Hohe Mauern, Stacheldraht und jede Menge Sicherheitsschleusen säumen den Weg, den Heiko Zimmat täglich zu seinem Arbeitsplatz zurücklegen muss. Daran habe er sich erst gewöhnen müssen, dennoch habe er den Jobwechsel noch keinen Moment bereut, sagt er. Denn seit dem 1. November herrscht der 52-Jährige statt über die Küche des Vitalia Seehotels in Bad Segeberg über die neue Lehrküche der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lübeck. Hier will er Gefangenen die Grundlagen des Kochens beibringen - leichte Küche für schwere Jungs sozusagen. Das Interesse ist offenbar groß. "Es gibt bereits die ersten Bewerbungen, obwohl der Ausbildungsbetrieb offiziell noch gar nicht begonnen hat", sagt Zimmat.
Bei der Ausstattung kann sich die Lehrküche der JVA durchaus mit der Küche eines Spitzenrestaurants messen. Neben Gasherd und Backofen gibt es Dampfgarer, einen Induktionsgrill und eine Kippbratpfanne für knusprige Bratkartoffeln. "In dieser Küche könnte man locker ein Sterne-Menü zubereiten", sagt Zimmat.
Schlechtes Essen macht schlechte Stimmung
Stattdessen werden hier demnächst bis zu acht Gefangene eine gastronomische Grundausbildung erhalten. Die umfasst neben der Zubereitung von Speisen auch Warenannahme und ordnungsgemäße Lagerung von Lebensmitteln, Hygienevorschriften sowie den richtigen Umgang mit gefährlichen Werkzeugen. Eine vollwertige Ausbildung zum Koch sei aber nur in der JVA Neumünster möglich, sagt Alfred Nowak, der die Anstaltsküche der Lübecker JVA leitet.
"Gerade im Strafvollzug ist die Verpflegung ein wichtiges Thema", sagt Nowak. "Wenn den Gefangenen das Essen nicht schmeckt, entsteht schnell schlechte Stimmung." Dabei müssten nicht nur religiöse Vorschriften beachtet werden. "Immer häufiger kommt auch der Wunsch nach vegetarischen und veganen veganen Gerichten auf", sagt Nowak.
Besondere Sicherheitsmaßnahmen
Zu den Fertigkeiten, die die Lehrgangsteilnehmer bei Zimmat lernen, gehören auch das Tischdecken, das Anrichten und Servieren der Speisen. "Neulich haben wir auch Plätzchen gebacken", sagt er und zeigt stolz auf die Mürbeteigkekse in Form des Lübecker Holstentores in der Adventsdekoration. "Ich will den Gefangenen eine Grundausbildung mitgeben, die ihnen nach der Haftentlassung einen Einstieg in einen gastronomischen Beruf ermöglicht", sagt Zimmat.
Doch nicht nur jeder Kochschüler, sondern auch der Ausbilder muss dazulernen - nämlich in Sachen Sicherheit. So werden Messer nur gegen Quittung ausgegeben und während der Benutzung am jeweiligen Arbeitsplatz angekettet. "Hefe als Grundstoff für die Herstellung von Alkohol und Pfeffer als potenzielle Waffe muss ich nach jeder Benutzung in einem Stahlschrank einschließen. Daran musste ich mich erst gewöhnen", sagt Zimmat.
Der Reiz des Neuen
Dennoch bereue er seinen Wechsel aus der Spitzengastronomie in die JVA nicht. "Es reizt mich, hier was ganz Neues aufbauen zu können. Außerdem gebe ich mein Fachwissen gerne an junge Menschen weiter", beschreibt er seine Motivation zum Jobwechsel. Außerdem haben wegen des Fachkräftemangels in der Gastronomie Köche und Küchenhelfer gute Chancen, nach der Haftentlassung einen Job zu finden, sagt der Chef der Lehrküche.
So ganz nebenbei hofft er auch, den Speiseplan der JVA in Richtung regionaler Produkte zu verändern. Fürs nächste Jahr hat er schon mal Gemüsebeete und einen Kräutergarten auf dem JVA-Gelände geplant.