Wahldebakel Japans Regierungschef Ishiba kündigt Rücktritt an

Japans Regierungschef Shigeru Ishiba (Archivfoto)
Japans Regierungschef Shigeru Ishiba (Archivfoto)
© Philip Fong/Pool AFP/AP / DPA
Nach der Schlappe bei den Wahlen im Juli wuchs der Druck auf Japans Premierminister Shigeru Ishiba. Nun zieht er die Konsequenzen.

Japans Regierungschef Shigeru Ishiba hat fast zwei Monate nach der Niederlage seiner Partei bei der Wahl zum japanischen Oberhaus seinen Rücktritt angekündigt. Er habe entschieden, als Vorsitzender der konservativen Liberaldemokratischen Partei (LDP) zurückzutreten, sagte Ishiba am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Tokio. Er beabsichtige, seine Aufgaben bis zur Wahl eines neuen Parteivorsitzenden zu erfüllen, kündigte er weiter an. 

Japan: LDP von Ishiba fährt Verluste bei Wahl ein

Der 68-jährige Ishiba hatte das Amt des Regierungschefs erst vergangenes Jahr übernommen. Spekulationen über einen möglichen Rücktritt Ishibas gab es schon seit Wochen. Ishiba sah sich in seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) wegen des Verlusts der Parlamentsmehrheit zunehmend Kritik und Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Die Spekulationen über Ishibas politische Zukunft hatten zugenommen, nachdem die LDP für Montag eine Abstimmung über eine außerordentliche Neuwahl der Parteispitze angesetzt hatte. Der Chef der Regierungspartei ist in Japan traditionell auch Ministerpräsident.

Ishibas Koalition aus LDP und ihrem Juniorpartner Komeito hatte im Juli bei der Wahl zum Oberhaus des Parlaments die Mehrheit verloren, nachdem sie im Oktober zuvor bereits die Mehrheit im mächtigeren Unterhaus eingebüßt hatte. Ishibas Koalition stellt seither eine Minderheitsregierung. Bei der Wahl hatte die rechtspopulistische Partei Sanseito mehrere Sitze hinzugewonnen. Die Partei hatte international für Aufsehen gesorgt. Hintergrund ist der Unmut in der Bevölkerung über gestiegene Lebenshaltungskosten.

Politiker-Kollegen bewegen Ishiba zum Rücktritt

Japans Landwirtschaftsminister und ein ehemaliger Regierungschef sollen sich am Samstagabend mit Ishiba getroffen haben, um ihn zu einem freiwilligen Rücktritt zu bewegen. Vergangene Woche hatten bereits vier hochrangige Mitglieder der LDP, darunter ihr Generalsekretär Hiroshi Moriyama, ihren Rücktritt angeboten.

Nach der Niederlage bei der Oberhauswahl im Juli hatte Ishiba lauter werdende Rücktrittsforderungen aus seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) noch zurückgewiesen. Stattdessen konzentrierte er sich in den vergangenen Wochen auf den Abschluss eines Handelsabkommens mit den USA. Dabei konnte er die von US-Präsident Donald Trump erhobenen Sonderzölle für die in Japan wichtige Autoindustrie etwas abmildern. Im Gegenzug sagte er Investitionen über 550 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten zu. "Nachdem Japan das Handelsabkommen unterzeichnet hat und der Präsident den Erlass unterschrieben hat, haben wir eine wichtige Hürde genommen", sagte Ishiba mit erkennbar bewegter Stimme. "Ich möchte den Stab an die nächste Generation weitergeben."

Rivalin könnte Nachfolgerin werden

Ein Nachfolger Ishibas könnte Experten zufolge Neuwahlen ausrufen, um sein Mandat zu stärken. Fast 55 Prozent der Befragten einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage der Nachrichtenagentur Kyodo halten eine vorgezogene Wahl allerdings für unnötig.

Als mögliche Nachfolger werden Ishibas Partei-Rivalin Sanae Takaichi und Landwirtschaftsminister Shinjiro Koizumi gehandelt. Takaichi war Ishiba bei der Stichwahl um den LDP-Vorsitz im vergangenen Jahr noch knapp unterlegen und gilt als Befürworterin einer expansiven Fiskal- und Geldpolitik. Koizumi hatte sich mit seinem Kampf gegen die stark steigenden Preise einen Namen gemacht. "Während von Koizumi keine größeren Veränderungen erwartet werden, könnten Takaichis Haltung zur expansiven Fiskalpolitik und ihr vorsichtiger Ansatz bei Zinserhöhungen von den Finanzmärkten genau beobachtet werden", erklärte Ökonom Kazutaka Maeda vom Meiji Yasuda Research Institute.

Hinweis: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.

AFP · DPA · Reuters
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