"Lagebild Antisemitismus" Holocaust-Verharmlosung und Schmierereien: Stiftung kritisiert Angriffe auf Erinnerungskultur

Antisemitismus: Unbekannte haben in der Gedenkstätte Ahlem volksverhetzende Aufkleber aufgebracht
Unbekannte haben in der Gedenkstätte Ahlem volksverhetzende Aufkleber aufgebracht. Beispiele wie diese führte die Amadeu Antonio Stiftung in ihrem Lagebild Antisemitismus an
© Gedenkstätte Ahlem / DPA
In ihrem "Lagebild Antisemitismus" kritisiert die Amadeu Antonio Stiftung unter anderem die rechtsextremistische Leugnung des Holocaust, Angriffe auf Gedenkorte sowie israelbezogenen Antisemitismus.

Die Amadeu Antonio Stiftung prangert vor dem Hintergrund eines zunehmenden Antisemitismus auch vermehrte Angriffe auf die Erinnerungskultur an den Nationalsozialismus an. "Die extreme Rechte greift die Erinnerung seit Jahrzehnten an", heißt es in dem am Dienstag in Berlin vorgestellten 12. Lagebild Antisemitismus der Stiftung. Die Rechte setze die Angriffe "im Windschatten der Verherrlichung des Terrors gegen Israel" fort. Linke und pro-palästinensische Milieus stimmten ebenfalls ein.

Die Stiftung sieht in pro-palästinensischen Demonstrationen hierzulande, in denen der Hamas-Großangriff auf Israel bejubelt wurde, Vorfälle, "wie das Gedenken an den Nationalsozialismus angegriffen wird, um gegen den Staat Israel zu agitieren". Im Lagebild heißt es dazu weiter: "Israelbezogener Antisemitismus und Post-Shoah-Antisemitismus gehen oft Hand in Hand."

Antisemitismus auf pro-palästinensischen Protesten

Als Beispiel wird eine pro-palästinensische Demonstration am 15. Oktober in Frankfurt am Main angeführt. Dort trug eine Teilnehmerin demnach ein Schild mit der Aufschrift "One Holocaust does not justify another".

Aus gutem Grund sei der Blick auf die islamistischen und linken Gruppierungen gerichtet, "die den Hamas-Terror verherrlichen und eine Grundlage für weitere antisemitische Vorfälle in Deutschland schaffen", heißt es in dem Bericht. Doch die extreme Rechte setze ihre Angriffe auf die NS-Erinnerung allerdings ebenfalls fort.

So seien in der Gedenkstätte Ahlem in Hannover Ende Oktober mehrere Gedenktafeln mit Aufklebern und Slogans darauf wie "Befreie dich vom Schuldkult" und "Free Palestine End Israeli Occupation" überklebt worden. Das Lagebild führt zudem einen Aufkleber der Neonazi-Gruppierung Junge Nationalisten auf, der demnach eine blutige Israel-Fahne mit der Parole "Israel mordet und die Welt schaut zu" zeigt.

Antisemitismus: "Die Bedrohung existiert leise, manchmal wird sie sehr laut – so wie jetzt"
Im zweiten Teil der Videoserie erzählen drei Juden und Jüdinnen, wie sie der Angriff der Hamas vor drei Wochen geprägt hat und mit wie viel Antisemitismus sie bereits konfrontiert wurden.
Antisemitismus in Deutschland: "Die Bedrohung existiert leise, manchmal wird sie sehr laut – so wie jetzt"

Die Vorfälle demonstrierten exemplarisch, "wie Antisemitismus für eine Demontage der Erinnerungskultur genutzt wird", schreiben die Autorinnen und Autoren des Berichts. "Jede Art von Antisemitismus in diesem Land bringt auch einen Ruf nach einem Schlussstrich mit sich."

Die Stiftung setzt sich seit 1998 gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus ein. Noch diese Woche finden die von ihr organisierten Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus statt. Die dazugehörige Plakatkampagne ist in über 80 Städten und mehr als tausend Standorten bundesweit zu sehen.

AFP
mkb