Die Ärzte waren kurz davor gewesen, seine Behandlung abzubrechen. Bei einem 42-jährigen Patienten stellte sich auch nach 30 Tagen Beatmung auf der Intensivstation keine Besserung ein, seine Lunge war weitestgehend zerstört. Doch die Mediziner der München Klinik kämpften weiter. "Ich wollte diesem jungen Mann nicht sagen, dass wir ihn aufgeben", sagt Dr. Markus Engel, Oberarzt der Klinik im Münchner Stadtbezirk Bogenhausen.
Die Beharrlichkeit zahlte sich aus: Nach 71 Tagen Beatmung und insgesamt 129 Behandlungstagen konnte der Patient das Krankenhaus verlassen – für Engel eine "Sensation", wie er in einer Mitteilung der Klinik sagt. Der 42 Jahre alte Mann durfte nach drei Monaten Überlebenskampf in seinem Krankenbett wieder an die frische Luft und ein Eis genießen. "Es lohnt sich zu kämpfen", lautete das Fazit von Dr. Stefan Volz, ebenfalls Oberarzt.
ECMO-Maschine rettet Covid-Patienten das Leben
Der Patient hat seine Genesung einer speziellen Behandlungsmethode zu verdanken: Die Mediziner schlossen ihn an eine ECMO-Maschine an – wobei ECMO für "extrakorporale Membranoxygenisierung" steht. Die Herz-Lungen-Maschine übernimmt die Aufgaben, die eigentlich der Lunge zukommen, sie reichert das Blut mit Sauerstoff an und reinigt es von Kohlendioxid. Für viele Corona-Patienten ist diese Behandlung die letzte Hoffnung.
Die ECMO-Maschine wird vor allem bei jüngeren Covid-19-Patienten, also Menschen unter 60 Jahren, eingesetzt. Während der dritten Corona-Welle waren viele Infizierte aus dieser Altersgruppe in intensivmedizinische Behandlung gekommen. Nach Angaben der München Klinik ist neben einem gesunden Herz-Kreislauf-System auch eine gesunde psychische Verfassung des Patienten Voraussetzung für eine erfolgsversprechende Behandlung. "Sie müssen an der ECMO kämpfen", sagte Oberarzt Engel der "Süddeutschen Zeitung". Zudem werde auch hoch qualifiziertes Pflegepersonal benötigt. Jeder falsche Handgriff kann für den Patienten lebensgefährlich werden.
"Das glaubt uns sonst niemand": Warum ein Intensivpfleger nach Schichtende zur Kamera griff

In diesem Zimmer der Intensiv-Station lagen Fälle, bei denen der Verdacht auf eine Corona-Infektion noch unbestätigt war. Auch diese Ungewissheit, nie sicher sein zu können, ob ein neu eingelieferter Patient infiziert ist oder nicht, hat die Arbeit des Krankenhaus-Personals extrem aufwändig gemacht. Sie mussten ja nicht nur sich selbst schützen, sondern auch ständig die Schutzkleidung wechseln, um ja nicht andere Patienten in Gefahr zu bringen.
Die Intensivstation des Universitätsspitals Basel, auf der ich arbeite, hat 46 Intensiv-Betten. In der ersten Welle waren zu Spitzenzeiten 17 oder 18 davon mit Corona-Patienten belegt. Dazu kamen immer einige Verdachtsfälle, bei denen eine Infektion noch nicht ausgeschlossen werden konnte. Die mussten zunächst ebenfalls isoliert werden. Das heißt: Die halbe Station war mit isolierten Patienten blockiert. Im Herbst hatten wir zu Spitzenzeiten sogar 22 oder 23 Corona-Patienten auf der Intensiv-Station. Und die zweite Welle dauert ja viel länger als die erste: über drei Monate lang."
Die dritte Welle traf vermehrt jüngere Patienten
Aktuell sind in der Klinik fünf dieser Geräte im Einsatz. Um die ECMO-Methode noch effektiver einsetzen zu können, hat die München Klinik am Standort Harlaching ein mobiles Team aufgestellt. Dieses Team schließt Corona-Patienten in anderen Kliniken an die ECMO an. Dadurch sollen die Risiken, die für Patienten durch den Transport entstehen, verringert werden.
Der 42-jährige Covid-Patient erholt sich nun langsam von seiner Erkrankung. In der vergangenen Woche besuchte er seine Lebensretter in der Klinik. "Ein sehr bewegender Moment, als wir uns nach einigen Wochen auf Augenhöhe wiedergesehen haben, wobei auch die ein oder andere Träne floss", sagte der stellvertretende Stationsleiter Markus Schopper der "Bild". Er macht allerdings auch noch einmal darauf aufmerksam, wie gefährlich das Coronavirus auch für jüngere Menschen sein kann: "Wir sind es gewohnt, schwerstkranke Patienten zu versorgen. Aber eine Erkrankung mit einem derart schnellen, schwerem und leider auch tödlichem Verlauf, hat sogar uns erschrocken. Die Anzahl der jungen Covid-Patienten stieg mit der dritten Welle."
Quellen: München Klinik / "Bild" / "Süddeutsche Zeitung"