Pressestimmen zu Tebartz-van Elst Das Schweigen der Bischöfe

Bei aller Wut über die Verschwendungssucht des Limburger Bischofs: Kommentatoren fragen, warum ein Großteil der Kirchenoberen zu dem Fall schweigt - und wie das Lügengebäude entstehen konnte.

In der Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wird derzeit jedes Detail berichtet. Der Bischof kämpft in Rom um sein Amt, die Kirche fürchtet um ihr Ansehen, weil der Neubau des Bischofssitzes in Limburg die ursprünglich angesetzten Kosten um viele Millionen übersteigt, und der Caritasverband berichtet schon über sinkende Spendeneinnahmen. Tebartz-van Elst steht seit Wochen wegen der enormen Kosten für den Neubau seiner Bischofsresidenz unter Druck. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft Hamburg einen Strafbefehl wegen Falschaussage gegen ihn beantragt. Erzbischof Robert Zollitsch distanziert sich seit Tagen von Tebartz-van Elst. Machen Kommentatoren erscheint es dennoch zu simpel, die gesamte Schuld an dem Skandal dem Limburger Bischof zuzuschreiben. Haben nicht auch noch andere Entscheider in der Kirche Fehler gemacht?

"Süddeutsche Zeitung"

"Bischöfe waren einst Fürsten. Sie beherrschten Territorien, sie residierten in Schlössern. Heute sind ihre Länder mediatisiert, die Schlösser säkularisiert - aber die Monarchie lebt fort, getragen durch ergebene Höflinge und Typen wie Tebartz-van Elst. Warum sollte einen Bischof von Gottes Gnaden beim Einbau eines Adventskranzes das Gewissen plagen, wenn sich alles mit einem freundlichen "Ich will das aber" regeln lässt? Außer dem Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch hat sich bislang kein Kirchenfürst klar zum Limburger Skandal geäußert. Die Bischöfe sind stumm. Nun wird es für sie ungemütlich: Sie müssen sich am neuen Papst messen lassen, der Enthaltsamkeit vorlebt. Wenn schon Monarch, dann auch als menschliches Vorbild."

"Südwest-Presse", Ulm

Jetzt also weilt er in der Heiligen Stadt, der Kirchenfürst zu Limburg. Hinter ihm her eilen zum Heiligen Vater nach Rom wird Robert Zollitsch. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat eigentlich bereits alles gesagt zum Fall des Franz-Peter Tebartz-van Elst. Eugen Drewermann hat den Limburger Bischof zwar durch merkwürdig anmutende Gedankengänge in Schutz genommen. In diesem Fall aber gilt für den abtrünnigen Pfarrer und Kirchenkritiker, dass das Heischen um Aufmerksamkeit nicht immer vor dem Holzweg schützt. Alles andere als seine bereits jetzt überfällige Demission würde der - in Teilen eh schon verlorenen - Ehre der katholischen Kirche weiter schaden, sie büßte noch mehr Glaubwürdigkeit ein.

"Neue Osnabrücker Zeitung"

Echter Prunk sieht anders aus: Die Limburger Bischofsresidenz wurde mit Stil sowie Sinn für Denkmalschutz und Qualität gebaut. Andere Bistümer haben üppigere Sitze oder mehr Geld für die Neugestaltung ihrer Zentralen ausgegeben. Auch ein Behörden-, Museums- oder Firmengebäude kann unter vergleichbaren Umständen mit 30 Millionen Euro und mehr zu Buche schlagen. Das eigentliche Rätsel ist daher nicht, dass die Kosten derart gestiegen sind. Merkwürdiger ist, wieso sie jemals so eklatant untertrieben angesetzt worden sind. Neben dem Ensemble nahe dem Dom hat Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst aber noch ein weiteres Haus errichtet: ein Gebäude aus Lügen. Während der Bau aus Stein teils zu Unrecht kritisiert wird, hat es der Geistliche mit seinem feudalen Gehabe zweifellos übertrieben. Dies rächt sich nun.

"Ostsee-Zeitung", Rostock

Tebartz-van Elst nimmt nicht nur die Zehn Gebote eher locker, er konterkariert geradezu die neue Strategie von Papst Franziskus in Rom. Der versucht, eine "arme Kirche", Demut und Bescheidenheit zu predigen. Kardinalstugenden, die dem Limburger Bischof völlig abhandengekommen sind. Der Schaden für die katholische Kirche in Deutschland ist groß. Nicht nur Millionen von Euro sind weg, sondern auch jede Menge Vertrauen. Tebartz-van Elst wird sein Amt wohl aufgeben müssen, damit in Limburg höchstens noch der Käse zum Himmel stinkt.

"Badische Zeitung", Freiburg

Tebartz-van Elst ist längst zu einer Zumutung für die katholische Kirche in Deutschland geworden. Während Papst Franziskus Armut und Bescheidenheit predigt, steht der Limburger Bischof für das Gegenteil, für Prunksucht und Überheblichkeit (...) Deutschlands Katholiken sind zu Recht entsetzt. Es ist längst an der Zeit, dem Treiben des Limburger Bischofs Einhalt zu gebieten. Sollten sich die konservativen Fürsprecher von Tebartz-van Elst in Rom dennoch durchsetzen und dieser weiter im Amt verbleiben, wäre dies ein Armutszeugnis für die Kirche. Und ein Nackenschlag für alle, die auf den Reformkurs des in der Kurie ohnehin umstrittenen Papstes hoffen.

"Frankfurter Allgemeine Zeitung"

Tebartz-van Elst muss möglichst bald gehen, heißt es bei den meisten im Vatikan; vor allem, weil sein Bauvorhaben nicht nur sehr teuer war, sondern auch noch von Lug und Trug begleitet wurde. Wenn gleichwohl der eine oder andere Kurienbischof noch immer schützend die Hand über Tebartz-van Elst hält, dann vor allem, weil man wenig Verständnis für das Ausmaß an öffentlicher Kritik aufbringt, die manche als Hetzjagd ansehen auf einen Mann, der nicht Herr seiner selbst zu sein scheint. Den deutschen Bischöfen muss Tebartz-van Elst auch noch aus einem anderen Grund eine Last sein: Am Fall Limburg sieht Rom, wie reich die durch Steuergelder versorgte Kirche in Deutschland ist. Solch eine Kirche wirkt zu fett, um sich den ihr gebührenden Platz unter den Armen und Bedürftigen zu suchen.

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"Nordwest-Zeitung", Oldenburg

Manchen Katholiken mag die Erkenntnis schmerzen, dass ein Bischof auch bloß ein Mensch ist. Die gute Nachricht ist, dass ein Mensch von anderen Menschen abgesetzt werden kann. Der Papst, dessen Politik der Bescheidenheit durch Tebartz-van Elst sabotiert wird, sollte den fehlgeleiteten Bruder umgehend den Amtsverzicht nahelegen. Denn weltliche Ideen wie ein freiwilliger Rücktritt dürften diesem Bischof kaum kommen.

DPA
anb/DPA/AFP