"Hol' mir mal 'ne Flasche Bier, sonst streik' ich hier" – Worte eines Ex-Bundeskanzlers, rund 20 Jahre ist das her. Noch heute spricht Gerhard Schröder vielen Deutschen mit diesem Satz wohl aus der Seele, zumindest legen das die Zahlen der Brewers of Europe nahe. Allein 2021 wurden hierzulande demnach rund 76.300 Hektoliter Bier getrunken, so viel wie nirgendwo anders in Europa. Die Deutschen ohne ihr Bier? Wie ein Zebra ohne seine Streifen. In diesem Jahr müssen sich aber einige wohl ein neues Lieblingsgetränk suchen, denn die Bierpreise gehen durch die Decke. Dieser Sommer, er könnte der "teuerste Biergarten-Sommer aller Zeiten" werden.
Das zumindest erwartet der Vize-Verbandschef vom Brauereiverband Berlin-Brandenburg, Stefan Fritsche. Gegenüber der "Bild"-Zeitung sprach er davon, dass Verbraucher:innen schon jetzt Preise zahlten, die vor wenigen Monaten niemand für möglich gehalten hätte – vor allem "beim Fassbier in Biergärten, Kneipen und Restaurants". Dass die Bierpreise steigen, ist nicht neu. Schon in den Vorjahren war ein Preisanstieg zu verzeichnen gewesen. Vom Jahr 2020 zu 2021 stieg der Bierpreis laut Statista um 1,52 Prozent, von 2021 zu 2022 um 5,6 Prozent. Dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange sein würde, zeichnete sich ab. Die Statistik des monatlichen Verbraucherpreisindex für Bier in Deutschland zeigt eine steile Kurve. Demnach sind die Preise seit 2020 um 15,8 Prozent gestiegen.
Bierproduktion ist teurer geworden
"Wir arbeiten seit nunmehr fast drei Jahren in einem permanenten Krisenmodus", klagte der Hauptgeschäftsführer des deutschen Brauer-Bundes Anfang des Jahres. Das Elend der Brauer begann mit der Corona-Pandemie. Durch Lockdown und weitere Pandemie-Maßnahmen kollabierte der wirtschaftlich für die Brauereien wichtige Fassbiermarkt. Bier im Millionenwert verfiel und musste vernichtet werden. An die Coronakrise knüpfte der Ukrainekrieg samt Energiekrise an, durch welche sich die Produktion stark verteuerte. Aber nicht nur die.
Alles sei teurer geworden, der Deutsche Brauer-Bund rechnete vor: Kronkorken kosteten das Doppelte, Kohlensäure sei um 90 Prozent teurer, Etiketten um 30 Prozent, der Hopfenpreis sei um 35 Prozent gestiegen, bei Braumalz wären Aufschläge von 90 Prozent fällig, und auch das Neuglas für Flaschen sei um 70 Prozent teurer. "Würden wir Brauer alles an unsere Kunden weitergeben, sind wir im Gastrobereich bis Ende des Jahres wahrscheinlich bei 7,50 Euro für den halben Liter Bier", hatte Fritsche im Januar im Gespräch mit "RTL" prognostiziert – und daneben gelegen.
Rettet der höhere Preis die Brauereien?
Denn schon jetzt sei ein Preis jenseits der fünf Euro für den halben Liter Fassbier vielerorts "Standard" und auch der noch zu Jahresbeginn als "utopisch" geltende Bierpreis von 7,50 Euro für den halben Liter sei in ersten Schankbetrieben bereits durchbrochen, so Fritsche. Er zeigt sich über den Bierpreisanstieg "erleichtert". Vor allem Regionalbrauereien seien darauf angewiesen, um die stark gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe und höhere Löhne abzufedern.
Er sehe nun "die Chancen, dass wir damit die bunte Vielfalt der deutschen Brautradition doch noch bewahren können", sagte der Verbands-Vizechef. Ob die Verbraucher:innen den Preisanstieg mitgehen können oder wollen, oder in dieser Biergartensaison eher Apfelsaftschorle statt Bier in Strömen fließen wird, bleibt indes abzuwarten.
Quelle: Statista 1, Statista 2, RTL, mit Agenturmaterial