Neue Kritik an Mathias Döpfner: Der Axel-Springer-Chef war der Hinweisgeber für zahlreiche "Bild"-Artikel im Frühjahr 2020 über Adidas – und das Blatt verschwieg dabei ein mögliches Eigeninteresse Döpfners. Das berichtet die "Financial Times" (FT). Springer bestätigt den Vorgang in einer Stellungnahme, die dem stern vorliegt, nennt die Vorwürfe aber "absurd".
Der Sportartikelhersteller wollte sich damals weigern, wie mehrere Unternehmen, seine Ladenmieten während des sogenannten Shutdowns weiter zu bezahlen. Die "Bild" berichtete als erstes darüber und insgesamt mehr als 20 Texte folgten, das Blatt sprach von der großen "Adidas-Blamage". Andere Medien, auch der stern, berichteten ebenfalls. Es gab breite Kritik aus Politik und Medien, ein Abgeordneter zündete öffentlichkeitswirksam ein Adidas-Trikot an. Die Firma bat letztlich um Entschuldigung und zahlte die Mieten.
Das Heikle an der Geschichte: Döpfner war, wie bislang nicht bekannt war und die "FT" nun herausfand, wohl selbst von der Entscheidung von Adidas betroffen. Mit mehreren Partnern besaß er ein Gebäude in Berlin, in dem auch der Sportartikelhersteller eine Ladenfläche gemietet hatte.
"Bild" legte Eigeninteresse von Döpfner nicht offen
Im Verhaltenskodex des Verlags heißt es: "Jeder bei Axel Springer achtet darauf, persönliche und private Interessen von denen des Unternehmens zu trennen." Mögliche Interessenskonflikte sollten frühzeitig offengelegt und das weitere Vorgehen mit Vorgesetzten oder der Compliance-Abteilung abgestimmt werden.
Offengelegt wurde dieses zumindest potenzielle Eigeninteresse des Verlegers von der "Bild" selbst nicht.
Springer bestreitet nicht, dass der Hinweis an den damaligen "Bild"-Chef Julian Reichelt von Döpfner kam, nennt die Vorwürfe ihm gegenüber aber in der Stellungnahme "absurd". Döpfner habe die Information weitergegeben, weil er "sofort wusste, dass es sich um eine Angelegenheit von überragendem öffentlichem Interesse handelt". Dies würde er heute genau so wieder tun.
Seine persönliche Verbindung zu dem Ladengeschäft habe er gegenüber Reichelt offengelegt. Döpfner als Quelle der Story zu nennen, sei aber "absolut unangemessen" gewesen. Außerdem habe die Berichterstattung "nicht nur eine einzige Filiale in Berlin" betroffen, sondern möglicherweise Tausende Adidas-Läden weltweit. Döpfner habe "völlig im Einklang mit unseren Richtlinien" gehandelt, so Springer.
Auf stern-Anfrage teilt ein Springer-Sprecher außerdem mit, dass das betreffende Adidas-Geschäft in Berlin zum damaligen Zeitpunkt bereits geschlossen gewesen sei. Auch wenn der Mietvertrag noch lief, hätte das Gesetz zur Nichtzahlung von Ladenmieten dort gar keine Anwendung finden können. Daher sei es umso absurder, Döpfner ein Eigeninteresse zu unterstellen.

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Auch Ex-"Bild"-Chef Reichelt wird von der "FT" zitiert. Er rede grundsätzlich nicht über Quellen, habe sich aber selbst dazu entschlossen, die Story zu veröffentlichen.
Döpfner war gerade erst in den Schlagzeilen
Döpfner war erst vor wenigen Tagen in die Kritik geraten, als eine Mail von ihm an einige Mitarbeiter auftauchte, in der er sich mitten im US-Wahlkampf lobend zu US-Präsident Donald Trump geäußert und, wie er sagt "ironisch", dazu aufgerufen hatte, für Trumps Wiederwahl zu beten. Trump selbst reagierte auf den Bericht und bedankte sich dafür via Truth Social bei Döpfner. Eine Pressesprecherin von Springer sagte gegenüber dem stern, es sei "Quatsch", Döpfner im Trump-Lager zu verorten.
Quellen: "Financial Times", "Businesslend.com", Turi2