Caramba, der schlafende Riese ist erwacht! Spanien ist der Rebfläche nach das größte Weinbauland der Welt, und die Winzer zeigen, dass sie mehr können, als altbackene, bräunliche Weine zu machen. Heute liefert das Land verführerische, fruchtige Rote und beansprucht auch beim Wein einen Spitzenplatz, wie ihn Spanien in Film, Gastronomie und Architektur schon erobert hat. Es kommt einem kleinen Wunder gleich, wie sich das Land weintechnisch von der Steinzeit der Franco-Diktatur ins 21. Jahrhundert katapultiert hat. Das verdanken die Bodegas modernster Weinbergs- und Kellertechnik, vor allem aber dem Vertrauen auf die Rebsorte Tempranillo. Eine verführerische Traube, geheimnisvoll und stark. Sie steckt in all den berühmten Rotweinen von Rioja und Navarra und so auch in unserem Ribera del Duero 2002.
Dieses Weinbaugebiet, die Denominación de Origen (DO) Ribera del Duero, liegt etwa 130 Kilometer nördlich von Madrid. Es ist der absolute Shootingstar Spaniens und fordert den Platzhirsch Rioja heraus. Kein Wunder, denn die Natur meint es gut mit diesem Fleckchen Erde: In dem weiträumigen Taleinschnitt, den der Fluss Duero geschaffen hat, findet der Weinbau in 700 bis 850 Meter Höhe ideale Bedingungen vor. Im Sommer wird dem Tempranillo dort knuffig warm (er heißt hier "Tinto del Pa’s"), im Herbst aber werden die Nächte schön kühl, das fördert Frucht und Aroma. Flaggschiffe der aufstrebenden Region sind die legendären Weingüter Pesquera, Pingus und Vega Sicilia.
Früher gab's nur Rioja . . .
. . . heute hat das spanische Gebiet Ribera del Duero gleichgezogen. Entdecken Sie eine aufregende Weinregion!
Und was bedeutet "Crianza"? Das ist ein Begriff, der in Spanien die Lagerzeit von Rotweinen in Holzfässern definiert. Im Ribera del Duero muss eine Crianza mindestens ein Jahr in Eichenfässern gelagert sein und darf erst zwei Jahre nach der Ernte verkauft werden. Eine "Reserva" muss auch mindestens ein Jahr im Holz liegen, darf aber erst nach drei Jahren vermarktet werden. "Gran Reserva": zwei Jahre im Fass, Verkauf nach fünf Jahren. Und dann gibt es noch den "Tinto", das ist ein junger Bursche ohne Fasslagerung.
Das Weingut "Marques de Velilla" gehört mit 139 Hektar Rebfläche zu den großen Betrieben am Duero. Zum günstigen Zeitpunkt haben seine Besitzer in die aufstrebende Weinregion investiert, jede Menge Reben gepflanzt, Barriques aus süßlicher Ohio-Eiche angeschafft und einen Wein konzipiert, der es geschmacklich und preislich mit den anderen Newcomern aufnehmen kann. Alle diese Typen locken die Nase mit einem verführerischen Schleier aus Vanille, Röstaromen, Eichenholz und dem üblichen Waldbeerenmix.
Unsere Crianza ist kein extremer Freak-Wein für Exzentriker, sondern ein gefälliger Mainstream-Wein für den globalen Gaumen. Er riecht dick, schmeckt aber anders: Im Mund bäumt er sich nur für kurze Zeit auf, die Säure kitzelt den Gaumen, und dann macht er sich ziemlich schnell dünn. Auf der Zunge bleibt zurück, was ihn auch am Anfang zierte: ein Hauch von Eichenholz aus Amerika. Und dazu passt ein dickes, saftig gebratenes T-Bone-Steak.