Nutzungsentgelt Kunden zahlen erstmal weiter

Dürfen Händler bei der Rückgabe einer fehlerhaften Ware eine Nutzungsgebühr verlangen? Verbraucherschützer meinten 'Nein' und klagten. Der Bundesgerichtshof verwies die Entscheidung weiter - und Käufer müssen bis zur Klärung zahlen.

Eine wichtige Frage zum Kundenschutz bei der Rückgabe fehlerhafter Waren bleibt für die deutschen Verbraucher vorerst ungeklärt. Der Bundesgerichtshof (BGH) verkündete am Mittwoch kein Urteil zu der Frage, ob der Käufer einer mangelhaften Ware bei einem viel späteren Umtauschtermin eine Nutzungsgebühr zahlen muss. Vielmehr verwies er die Entscheidung an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach Luxemburg, der jetzt am Zug ist. Fachleute gehen von mindestens einem Jahr bis zur Vorabentscheidung des EuGH aus.

Käuferin zahlte - und klagte

In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Kundin im Sommer 2002 für ihren privaten Bedarf beim Versandhaus Quelle ein "Herd-Set" zum Preis von 524,90 Euro bestellt, das auch kurze Zeit später geliefert wurde. Im Januar 2004 stellte die Kundin fest, dass sich die Emailleschicht im Backofen abgelöst hatte. Da eine Reparatur des Gerätes nicht möglich war, tauschte Quelle den Backofen noch im Januar 2004 aus. Für die Nutzung des ursprünglich gelieferten Gerätes verlangte das Versandhaus von der Käuferin allerdings die Zahlung einer Vergütung von zunächst 119,97 Euro. Dieses "Nutzungsentgelt" wurde später auf 69,70 Euro reduziert und von der Kundin auch gezahlt.

Hier grätschten die Verbraucherschützer dazwischen und klagten im Namen der Käuferin vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth auf Rückzahlung des Betrags. Für Christian Fronczak, Pressesprecher der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sind dabei zwei Dinge wichtig: "Natürlich ist es für die Klägerin wichtig, ob sie diese knapp 70 Euro zurück bekommt. Aber das ist nur eine Ebene. Genauso wichtig ist es, daraus eine generelle Unterlassung solcher Forderungen von Nutzungsentgelten abzuleiten." Denn nur dann gilt der Entscheid nicht nur für die Klägerin, sondern für alle Konsumenten.

Verbraucherschützer hoffen auf EuGH-Einsicht

Genau diese Forderung nach einer generellen Unterlassung hatte das Oberlandesgericht aber abgelehnt. Auch der VIII. Zivilsenat des BGH hatte keine Möglichkeit gesehen, die geltende gesetzliche Regelung in Deutschland durch eine entsprechende eigene Auslegung zu korrigieren. Das deutsche Recht sieht die Möglichkeit so einer Geldforderung vor, das europäische Recht nicht. Der EuGH muss jetzt die Vereinbarkeit beider Rechtsauffassungen prüfen.

In der Verkündung seines Beschlusses ließ der BGH-Senat allerdings durchblicken, dass er die Bedenken gegen den Anspruch einer Nutzungsgebühr durchaus teilt. So ist auch die Verbraucherzentrale zuversichtlich, dass der EuGH zu einer verbraucherfreundlichen Auslegung findet: "Für uns ist das auch eine Frage des gesunden Menschenverstandes," erklärt Fronczak. "Es ist doch nicht einsichtig, dass ein Verbraucher mehr als den regulären Kaufpreis zahlen muss, um eine mangelfreie Ware zu erhalten."

morgenstern

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Karin Spitra, mit Agenturen

Umtausch

Manche Geschäfte bieten ihren Kunden die Möglichkeit, gekaufte Waren innerhalb einer bestimmten Zeit - meist 14 Tage - zurückzugeben. Sie erstatten dann entweder den Kaufpreis in bar oder geben einen Gutschein über dessen Höhe aus (Beispiel: Daheim angekommen stellt man fest, dass die neue Jacke farblich doch zu nichts anderem passen. Die meisten Händler nehmen dann unbenutzte Ware zurück.). Dies ist allerdings ein freiwilliges Entgegenkommen der einzelnen Händer und kein Verbraucherrecht.

Mangel, Reklamation und Gewährleistung

Wenn eine gekaufte Ware die vorher zugesicherten Eigenschaften nicht (mehr) hat, liegt ein Mangel vor ( Beispiel: Bei einem Backofen funktionieren zwar Ober-/Unterhitze, aber nicht Umluft). Sowie der Kunde einen Mangel bemerkt, muss er ihn beim Händler reklamieren. Das ist die Voraussetzung dafür, dass der Händler den Mangel auf seine Kosten beseitigt. In den ersten sechs Monaten nach dem Kauf wird davon ausgegangen, dass ein Mangel bereits bei Übergabe der Ware vorgelegen hat. Der Händler muss dann den Mangel beseitigen, das nennt man dann Gewährleistung. Will er den Mangel nicht beseitigen, muss er dem Kunden das Gegenteil beweisen (Beispiel: In unserem Fall müsste der Händler also beweisen, dass der Backofen beim Verkauf noch voll funktionsfähig war und ihn erst der Kunde kaputt gemacht hat). Dies kommt aber sehr selten vor. Die Gewährleistung ist übrigens nur bei einem Verkauf an "Verbraucher", also Privatpersonen, gesetzlich vorgeschrieben.

Beweislastumkehr

Sind mehr als sechs Monate nach dem Kauf vergangen, greift die Beweislastumkehr: Im Zeitraum von sieben bis 24 Monaten nach dem Kauf muss jetzt der Käufer glaubhaft machen, dass der Mangel bereits bei Übergabe der Ware vorhanden war - oder auf ein Entgegenkommen des Händlers hoffen. Bei gebrauchten Waren kann dieser Zeitraum sogar auf 12 Monate verkürzt werden.

Garantie

Jeder Hersteller einer Ware kann eine Garantie gewähren. Dies ist allerdings eine freiwillige Leistung und die Bedingungen sind weitgehend frei gestaltbar. Hier regelt die beim Kauf ausgehändigte Garantieurkunde die genauen Bedingungen.

Nacherfüllung

Zur Beseitigung eines Mangels kann der Händler versuchen, den Mangel zu beseitigen. Die Ware darf danach aber nicht repariert aussehen. Scheitert der erste Reparaturversuch darf der Händler noch einen zweiten Versuch machen. Dabei werden verschiedenartige Mängel an der gleichen Ware separat gezählt (Beispiel: Beim Backofen ist nicht nur die Umluftfunktion kaputt, sondern auch die Unterhitze. Dann hat der Händler zwei Versuche, um die Unterhitze zu reparieren und nochmal zwei Versuche um die Umluft ans Laufen zu bekommen).

Rücktritt

Erst wenn ein Mangel vom Händler nicht durch fachgerechte Reparatur oder einen Austausch beseitigt werden kann, darf der Käufer vom Vertrag zurücktreten und sein Geld zurückverlangen. Hier darf der Händler nach geltender Rechtslage allerdings einen Nutzungsabschlag für den bisherigen Gebrauch der Ware verlangen.

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