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  • Nannen Preis 2021: Ein Fotograf dokumentiert, mit welcher Brutalität die EU sich gegen Flüchtlinge abschottet

Die Serie zum Wettbewerb Grenze der Grausamkeit – ein Fotograf dokumentiert die brutale Abschottung der EU

Protokolle aufgeschrieben von Steffen Gassel
  • 30. März 2021
  • 16:44 Uhr
"Bevor ich anfange, Bilder zu machen, versuche ich zuerst, die Menschen vor Ort besser kennenzulernen. Und ich versuche, ihnen eine Gelegenheit zu geben, auch mich kennenzulernen. Sie sollen sich einen Eindruck von mir machen: Was ist das für ein Typ? Kann ich den leiden? Zwischen mir mit meiner gesicherten Existenz in Deutschland und den Menschen auf diesen Bildern herrscht ja ein krasses Ungleichgewicht. Das lässt sich nicht aufheben. Aber ich gebe mir Mühe, es ein Stück weit zu überbrücken, indem ich den Menschen mit Respekt begegne.  Dieses ist eines der ersten Bilder, die ich auf meiner Recherche in Bosnien im Februar 2020 gemacht habe. Ich war schon drei oder vier Tage vor Ort, als es entstand. Die Männer auf dem Bild kommen aus Afghanistan. Ich war dieser Gruppe schon einige Male begegnet in den Tagen zuvor. Dann sah ich, dass sie sich auf dem Dach der verfallenen Metall-Fabrik in der bosnischen Provinzhauptstadt Bihac versammelt hatten. Viele Flüchtlinge, die in den offiziellen Lagern in der Umgebung keinen Platz gefunden hatten, hatten wie sie dort Unterschlupf gesucht.  Ich habe das Foto gemacht, weil es drei Dinge vermittelt: Es zeigt diese fünf Männer beim Kochen im Freien, auf einem Feuer aus trockenen Zweigen. Es zeigt den Ort, an dem sie leben, diese heruntergekommene Industrieruine. Und im Hintergrund sieht man den Gebirgszug, entlang dessen die Grenze zwischen Kroatien und Bosnien verläuft. Dahinter liegt das Ziel, das alle hier zu erreichen versuchen: Die Europäische Union."
"Bevor ich sie fotografiere, sollen die Menschen mich kennenlernen"
"Bevor ich anfange, Bilder zu machen, versuche ich zuerst, die Menschen vor Ort besser kennenzulernen. Und ich versuche, ihnen eine Gelegenheit zu geben, auch mich kennenzulernen. Sie sollen sich einen Eindruck von mir machen: Was ist das für ein Typ? Kann ich den leiden? Zwischen mir mit meiner gesicherten Existenz in Deutschland und den Menschen auf diesen Bildern herrscht ja ein krasses Ungleichgewicht. Das lässt sich nicht aufheben. Aber ich gebe mir Mühe, es ein Stück weit zu überbrücken, indem ich den Menschen mit Respekt begegne.
Dieses ist eines der ersten Bilder, die ich auf meiner Recherche in Bosnien im Februar 2020 gemacht habe. Ich war schon drei oder vier Tage vor Ort, als es entstand. Die Männer auf dem Bild kommen aus Afghanistan. Ich war dieser Gruppe schon einige Male begegnet in den Tagen zuvor. Dann sah ich, dass sie sich auf dem Dach der verfallenen Metall-Fabrik in der bosnischen Provinzhauptstadt Bihac versammelt hatten. Viele Flüchtlinge, die in den offiziellen Lagern in der Umgebung keinen Platz gefunden hatten, hatten wie sie dort Unterschlupf gesucht.
Ich habe das Foto gemacht, weil es drei Dinge vermittelt: Es zeigt diese fünf Männer beim Kochen im Freien, auf einem Feuer aus trockenen Zweigen. Es zeigt den Ort, an dem sie leben, diese heruntergekommene Industrieruine. Und im Hintergrund sieht man den Gebirgszug, entlang dessen die Grenze zwischen Kroatien und Bosnien verläuft. Dahinter liegt das Ziel, das alle hier zu erreichen versuchen: Die Europäische Union."
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Jedes Jahr versuchen Tausende Flüchtlinge, von Bosnien aus in den EU-Staat Kroatien zu gelangen. Doch wer dabei der kroatischen Polizei in die Hände fällt, dem drohen Prügel und Misshandlungen – im Namen Europas. Jesco Denzel zog mit der Kamera los, um Beweise zu sichern.

Warum wird ein Unrecht, das hinlänglich bekannt ist, nicht abgestellt? Diese Frage stand am Anfang von Jesco Denzels Entschluss, zur Lage entlang der EU-Außengrenze zwischen Bosnien und Kroatien zu recherchieren. Das systematische, brutale Vorgehen der kroatischen Polizei gegen Flüchtlinge wurde von EU-Parlamtenarien und Menschenrechtsorganisationen seit Jahren thematisiert – ohne dass sich etwas änderte. Im Gegenteil: Während die Lage auf den griechischen Inseln Schlagzeilen machte, spielte die Not auf der blockierten Balkanroute in deutschsprachigen Medien kaum eine Rolle. "Das hat mich geärgert", sagt der Fotograf Jesco Denzel.

Von Berlin aus fuhr er in die Region, um für eine Fotoreportage über diese längste Außengrenze der EU zu recherchieren. Monatelang hatte er sich auf die Reise vorbereitet, hatte in ausländischen Medien nach Informationen gesucht und Kontakte zu lokalen Helfern geknüpft. Er begann die Arbeit, ohne Auftrag einer Redaktion oder eine Garantie, dass jemand seinen Einsatz honorieren würde. "Ich wusste, dass das Interesse an einer weiteren Geschichte über Flüchtlinge sich in Grenzen hält", sagt Denzel. "Deshalb habe ich im Vorhinein gar nicht probiert, einen Auftrag zu ergattern. Mir war klar: Du musst das erst einmal fotografieren." Im Dezember 2020 erschien seine Reportage im stern, als erste große Veröffentlichung überhaupt in Deutschland zur katastrophalen Lage in der Region. Sie nimmt in der Kategorie "Investigation" am diesjährigen Wettbewerb um den Nannen Preis teil.

Für unsere Serie zum Wettbewerb hat der Fotoreporter eine Auswahl von Bildern aus seiner Fotostrecke von der bosnisch-kroatischen Grenze zusammengestellt. Anhand dieser Aufnahmen berichtet Jesco Denzel in kurzen Protokollen von Erlebnissen und Begegnungen während seiner Recherchezeit vor Ort im Februar 2020. Und er erklärt, wie er sich den Menschen nähert, die er fotografieren möchte. "Alle, die meine Bilder sehen, sollen begreifen: Dort werden Verbrechen von Beamten der "Europäischen Union" begangen", sagt Jesco Denzel. Doch auch für ihn bleibt die Frage offen: Können solche Bilder etwas ändern?

Qualitätsjournalismus – wie wird der heutzutage eigentlich gemacht? Wie kommt ein Thema auf? Welche Quellen nutzen Reporter*innen für ihre Recherche? Welche Möglichkeiten bieten neue und traditionelle Medien? Welche Rolle spielt die Presse für eine lebendige, demokratische Gesellschaft? Um diese und andere Fragen zum modernen Journalismus kreist unsere neue Serie zum Wettbewerb um den Nannen Preis 2021, den der stern und das Verlagshaus Gruner + Jahr ausrichten. Im Lauf der kommenden Wochen werden wir hier eine Reihe journalistischer Arbeiten aus dem aktuellen Wettbewerb um die renommierteste Auszeichnung für deutschsprachigen Journalismus näher beleuchten.

Die Auswahl der Arbeiten, auf die wir an dieser Stelle in loser Folge eingehen, ist gänzlich unabhängig von der Arbeit der Jurys, die in geheimen Beratungen die Preisträger küren. Hier geht es nicht um die Frage: Welche Arbeit macht das Rennen? Sondern darum Sie, unser Publikum, teilhaben zu lassen an der beeindruckenden Vielfalt journalistischer Kreativität, die sich in den Einreichungen zum Nannen Preis 2021 zeigt.

Ihr Nannen Preis Team

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"Bevor ich anfange, Bilder zu machen, versuche ich zuerst, die Menschen vor Ort besser kennenzulernen. Und ich versuche, ihnen eine Gelegenheit zu geben, auch mich kennenzulernen. Sie sollen sich einen Eindruck von mir machen: Was ist das für ein Typ? Kann ich den leiden? Zwischen mir mit meiner gesicherten Existenz in Deutschland und den Menschen auf diesen Bildern herrscht ja ein krasses Ungleichgewicht. Das lässt sich nicht aufheben. Aber ich gebe mir Mühe, es ein Stück weit zu überbrücken, indem ich den Menschen mit Respekt begegne.  Dieses ist eines der ersten Bilder, die ich auf meiner Recherche in Bosnien im Februar 2020 gemacht habe. Ich war schon drei oder vier Tage vor Ort, als es entstand. Die Männer auf dem Bild kommen aus Afghanistan. Ich war dieser Gruppe schon einige Male begegnet in den Tagen zuvor. Dann sah ich, dass sie sich auf dem Dach der verfallenen Metall-Fabrik in der bosnischen Provinzhauptstadt Bihac versammelt hatten. Viele Flüchtlinge, die in den offiziellen Lagern in der Umgebung keinen Platz gefunden hatten, hatten wie sie dort Unterschlupf gesucht.  Ich habe das Foto gemacht, weil es drei Dinge vermittelt: Es zeigt diese fünf Männer beim Kochen im Freien, auf einem Feuer aus trockenen Zweigen. Es zeigt den Ort, an dem sie leben, diese heruntergekommene Industrieruine. Und im Hintergrund sieht man den Gebirgszug, entlang dessen die Grenze zwischen Kroatien und Bosnien verläuft. Dahinter liegt das Ziel, das alle hier zu erreichen versuchen: Die Europäische Union."
"Diese beiden Männer sind Cousins. Der Linke heißt Zeeshan Akash Khan und ist auf dem Bild 20 Jahre alt, der Rechte ist Ikham Khan, 17 Jahre alt. Sie kommen aus Pakistan. Sie stehen hier auf demselben Vordach, auf dem ich die Männer auf dem vorhergehenden Bild beim Kochen fotografiert hatte. Diese beiden nutzten diesen Ort um sich ein bisschen zu vergnügen. Zeeshan spielte Hochzeitsmusik auf dem Handy und sie tanzten dazu.  Während der Zeit, die ich in Bihac verbrachte, begegnete ich Zeeshan und Ikham mehrmals. Und wann immer ich sie traf, waren sie guter Laune. Das war auffällig und es hat mich beeindruckt. Irgendwann habe ich sie gefragt: "Warum seid Ihr so gut drauf? Eure Lage ist ja nicht gerade rosig." Da hat Zeeshan geantwortet: "Was soll ich denn sonst tun? Ich mag nicht immer schlechte Laune haben."  Bei diesem Bild geht es mir darum zu zeigen, wie diese Menschen versuchen, ihre Würde zu wahren. Nicht zu vergessen, wie sie sich selbst sehen – ungeachtet der Umstände, in denen sie gerade leben. Natürlich wissen Zeeshan, Ikham und all die anderen Flüchtenden, wie schlecht ihre Lage ist. Trotzdem achten diese beiden auf ihren Style. Einen von ihnen hatte ich kurz vorher getroffen, als er sich gerade die Haare schneiden ließ. Die beiden lassen sich nicht auf die Umgebung reduzieren, in der sie dort gerade stecken. Aus diesem Bild spricht für mich ein unbedingter Durchhaltewillen. Es sagt: 'Seht her, wir sind mehr als das, was die Flucht aus uns macht.'"
"Der Mann mit dem Handy in der Hand ist Habib Hazrat. Auf dem Bild telefoniert er gerade per Videochat mit seiner dreijährigen Tochter zu Hause in Pakistan. Sie hatte verlangt, mit seinem Zimmergenossen Nursaid zu sprechen, darum hielt er ihm das Handy hin. Habibs Kinder bitten ihn häufig, zurück nach Hause zu kommen.  Mit vielen der Menschen, die ich in Bosnien getroffen habe, versuche ich seither Kontakt zu halten. Habib hat es in die EU geschafft. Eine Weile lang war er in Deutschland. Inzwischen lebt er in einer Kleinstadt in Nord-Italien. Er versucht, dort irgendwelche Papiere zu ergattern, damit er legal arbeiten darf. Denn er möchte seine Frau und seine Kinder zu sich holen.  Die Aufnahme ist im ehemaligen Bürotrakt der kaputten Fabrik in Bihac entstanden. Im einzigen Raum des Gebäudes, dessen Fenster noch intakt waren. Zehn Männer teilten ihn sich als Schlafplatz. Nachts breiteten sie Decken auf dem blanken Boden aus. Tagsüber fegten sie den Raum immer wieder, damit er möglichst sauber blieb."
""Ich dachte, ich würde sterben", sagte mir die zehnjährige Maha Rajabi aus dem Iran, als sie erzählte, was die kroatischen Beamten mit ihr und ihrer Familie getan hatten. Nachdem sie zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder von Bosnien aus die grüne Grenze überquert hatte, hatten kroatische Polizisten die Familie aufgegriffen und in einem Transporter zurück Richtung Grenze gefahren. Dort zerrten sie die vier aus dem Auto und richteten ihre Waffen auf Mahas Vater. Eine Hinrichtung zum Schein.  Ich traf Maha und ihre Familie im "Hotel Sedra", einer ehemaligen Touristenunterkunft zehn Kilometer außerhalb von Bihac, die zur Flüchtlingsherberge umfunktioniert worden ist. Sie saß auf dem Bett und machte Hausaufgaben. Maha spricht fließend Englisch, mit amerikanischem Akzent. Das hat sie von US-Helfern in einem Flüchtlingslager in der bosnischen Hauptstadt Sarajewo gelernt. Dort lebte sie ein Jahr, bevor ich sie im Februar 2020 traf. So lang ist die Familie schon unterwegs. Zuletzt war ich vor zwei Monaten mit ihrem Vater über Facebook in Kontakt, da hing die Familie weiter in Bosnien fest. Er klang niedergeschlagen. Er weiß, dass der illegale Weg über die grüne Grenze für eine Familie kaum zu schaffen ist. Trotzdem gibt es für sie kein Zurück. Die Rajabis sind vor einer Familienfehde in ihrer Heimat geflohen, um ihre Kinder zu schützen. Mahas Mutter sagte mir: "Was wir hier erleben ist entsetzlich. Aber wir sind so frei wie nie zuvor."  Ich weiß, es gibt Millionen Geschichten, die Mahas gleichen. Trotzdem ist mir die Begegnung mit ihr besonders nahe gegangen. Ich saß vor ihr und dachte: Was für eine Ungerechtigkeit! Warum lebt dieses Kind nicht in einem Land, in dem es seine Talente richtig entfalten kann?"
"Berichte über Misshandlungen und brutale Push-Backs durch Beamte des EU-Staats Kroatien gab es schon vor meiner Recherche. Es war bekannt, dass dort Verbrechen passieren. Aber in der deutschsprachigen Presse war kaum etwas darüber zu lesen. Das hat mich geärgert. Darum habe ich mich entschieden, diese Verbrechen mit der Kamera zu dokumentieren. In den Lagern habe ich dann gezielt nach Menschen gesucht, die an der Grenze misshandelt worden waren. Ich wollte Bilder machen, die als Beweise dienen können.  Der Mann auf dem Bild heißt Mohammed Fiaz, er ist 24 Jahre alt und stammt aus Pakistan. Fünf Tage bevor ich ihn fotografierte und seine Geschichte protokollierte, hatten kroatische Polizisten ihm den Kiefer gebrochen und mehrere Zähne ausgeschlagen. Dann hatten sie ihm Jacke und Schuhe abgenommen. Sieben Kilometer musste er barfuß zurücklaufen nach Bosnien hinein. Als ich ihn traf konnte Fiaz kaum sprechen. Andere Flüchtlinge hatten mich zu ihm gebracht. Während ich sein Portrait aufnahm, umringten sie uns und sagten: "Du musst das fotografieren. Wir wollen, dass publik wird, was hier passiert."  Ich bin kein routinierter Kriegs- und Krisenreporter. Wenn ich so jemandem in die Augen sehe, fehlen mir einfach die Worte. Fiaz war nicht der einzige verletzte Flüchtling. In demselben Lager traf ich auch noch ein Mann aus Bangladesch mit einer Platzwunde am Kopf. Andere waren so verprügelt worden, dass es weniger offensichtliche Spuren hinterließ.  Ich weiß: Eine Fotoreportage wird diese Verbrechen nicht beenden. Auch einige EU-Parlamentarier setzen sich seit Jahren für dieses Thema ein, ohne dass sich etwas geändert hätte. Das ist bitter. Aber ich hoffe, dass meine Berichterstattung dazu beiträgt, dass das irgendwann ein Ende hat. Und dass die Verbrechen geahndet werden."
""Wenn ich gewusst hätte, was mich hier erwartet, wäre ich nie von zu Hause aufgebrochen," sagte mir Subahn Ullah Cheif aus Pakistan. Ich traf den 24-Jährigen im Rohbau eines Altenheims in Bihac, das Flüchtlinge besetzt haben. Als er seine Heimat verließ, hatte er dem Vesprechen der Schleuser geglaubt, sie könnten ihn in ein paar Wochen nach Europa bringen. Heute warnt er von Bosnien aus die Menschen zu Hause in Pakistan davor, denselben Fehler zu machen wie er: "Kommt nicht her. Ihr wisst nicht, was euch erwartet", sagt er ihnen.  Von allen, mit denen ich sprach, war er der Hoffnungsloseste. Das Bild ist für mich das Gegenstück zu den beiden tanzenden Cousins auf einem der vorhergehenden Bilder. Ein Zeungis der Verzweiflung.
"Das sind die Flüchtlingsgräber am Rand des Friedhofs von Bihac. Manche der Menschen, die hier begraben liegen, sind in den Wäldern entlang der Grenze erfroren. Andere wurden tot aus dem Grenzfluss geborgen. Sie alle waren mit viel Hoffnung von zu Hause aufgebrochen. Doch das verfluchten Ende ihrer Reise wurde ein namenloses Grab zehn Kilometer vor der EU-Grenze.  Dieser Anblick macht für mich alle juristischen Feinheiten des Asylrechts, alle Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und politisch Verfolgten nebensächlich. So ein Ende hat kein Mensch verdient. Der Tod der Menschen, die hier liegen, war vermeidbar. Ich stand vor diesem Ort und dachte: Das müsste doch nicht sein.  Mitte März 2021 machte eine neue Schreckensmeldung aus der Gegend die Runde in den sozialen Medien. Beim Versuch, die Grenze zu überqueren, war eine Gruppe Männer aus Bangladesch in ein Minenfeld geraten. Einer starb, vier wurden schwer verletzt. Kroatische Helfer haben sie geborgen. Es gibt viele Wege, auf den letzten Metern vor der EU-Grenze zu Tode zu kommen."
"Fünf Mal hatte der Pakistaner Subtain Shah schon versucht, die bosnisch-kroatische Grenze zu überqueren. Jedesmal war er von kroatischen Beamten zurückgeschickt worden. Dieses Bild entstand kurz vor seinem sechsten Anlauf. Durch den Vorhang am Fenster eines verlassenen Bauernhofs wenige Hundert Meter vor der Grenze blickt er ins Dämmerlicht des frühen Abends, Richtung EU. Sein Gesichtsausdruck zwischen Furcht und Entschlossenheit gibt die Stimmung des Augenblicks gut wider.  Häufig gibt es auf einer Recherche Bilder, die ich gern machen würde, die dann aber doch unmöglich sind. Hier war es die Grenze selbst. Eigentlich hatte ich vor, Flüchtende bis direkt dorthin zu begleiten und beim Übertritt in die EU zu fotografieren. Doch weil fast alle den gefährlichen Marsch über die Grenze nur bei Nacht unternehmen, ging das nicht.  Flüchtende wie Subtain Shah, die schon Erfahrung aus früheren, gescheiterten Versuchen haben, unternehmen neue Anläufe meist auf eigene Faust, ohne Hilfe von Schleusern. Anschließend versuchen sie, sich zu Fuß bis nach Italien durchzuschlagen."
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