Richtung Bahnhof verlassen musste, mit drei zerknitterten Blusen zu mir. „Bitte“, sagte sie flehend und hielt mir das Bündel hin. Natürlich hätte ich jetzt „Nein“ sagen können/müssen.

Ich sagte: „Okay, aber stell mir das Bügelbrett auf und stecke die Bügelstation an.“

Sie sagte: „Ich muss in fünfzehn Minuten los.“

Drei Blusen und eine Schürze würde ich in der Zeit schon schaffen. Ich musste mich ranhalten. Ich dampfte und plättete, was das Zeug hielt.

RUUUUUUUUMS.  Das Bügelbrett, das wohl beim Aufstellen nicht eingerastet war, klappte scheppernd unter meinen Händen zusammen und die Bügeldampfstation fiel mir auf den Fuß. Dabei ergoss sich das Wasser über die eben geglättete Bluse. Mir entfuhr ein gellender Schrei.

Die Familie lief zusammen.

„Oh“, sagte die Teenagerin, „das war aber jetzt nicht meine Schuld…“

Ich warf ihr die nasse Bluse ins Gesicht.

„Im Internat gibt es eh auch ein Bügeleisen“, sagte sie beschwichtigend.

Ich zog eine Augenbraue hoch. Sie sah mich erschrocken an. Zu spät.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel