Es gibt sie schon länger - Forderungen nach einem Rücktritt Papst Johannes Pauls II. Bislang hat der 84-Jährige dieses Ansinnen allerdings kategorisch abgelehnt. Angesichts seines Gesundheitszustands werden die Rufe nach einem Rückzug des Kirchenoberhauptes vom Heiligen Stuhl aber immer lauter. Sollte der Papst ins Koma fallen oder geistig unzurechnungsfähig werden, sehen Experten sogar die Gefahr eine Kirchenkrise, da eine rechtliche Regelung für solche Fälle bislang nicht existiert.
Nachdem bereits am Montag Äußerungen des Kardinalstaatssekretärs Angelo Sodano, der auf die Frage eines Journalisten einen Rücktritt des Papstes nicht explizit ausgeschlossen hatte, für Aufregung sorgten, legte der Tübinger Theologe Hans Küng am Donnerstag nach: Er forderte mit drastischen Worten die Abdankung des 84-Jährigen.
Die Kirche befinde sich in einer "elenden Krise" und sei mittlerweile "so altersschwach wie dieser Papst", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Das Oberhaupt müsse zum Nutzen der Kirche zurücktreten. So könne es nicht weitergehen. Schon die Äußerungen Sodanos waren von Beobachtern als Zeichen gewertet worden, dass diese Option im Vatikan durchaus diskutiert wird.
Papstrücktritt nur etwa "alle 500 Jahre"
Rein rechtlich ist ein Rücktritt des Papstes durchaus möglich - auch wenn dies in der Kirchengeschichte bislang "äußerst selten" der Fall war, wie der Münchner Kirchenrechtler Helmuth Pree betont. Das komme "so ungefähr alle 500 Jahre vor".
Lediglich fünf Fälle eines Amtsverzichts sind in der Kirchengeschichte nach den Worten des Eichstätter Kirchenrechtlers Peter Stockmann bislang dokumentiert - davon allerdings offensichtlich nur einer aus freien Stücken: nämlich der Coelestins V. im Jahr 1294, der nach fünfmonatiger Amtszeit zurücktrat.
Die übrigen dokumentierten Rücktritte: der von Papst Pontianus im Jahr 235, von Papst Silverius 537, Johannes XVIII. im Jahr 1009 und Gregor XII. 1415 seien - angesichts von Gefangennahme, Sklavenarbeit oder anderem äußeren Druck - wohl nicht freiwillig erfolgt.

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Die zwei Bedingungen für einen Rücktritt
Dass die Möglichkeit eines Papstrücktritts besteht, ist im Kirchenrecht explizit geregelt: "Der Papst kann jederzeit frei und ohne, dass es einer Begründung bedarf, auf sein Amt verzichten", erläutert Pree. "Die Annahme durch ein Gremium ist nicht nötig."
Zwei Bedingungen müssen für einen Amtsverzicht allerdings erfüllt werden: Der Rücktritt muss frei erfolgen - das heißt unter anderem auch bei klarem Bewusstsein - und er muss hinreichen kommuniziert werden. Nach den Worten von Stockmann wäre es demnach auch gültig, wenn der Papst - ganz offensichtlich ohne Druck und bei klarem Bewusstsein "auf den Balkon tritt und vor den Fernsehkameras seinen Rücktritt erklärt".
Fällt ein Papst vor seinem möglichen Rücktritt in geistige Umnachtung, wird es allerdings problematisch, wie Stockmann und Pree betonen. Eine gesetzliche Regelung für diesen Fall existiere nämlich nicht.
Tritt das Oberhaupt von derzeit mehr als einer Milliarde Katholiken in aller Welt zurück, bleibt der Heilige Stuhl bis zur Neuwahl eines Nachfolgers unbesetzt. Diese kann nach dem Worten Prees innerhalb weniger Wochen erfolgen. Wie das geschieht, ist in dem Erlass "Universi Dominici Gregis" aus dem Jahr 1996 festgelegt.
Gesundheitszustand könnte zu Problemen führen
Problematisch könnte die Situation nach Ansicht von Experten auch dann werden, wenn der Papst auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage ist, Aufgaben zu erfüllen, zu denen nur er alleine berechtigt ist - wie beispielsweise die Ernennung von Bischöfen oder den Erlass bestimmter Dokumente.
Der Gesundheitszustand des Papstes verbesserte sich unterdessen: Noch am Donnerstag sollte er das Krankenhaus, in das er am 1. Februar wegen einer Grippe und akuter Atembeschwerden eingeliefert worden war, wieder verlassen. Wann er wieder Termine wird wahrnehmen können, war allerdings zunächst unklar.
Seine Aktivitäten hatte der an Parkinson Erkrankte bereits in der Vergangenheit eingeschränkt: Er tritt nur noch bei bedeutenderen Anlässen öffentlich auf und konzentriert sich auf den Erlass wichtiger Dokumente.