Der gefürchtete Protest begann gemächlich: mit einer Pressekonferenz und Brunches in evangelischen Kirchen, vereinzelten Protestzügen durch das Berliner Regierungsviertel, einer Kundgebung am Brandenburger Tor. Am radikalsten fielen die Farbattacken auf verschiedene Gebäude auf. Wenige Tage später wird der Ton rauer.
"Wir nehmen nicht mehr hin, dass diese Regierung sich nicht an unsere Verfassung hält. Wir nehmen nicht länger hin, dass die Regierung keinen Plan hat, wie die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen gestoppt werden kann. Wir leisten jetzt Widerstand!", heißt es in einer Mitteilung der Letzten Generation. Wie angekündigt, haben die Klimaaktivisten ihren Protest auf die gesamte Bundeshauptstadt und darüber hinaus ausgeweitet. An mehr als 30 Orten klebten und blockierten die Aktivisten. Betroffen waren vor allem Personen im Berufsverkehr.
Starke Nerven brauchten an diesem Montag insbesondere Autofahrer auf den Stadtautobahnen. Dort hatten sich die Aktivisten an mehreren Stellen festgeklebt, 500 Polizisten sollen den ganzen Tag über im Einsatz sein. Eine Sprecherin der Polizei sagte gegenüber dem "Tagesspiegel", dass Demonstranten im unteren dreistelligen Bereich unterwegs seien. Die Aktivisten bewegten sich in kleinen Gruppen, nicht alle hätten sich festgeklebt.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die Letzte Generation. "Wer Geschäfte mit Farbe beschmiert, sich auf die Straße klebt und wichtige Verkehrswege blockiert oder Veranstaltungen wie das Formel E für seine Guerilla-Aktionen missbraucht, leistet nichts für den Klimaschutz, sondern begeht gezielte Straftaten und will unsere Gesellschaft spalten", sagt GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Er bezeichnete die Aktivisten als "kriminelle Organisation", die "mittels Gebührenbescheiden konsequent zur Kasse gebeten werden sollten".
Strafanzeige wegen möglicher Körperverletzung an Klimaakitivsten
Obwohl die Blockaden erst wenige Stunden dauern, feiert die Letzte Generation die Aktionen bereits. "Unsere höchsten Erwartungen wurden deutlich übertroffen! An 27 Verkehrsknotenpunkten in Berlin kam es heute zu Protesten, drei Mal so viele wie noch im letzten Herbst", sagt Letzte Generation-Sprecherin Aimée van Baalen laut einer Mitteilung. Es sei klar, dass etwas ins Rollen komme. So profitierten die Aktivisten von winkenden Kindern, applaudierenden Radfahrern und schokoladigen Geschenken von Passanten.
"Neben den vielen schönen Szenen der Unterstützung, zeigen auch heute wieder mehrere Videos, wie mit Schmerzgriffen friedliche Protestierende von der Straße geschleift werden", sagt die Sprecherin in der Mitteilung und beruft sich dabei auf im Internet kursierende Videos zu einem Einsatz.
Die Aufnahme zeigt einen Polizisten, der einen auf der Straße sitzenden Demonstranten auffordert, von der Fahrbahn zu gehen. "Dann bitte ich Sie jetzt, rüberzugehen, sofort. Ansonsten werde ich Ihnen Schmerzen zufügen", sagt der Polizist in dem Video. Der junge Mann antwortet: "Ich sitze hier friedlich und Sie wollen mich einfach wegtragen." Daraufhin zählt der Polizist von 3 runter und hebt den Demonstranten dann gemeinsam mit einem Kollegen von der Straße. Im Video ist zu sehen, wie er ihn dabei an Hals und Kinn nach oben zieht. Nach einem Schnitt ist zu sehen, wie die beiden Polizisten versuchen, den Mann von der Straße zu bringen. Sie wenden dabei Griffe an, in deren Folge der Aktivist laut aufschreit.
Mittlerweile ermittelt die Polizei Berlin wegen Körperverletzung im Amt. Eine Strafanzeige sei gegen die betroffenen Einsatzkräfte eingeleitet worden, teilt eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur mit. Auf Twitter wurde der Videoausschnitt mehrfach geteilt, auch von der Letzten Generation. Die Polizei spricht in einem eigenen Tweet von einer "Zwangsmaßnahme eines Kollegen". Jetzt werde geprüft, ob das Verhalten angemessen gewesen sei.