Amoklauf in Hamburg Vertuschung statt Fehlerkultur bei der Hamburger Polizei

Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer 
Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer 
© Marcus Brandt / Picture Alliance
Gut, dass Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer nur noch wenige Monate bis zur Pensionierung hat. Er ist kein Polizeipräsident, der Aufklärung und Fehlerkultur ernst nimmt. 

Der Umgang der Hamburger Polizei mit den Versäumnissen im Vorfeld des Amoklaufes erinnert an das Märchen: "Des Kaisers neue Kleider" von Hans Christian Andersen. Am Hofe des Kaisers erscheinen zwei Schneider, die behaupten, sie könnten einzigartige Kleider fertigen. Für viel Geld, diese Kleider seien aber nur für kluge Leute sichtbar, die ihres Amtes würdig seien. Der Kaiser schlägt ein, tritt nackt vors Volk, überzeugt, er trage eben ganz besondere Kleider. Die Leute bewundern "des Kaisers neue Kleider", will ja schließlich niemand als Dummkopf dastehen. Bis ein Kind kommt und ruft: "Aber er hat doch gar nichts an." Und alle merken: Der Kaiser ist ja in Wirklichkeit nackt.

Das ist selbstverständlich eine Verharmlosung des Holocausts

Es ist bemerkenswert, nein beschämend, dass ausgerechnet zwei Bürgerschaftsabgeordnete mit Migrationshintergrund im Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft das aussprechen, was schwarz auf weiß im Buch von Philipp F. nachzulesen ist: Er verharmlost den Holocaust als nicht von Menschen gemacht. Er stellt den Massenmord als etwas Überirdisches hin, nicht von Menschen gewollt, die nur Opfer göttliche Mächte sind. Und das soll, weil Amokläufer Philipp F. darüber hinaus wirre religiöse Ideen in seinem Buch geäußert hat, kein rechtes Gedankengut sein? Das ist selbstverständlich eine Verharmlosung des Holocausts. Und es ist antisemitisch.

Man fragt sich, wie Peter Neumann, der als Terrorismusforscher sicher nicht umsonst so ein gefragter Experte ist, einen solchen Unsinn vertreten kann. Gutachter Neumann war Mitglied in Armin Laschets "Zukunftsteam". Zusammen mit dem Innenpolitiker Wolfgang Bosbach (CDU) sollte er sich um die Sicherheit in Deutschland kümmern.  "Grundsätzlich theoretisch bin ich bereit, Verantwortung zu übernehmen", sagte er laut Westdeutschen Rundfunks und verriet damit offenbar politische Ambitionen. Wie unabhängig ist ein Gutachter, der womöglich ein politisches Amt anstrebt? Und warum darf ein Polizeipräsident, der unter Beschuss steht, sich einen Gutachter aussuchen? Und dann will er nicht verraten, was der gekostet hat. Riskiert einen unnötigen Prozess. 

Wie gut, dass Meyer nur noch wenige Monate bis zur Pensionierung hat. Er ist kein Polizeipräsident, der Aufklärung und Fehlerkultur ernst nimmt. Das wäre er aber den Toten, den Angehörigen und den Bürgern und Bürgerinnen schuldig. 

Hätten die Polizisten sich das Buch, das voller fragwürdiger Passagen ist, die am Geisteszustand des Autors zweifeln lassen, angesehen, hätten sie Philipp F. auffordern können, sich begutachten zu lassen. Fraglich, ob der Amoklauf so verhindert worden wäre. Immerhin wäre er gewarnt gewesen und hätte Zeit gehabt. Fakt ist aber: Die Hamburger Polizei hat es nicht mal versucht. Das aber wäre ihr Job gewesen. Und den hat sie nicht gemacht.