Nach einer Einigung mit der Erbin einer von den Nationalsozialisten verfolgten jüdischen Familie kann ein Hauptwerk der Sammlung des Von der Heydt-Museums in Wuppertal verbleiben. Das expressionistische Gemälde "Zwei Frauen (Frauen im Grünen)" von Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) habe nach der Rückgabe an die Erben wieder zurückgekauft werden können, teilte das Museum mit.
Der Rat der Stadt Wuppertal hatte die Restitution Mitte September beschlossen. Vorausgegangen waren nach Angaben des Museums umfangreiche, mehrjährige Provenienzrecherchen und ein "intensiver Dialog mit der Erbin der Familie Hess und ihren anwaltlichen Vertretern".
Am Rückkauf beteiligt waren die Freiherr von der Heydt-Stiftung, die Kulturstiftung der Länder, die Ernst von Siemens Kunststiftung, das Land Nordrhein-Westfalen und die Kunststiftung NRW. Die Höhe der Kaufsumme blieb unbekannt. Gemälde Schmidt-Rottluffs haben bei Auktionen schon Erlöse im einstelligen Millionenbereich erzielt.
Bild stammte aus Sammlung eines Erfurter Fabrikanten
Das 1914 entstandene Gemälde des "Brücke"-Malers Schmidt-Rottluff gehörte ursprünglich zu der Sammlung des Erfurter Fabrikanten Alfred Hess, der 1931 starb. Einen großen Teil der Werke verbrachte dessen Frau Thekla Hess 1933 nach dem Machtantritt der Nazis in die Schweiz. 1937 sandte Thekla Hess das Gemälde von Schmidt-Rottluff zusammen mit anderen Werken an den Kölnischen Kunstverein. Als Grund für die Rückverlagerung nach Deutschland gab sie später die Bedrohung durch die Gestapo an. 1939 emigrierte Thekla Hess nach London.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs teilte der Kölnische Kunstverein 1947 auf Nachfrage mit, dass die ehemals eingelagerten Bilder nicht mehr vorhanden und vermutlich im Krieg zerstört worden seien. Später wurde in einem Prozess bekannt, dass einige Werke unter der Hand verkauft worden waren. So befand sich das Gemälde "Zwei Frauen" 1947 bereits im Städtischen Museum Wuppertal, dem heutigen Von der Heydt-Museum. Das Museum hatte es vom Kölner Kunsthändler Aloys Faust erworben.
Mehrere Werke bereits zurückgegeben
Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?
Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.
Das Gemälde von Schmidt-Rottluff ist in diesem Jahr bereits das zweite an die Erben der Hess-Familie zurückgegebene Spitzenwerk aus Nordrhein-Westfalen. Im Januar hatte das Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld ein Bild von Heinrich Campendonk restituiert. Auch dieses Gemälde konnte zurückgekauft werden. Das Campendonk-Werk war während der Nazi-Herrschaft ebenfalls in Köln eingelagert gewesen und dann heimlich weiterverkauft worden.
In den vergangenen Jahren wurden noch weitere Werke an die Erbin der Hess-Familie zurückgegeben. Der spektakulärste Fall: 2006 gab Berlin das berühmte Gemälde "Berliner Straßenszene" (1913) von Ernst Ludwig Kirchner an die Hess-Erbin zurück. Das Bild wurde später für umgerechnet 30 Millionen Euro versteigert.
Die Geschichte von Schmidt-Rottluffs Gemälde "Zwei Frauen" stehe beispielhaft für das Unrecht, das jüdischen Kunstsammlern während des Nationalsozialismus angetan worden sei, erklärte Christine Regus, Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder: "Bis heute ist es unsere gesamtstaatliche Aufgabe, die Schicksale hinter diesen Kunstwerken aufzuklären und transparent zu machen."