Detlef Eichmann Der einsame Wächter

Sein Revier ist 17 Kilometer lang und 500 Meter breit. Polizeikommissar Detlef Eichmann wacht in seiner Ein-Mann-Station über die 1700 Bewohner der Nordsee-Insel Juist - und muss rund um die Uhr erreichbar sein.

Ein Mann steht mit seinem Fahrrad einsam auf dem Deich. Ein kräftiger Windstoß haut ihn fast um. Es ist der erste richtige Sturm, den Detlef Eichmann (50) auf einer Insel erlebt. Für die Bewohner von Juist ist er "der Neue": Der Polizeikommissar hat vor wenigen Tagen die Ein-Mann-Station auf der Nordsee-Insel übernommen. Sein Revier ist 17 Kilometer lang und nur 500 Meter breit. Für den Beamten, der auf dem Festland im niedersächsischen Tarmstedt viele Jahre Verkehrspolizist war, ist alles ungewohnt. Juist ist eine Sandbank. Und auf der Insel fahren nur Pferdefuhrwerke. Autos sind nicht erlaubt - auch nicht für die Polizei.

"Die Straßenverkehrsordnung ist hier nur Nebensache", hat Eichmann von seinem Vorgänger Thorsten Döring (40) erfahren. Der Oberkommissar war zwei Jahre lang Polizist auf Juist. Jetzt ließ er sich auf das Festland nach Cloppenburg (Niedersachsen) zurückversetzen.

"Insel mit eigenen Gesetzen"

"Das hier ist eine Insel mit eigenen Gesetzen", sagt er. Der Beamte zeigt auf ein Handbuch mit Paragrafen zum niedersächsischen Wattenschutzgesetz. Juist, auch Töwerland genannt, ist Teil des Nationalparks Wattenmeer. Die Verstöße auf der Insel gegen die Bestimmungen seien teilweise schon enorm, erklärt Döring. Die Leute störten die Vögel beim Brüten oder durchquerten Gebiete, die für die Öffentlichkeit abgesperrt sind. So etwas sei dann ein Fall für den Insel-Polizisten. Auch sein Nachfolger müsse hellwach sein. Eichmann hat deshalb das Wattenschutzgesetz schon gründlich studiert.

Auch "der Neue" wohnt in der Polizeistation. Vorne befindet sich das Dienstzimmer, hinten die Wohnung. Der Ein-Mann-Posten muss für die 1700 Bewohner auf Juist rund um die Uhr erreichbar sein. Das Dienstfahrzeug ist ein grünes Fahrrad. Im Sommer, wenn tausende Touristen die Insel bevölkern, kommt vom Festland Verstärkung: Zwei weitere Kollegen laufen dann am Strand Streife.

Die meiste Zeit des Jahres ist der Insel-Polizist jedoch auf sich allein gestellt. Manchmal ist allerdings die Kripo erforderlich. Sie wird per Funk herbeigerufen. Ein Flugzeug aus Norden oder Aurich bringt sie her. Auch spannende Fälle gibt es hin und wieder auf Juist: Döring erzählt, dass er schon mal eine ganze Hanfplantage entdeckt hat. Und auch einen Serienbrandstifter hat er schon verfolgt.

Verbindendes Wasser

"Der Neue" wird auf Juist also dringend gebraucht. Jetzt im Winter, wenn die Stürme toben, ist am Strand, im Watt und zwischen den Häusern glücklicherweise nicht so viel los. "Ich bin froh, dass ich erst einmal Zeit habe, die Insel mit ihren Eigenarten kennen zu lernen", sagt Eichmann. Mit den Menschen will er schnell in Kontakt kommen. Den Bootsschein hat er schon gemacht. Das Wasser verbindet die Einwohner auf Juist miteinander. Und ein Polizist, der privat Boot fährt, kommt bei den Insulanern immer gut an.

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Christian Mahnken/DPA