Die französiche Kleinanzeigen-Plattform Vivastreet wird in Großbritannien missbraucht, um Sexarbeiterinnen und Frauen aus dem Menschenhandel ihren Freiern anzubieten. Das fand das Reportage-Team der Sendung "Panorama" des BBC heraus.
Prostitution ist legal
Auf Vivastreet gibt es Kleinanzeigen, die neben gebrauchten Autos, Haushaltswaren und Möbel auch "Erwachsen-Services" anbieten. Hier können Sexarbeiter:innen für 50 Pfund die Woche (umgerechnet circa 58 Euro) ihre Dienstleistungen anbieten. Prostitution ist in Großbritannien legal – allerdings nur, wenn die Frauen aus freien Stücken arbeiten. Das "Panorama"-Team hat nach seinen Recherchen allerdings allen Grund zur Annahme, dass Zuhälter hier Frauen wie Ware vertreiben.
Die Reporter gingen einigen Anzeigen nach und fanden haarsträubende Zustände vor. Eine Frau stand in einem dreckigen Hotelzimmer neben einem Mann, der angeblich ihr Freund sei. Dieser wollte 180 Pfund (210 Euro) die Stunde für "Küssen, Massage und Sex in verschiedenen Stellungen". Eine andere auf Vivastreet gelistete Nummer führte einen der Reporter zu einem Bordell, in dem Frauen für 250 Pfund (290 Euro) "alles" anboten. Generell fand das Team viele Anzeigen, die zu wenigen Nummern führten. Dies ließ sie darauf schließen, dass einzelne Personen mit Frauen handelten.
Eigene Kundenbetreuer für Zuhälter
In der Vergangenheit gab es bereits zahlreiche strafrechtliche Verfolgungen wegen Zuhälterei und Sexhandel, an denen Personen beteiligt waren, die auf Vivastreet Frauen anboten. Im Jahr 2017 gab ein Mann 25.000 Pfund (29.000 Euro) für Sex-Anzeigen auf Vivastreet aus. Die Website stellte ihm sogar seinen eigenen persönlichen Kundenbetreuer zur Verfügung.

Panorama verfolgte zudem einen Mann aus Nordirland, der mindestens drei Bordelle in Belfast betrieb und die Frauen auf Vivastreet anbot. Die Reporter beobachteten ihn, wie er drei verschiedene Frauen vom Flughafen abholte und zu seinen Bordellen brachte. Die gesammelten Beweise legten den Schluss nahe, dass er mit Frauen handelte und diese auch auf Vivastreet anbot.
"Paradies für Zuhälter"
Diana Johnson, Vorsitzende der parteiübergreifenden parlamentarischen Gruppe gegen kommerzielle sexuelle Ausbeutung, sagte in der Sendung, es sei an der Zeit, härter gegen Websites vorzugehen, die Sex zum Verkauf anbieten. "Derzeit sind wir in Großbritannien ein Paradies für Zuhälter", sagte die Labour-Abgeordnete und ergänzte: "Unsere Gesetze in diesem Land sind nicht mehr zeitgemäß."

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Vivastreet schult seine Mitarbeitenden
Vivastreet äußerte sich zu den Vorfällen und sagte, die Mitarbeitenden meldeten verdächtige Inhalte proaktiv an die Polizeibehörden im ganzen Land und helfe auch bei der Strafverfolgung. "Wir nehmen alle Anschuldigungen der Ausbeutung sehr ernst und haben eine Reihe von strengen Maßnahmen, um Kriminalität zu erkennen, Nutzer zu entfernen und sie zu sperren, wenn diese als hohes Risiko eingestuft werden", sagte ein Sprecher von Vivastreet in der Reportage. Allein in diesem Jahr sollen mehr als 29.000 Anzeigen rundweg abgelehnt und nicht auf der Website zugelassen worden sein.
So soll Vivastreet seine Mitarbeitenden entsprechend schulen, damit diese Zuhälterei und Menschenhandel direkt erkennen und darauf reagieren können. Zudem arbeite die Plattform mit der National Crime Agency und dem Innenministerium zusammen, um einen branchenweiten Lösungen zu finden, wie Ausbeutung und Menschenhandel verhindert werden kann.
Quelle: BBC