Beim Stöckchenholen denken die meisten Menschen sicher an eine Hundewiese im Park, auf der Bello eifrig einem Stöckchen oder Ball hinterherläuft und auf Kommando bei Frauchen abliefert. Doch auch Katzen können apportieren – und das ganz ohne mühevolles Training. Das haben Jemma Forman und ihr Team von der University of Sussex herausgefunden. Die Ergebnisse haben sie im Fachmagazin "Scientific Reports" veröffentlicht.
Das Apportieren läuft bei Katzen jedoch etwas anders ab als bei Hunden. Katzen denken erst gar nicht daran, schnöde Befehle des Menschen auszuführen. Und würden sich auch nicht wie ein Hund dazu zwingen lassen, einen Ball zu apportieren. Nein, im Regelfall legen die Samtpfoten selbst fest, welches Spielzeug sie von A nach B tragen und welche Person mit ihnen spielen darf. Manch eine Katze nutzt auch verschiedene Gegenstände für unterschiedliche Menschen.
Katzen spielen mit ihren Besitzern und nicht umgekehrt
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Katzen dieses Verhalten diktieren, um direkt zu beeinflussen, wie ihre menschlichen Besitzer darauf reagieren", sagte Jemma Forman, Hauptautorin der Studie, gegenüber der Northumbria University. Insgesamt wurden für die Studie 924 Katzenbesitzer:innen von 1154 Katzen befragt, um das Apportierverhalten bei kleinen Samtpfötchen besser zu verstehen. Die meisten Katzen haben das Apportierverhalten bereits als Kitten oder in jungen Katzenjahren gezeigt. Und sie haben es sich offenbar auch nicht bei Hunden abgeschaut – die meisten Stöckchenspieler unter den Katzen leben nicht mit einem Hund zusammen. Bei 94 Prozent der Katzen scheint das Apportieren einfach ihr instinktives Verhalten zu sein.
Doch nicht jeder Gegenstand eignet sich aus Katzensicht für das Apportierspiel. Die überwältigende Mehrheit der Stubentiger trägt gerne eines ihrer Spielzeuge von A nach B, gefolgt von kugelförmigen Gegenständen wie Christbaumkugeln oder zerknülltem Papier und Kosmetika. Nicht nur die Form ist für manch eine Katze entscheidend, auch die Größe. So beschreibt es ein Katzenbesitzer im Fragebogen: "Die Größe des Pompons ist wichtig. Ich habe ihr einen größeren Pompon gekauft, und sie hat ihn abgelehnt. Zudem habe ich ungefähr gleich große andere Gegenstände ausprobiert – aber auch diese wollte sie nicht."
Apportierspiel: Katzen wollen die Kontrolle haben
Manchmal kann ein Spiel für die Besitzerin auch überraschend beginnen: "Beim Öffnen einer Zeitung rutschte das Gummiband ab und flog den Flur entlang. Waldo verfolgte es, brachte es zurück und ließ es vor meine Füße fallen. Ich 'schoss' es noch einmal, und wieder holte er es." Studienautorin Jemma Forman möchte Katzenbesitzer:innen dazu animieren, dass sie auf die Spielvorlieben ihrer Katze(n) eingehen. Dumm nur, wenn die eigene Samtpfote eine regelrechte Obsession entwickelt: "Ich denke, dass mein Kater besessen vom Apportieren ist. Mitten in der Nacht lässt er Spielzeug auf mein Gesicht fallen. Ich möchte das nicht fördern, denn ich schätze meinen Schlaf!"
Je nach Katze sieht das Apportieren auch etwas anders aus: Manche bringen den Gegenstand zu Frauchen oder Herrchen zurück, andere nur die halbe Strecke und manche lassen es auch in immer größerer Entfernung zu ihrem Menschen fallen. Auch wann das Spiel startet und wann es aufzuhören hat, bestimmen in der Regel die Samtpfoten. Katzenbesitzer:innen schildern in der Studie auch, dass die Katzen häufiger und länger apportieren spielen, wenn sie es selbst initiieren, und nicht ihre Menschen. "Dieses Gefühl der Kontrolle aus Sicht der Katze kann sich positiv auf das Wohlbefinden der Katze auswirken und die Beziehung zwischen Mensch und Tier stärken", sagte Jemma Forman. Nicht jede Katze habe Spaß am Apportieren, und jene, die es tun, machen es auf ihre ganz eigene Weise, so die Forscherin weiter.
Das eher untypisch scheinende Verhalten für Katzen wird ihnen offenbar in die Wiege gelegt. Aber eine Katze, die ihr Bällchen auf Kommando zu ihrem Frauchen bringt, dürfte trotzdem eher an ein Wunder grenzen – schließlich möchte der Stubentiger, dass der Mensch auf sein Kommando reagiert.