Bildung und Finanzen Marode Schulen: Milliarden an Investitionen gefordert

Der Investitionsbedarf in Schulen ist hoch. (Symbolbild) Foto: Jessica Lichetzki/dpa
Der Investitionsbedarf in Schulen ist hoch. (Symbolbild) Foto
© Jessica Lichetzki/dpa
Mindestens sechs Milliarden Euro fehlen laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), um den Bau und die Sanierung von Schulen zu finanzieren. Das Problem ist in Hessen unterschiedlich groß.

Marode Gebäude, zu wenig Platz: In Hessen sind nach einer Schätzung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mindestens sechs Milliarden Euro an Investitionen in Schulen nötig. Die GEW sprach von einer vorsichtigen Schätzung, die auf Angaben des Statistischen Landesamts und eigenen Recherchen beruht.

Die Gewerkschaft kritisiert, dass genaue Zahlen zum Zustand der Schulen in Hessen nicht vorliegen. Die Landesregierung müsse dazu eine Erhebung vornehmen, forderte der GEW-Landesvorsitzende Thilo Hartmann. Das Kultusministerium erklärte dazu auf Anfrage, für Bau, Unterhalt und Sanierung seien die Schulträger, also kreisfreie Städte und Kreise, zuständig.

Große Unterschiede im Land

Der GEW-Vorsitzende sprach von einer sehr besorgniserregenden Entwicklung. In den hessischen Kommunen gebe es große Unterschiede bei den Ausgaben für Schulbau pro Kopf. Vielerorts müssten Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler in maroden Gebäuden arbeiten und lernen. Tendenziell sei dies eher in Kommunen im Norden als im Süden Hessens der Fall. 

Die Landesregierung komme ihrem verfassungsgemäßen Auftrag, für gleichwertige Lebensverhältnisse in Hessen zu sorgen, nicht nach, kritisierte Hartmann. Der Hochtaunuskreis gab laut GEW mit 1.503 Euro zwischen 1992 und 2023 im Schnitt am meisten pro Schüler und Schülerin für Investitionen und Unterhaltung aus. Schlusslicht war die Stadt Kassel mit 323 Euro. 

Den hessenweiten Durchschnitt gab die GEW mit 795 Euro an. In der zeitlichen Einordnung stagnierten die preisbereinigten Ausgaben im Jahr 2023 nach einem vorangegangenen Anstieg. "Der bestehende Investitionsstau im Schulbereich in Hessen wird so nicht zu beseitigen sein", erklärt die Gewerkschaft dazu. 

Zusätzliches Geld für Ganztagsanspruch nötig 

Der Landrat des Kreises Marburg-Biedenkopf, Jens Womelsdorf (SPD), bestätigte, die Kommunen seien teilweise erheblich unterfinanziert. Sie erwarteten daher, bei der Verteilung der Bundesmittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur zu etwa 70 Prozent beteiligt zu werden. Womelsdorf verwies dabei auf den anstehenden Ganztagsanspruch in den Grundschulen, für den Investitionen etwa in zusätzliche Räumlichkeiten nötig seien. 

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Die Kommunen könnten den Investitionsbedarf auch mit den Mitteln des Bundes nicht alleine decken, sagte Hartmann - und forderte, dass die landeseigene Förderbank WIBank in den kommenden Jahren Kredite für Sanierung und Neubau von Schulen in Höhe von mindestens drei Milliarden Euro zur Verfügung stellen solle. 

Vorbild Nachbarland Thüringen?

Zins und Tilgung könnten durch das Land erfolgen. "Hier handelt unser Nachbarland Thüringen vorbildlich, das ein allgemeines kommunales Investitionsprogramm in dieser Form auf den Weg gebracht hat", sagte Hartmann. 

Auch das hessische Finanzministerium erklärte auf Anfrage, der Bau und Betrieb von Schulen sei Aufgabe der Schulträger. Dabei unterstütze das Land die Kommunen mit verschiedenen Programmen. Aktuell gebe es zudem Gespräche mit den Kommunen zum geplanten Zukunftspakt - ein Programm der Landesregierung, das die kommunale Selbstverwaltung stärken und die Kommunen nachhaltig entlasten soll.

Vergangenes Jahr kam die GEW nach eigenen Berechnungen auf eine Summe von mindestens fünf Milliarden Euro, die investiert werden müsse - und verwies darauf, dass der Investitionsstau alleine in Frankfurt mit 2,5 Milliarden Euro angegeben werde. Die Mainmetropole rief eine Schulbauoffensive ins Leben, über deren Stand sie an diesem Mittwoch informieren will.

dpa