Bildung Lehrermangel, Reformen, Zeitstress: Was Schulleiter belastet

Der Lehrermangel an den Schulen im Südwesten geht nach Einschätzung von Schulleiterinnen und Schulleitern zurück. (Archivbild) F
Der Lehrermangel an den Schulen im Südwesten geht nach Einschätzung von Schulleiterinnen und Schulleitern zurück. (Archivbild) Foto
© Marijan Murat/dpa
Eine Umfrage zeigt, wo aus Sicht der Rektoren an den Schulen der Schuh drückt. Zahlreiche Themen drücken demnach auf die Stimmung. In einem Bereich gibt es aber auch mehr Zuversicht.

Zu viele Aufgaben, zu viele Reformen und zu wenig Personal - viele Schulleiterinnen und Schulleiter machen ihren Job einer Umfrage zufolge zwar immer noch gerne, würden ihn aber nicht zwingend weiterempfehlen. 

Spätestens seit Corona arbeiteten Schulleitungen an der Belastungsgrenze, sagte der Landeschef der Bildungsgewerkschaft VBE, Gerhard Brand. "Zeit, Personal und Ressourcen reichen nicht aus, um ihre Schulen dauerhaft professionell zu führen." Was den Rektorinnen und Rektoren unter den Nägeln brennt, zeigt eine repräsentative Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des VBE durchgeführt hat. Die wichtigsten Befunde: 

Fehlende Lehrkräfte sind weiterhin das Top-Thema an den Schulen. Fast die Hälfte der Befragten gab an, dass dies das größte Problem an ihrer Schule sei. Allerdings sehen die Befragten zunehmend eine Entspannung. An den Schulen der Befragten waren demnach zu Beginn des Schuljahres im Schnitt 0,6 Lehrerstellen nicht besetzt. 2022 hatte der Wert noch bei 1,1 Stellen gelegen. 

Auch im Vergleich zum Bundesschnitt steht der Südwesten der Umfrage zufolge vergleichsweise gut da. Bundesweit fehlten demnach zum Start des neuen Schuljahres im Schnitt 1,4 Vollzeitlehrkräfte pro Schule. 

Die Rektorinnen und Rektoren blicken der Umfrage zufolge auch zunehmend positiv in die Zukunft. Derzeit gehen im Südwesten 55 Prozent der Befragten davon aus, dass ihre Schule künftig stark vom Lehrermangel betroffen sein wird. 2022 gaben das noch 81 Prozent der Befragten an.

In den vergangenen Jahren war die Zahl der unbesetzten Lehrerstellen zum Schuljahresbeginn nach Angaben des Kultusministeriums kontinuierlich gesunken: von 890 im Jahr 2022 über 565 im Jahr 2023 auf 250 im Jahr 2024. Zum Beginn dieses Schuljahres waren es dann mit 1.159 Stellen wieder deutlich mehr. Grund für die vergleichsweise hohe Zahl an freien Stellen ist, dass kurz vor den Sommerferien auffiel, dass im Südwesten rund 1.440 Lehrerstellen wohl über Jahre mutmaßlich wegen eines Softwarefehlers unbesetzt waren. 

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Reformen

Deutlich zugenommen hat der Umfrage zufolge in den vergangenen Jahren die Unzufriedenheit mit der Bildungspolitik. Sahen 2021 nur 10 Prozent der Befragten die Bildungspolitik als Teil der größten Probleme an ihren Schulen, hat sich der Wert bis 2025 fast verdreifacht (29 Prozent). 

VBE-Chef Brand führt das auf eine "Flut an Programmen und Konzepten" zurück, die die Schulen umsetzen müssen. Als Beispiele nannte er Vergleichsarbeiten, zusätzliche Tests für die Grundschulempfehlung, Sprachförderung oder Leseförderung. "All das prasselt auf die Schulen ein."

Das führt aus Sicht von Brand auch zu einer Unzufriedenheit mit der Schulpolitik. Nur 14 Prozent der Befragten gab an, mit der Schulpolitik der Landesregierung zufrieden zu sein. 85 Prozent sind dagegen unzufrieden. Als Grund für die Unzufriedenheit gab fast die Hälfte der Befragten die unkoordinierte oder halbherzige Umsetzung von Reformen an - fast doppelt so viele wie im Bundesschnitt. 

Zu viele Aufgaben

Als belastend empfinden die Rektorinnen und Rektoren der Umfrage zufolge in ihrem Arbeitsalltag ein stetig wachsendes Aufgabenspektrum, steigende Verwaltungsarbeiten und ein mangelndes Zeitbudget. So finden 84 Prozent der Befragten, dass die ihnen zustehende Leitungszeit nicht oder eher nicht ausreicht, um die Leitung und Weiterentwicklung der Schule gewährleisten zu können. 

Die Belastungsfaktoren seien seit Jahren unverändert, so Brand. "Es muss der Landesregierung negativ angekreidet werden, für dieses Strukturproblem keine Lösungen gefunden zu haben", sagte der Gewerkschaftschef. 

Räume

Kaputte Toiletten, undichte Fenster, zu wenig Platz: Verschärft hat sich aus Sicht der Schulleiter in den vergangenen Jahren das Problem bei Räumen und Gebäuden. 2021 sahen das noch neun Prozent der Befragten als großes Problem an ihrer Schule - inzwischen gibt es jeder fünfte Befragte (20 Prozent) an. Brand fordert deswegen, dass ein großer Teil der Summen aus dem Sondervermögen des Bundes in den Schulbau fließen soll.

Für die Erhebung befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa von Mitte September bis Mitte Oktober rund 1.300 Schulleiterinnen und Schulleiter, darunter gut 250 aus Baden-Württemberg. Die Umfrage ist laut Forsa repräsentativ und hat eine Fehlertoleranz von drei Prozentpunkten.

dpa