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Erkältungs- und Grippeviren Die winzigen Übeltäter

Fieber, Husten, Schüttelfrost: Kleiste organische Gebilde sind es, die den Menschen krank machen. Etwa 200 Arten von Viren lösen Erkältungen aus.

Ob es eine Erkältung oder eine Grippe ist, die einen quält: Immer sind Viren schuld daran. Diese Mikroorganismen gehören nicht zu den Lebewesen, denn sie haben keinen eigenen Stoffwechsel: Sie essen nicht und sie scheiden nicht aus, sie können sich nur fortpflanzen. Dies tun sie, indem sie ihr Erbgut in Zellen spritzen. Bei Erkältungen sind es meist die Schleimhautzellen der Nase, des Rachens und der oberen Atemwege, die betroffen sind.

Die Wirtszelle wird von den Virengenen so umprogrammiert, dass sie ihr eigenes Leben aufgibt und nur noch Virenbestandteile herstellt. Diese Bausteine fügen sich in der Zelle zu funktionstüchtigen Erregern zusammen. Danach platzt die Wirtszelle auf oder sie entlässt die neuen Viren und leitet anschließend ein körpereigenes Suizidprogramm ein: In beiden Fällen stirbt sie. Ohne Wirtszellen können sich Viren nicht fortpflanzen.

Die Schmarotzer sind winzig: Je nach Art messen sie zwischen 15 und 300 Nanometer. Ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter - Viren bewegen sich im Größenbereich von Molekülen. Schließlich bestehen sie nur aus etwas Erbgut und einer Umhüllung. Manche der Winzlinge haben nur eine Kapsel, das so genannte Kapsid, das ihr Erbgut umgibt. Andere haben noch eine zweite Hülle, die das Kapsid umschließt. Darauf sitzen häufig Stacheln, die aus Eiweißmischungen (Glykoproteinen) bestehen. Diese Stacheln dienen dem Immunsystem als Erkennungssignal.

An den Symptomen ist die Virusart nicht zu erkennen

Wenn unser Abwehrsystem auf die Viren reagiert, löst das eine Vielzahl von Prozessen im Körper aus: Immunbotenstoffe werden ausgeschüttet, Fresszellen gleiten durchs Gewebe, Entzündungen entstehen. Solche Abwehrreaktionen unseres Körpers werden als typische Krankheitssymptome bei Erkältung oder Grippe erlebt.

Kein Arzt kann allein anhand der Symptome erkennen, welches Virus genau bei einer Erkältung aktiv ist. Zahlreiche Arten können Schnupfen, Husten und Halsschmerzen auslösen. Mehr als 200 sind Wissenschaftlern bisher bekannt. Sie stammen aus unterschiedlichen Gattungen, sogar aus verschiedenen Virenfamilien. Dennoch produzieren sie recht ähnliche Krankheitszeichen. Zu den Übeltätern gehören:

  • Rhinoviren
  • Coronaviren
  • Adenoviren
  • RS-Viren
  • Para-Influenza-Viren
  • Influenzaviren

Rhinoviren

Wenn Erwachsene einen Schnupfen haben, ist das meist den Rhinoviren zuzuschreiben. Sie gehören zu der Familie der sogenannten Picornaviren, den kleinsten Viren, die es gibt. Sie messen nur wenige Nanometer. Forscher kennen mehr als 100 Varianten von Rhinoviren. Sie lösen meist eine harmlos verlaufende Erkältung aus. Die Erreger verursachen neben einer laufenden Nase solche Symptome wie Kratzen im Rachen und Niesanfälle. Manche Kranke fühlen sich auch schlapp, haben Kopfschmerzen und eine leicht erhöhte Temperatur. Nach etwa vier Tagen werden manche der Betroffenen heiser, möglicherweise plagt sie auch noch ein Husten.

Coronaviren

Fast jede fünfte Erkältung geht auf Coronaviren zurück, schätzen Virologen. Dieses Virus hat seinen Namen von den kronenähnlichen Stacheln seiner Hülle: Das lateinische Wort corona bedeutet Krone. Der Keim findet gute Überlebensbedingungen im Frühling, Herbst und Winter - jenen Jahreszeiten, in denen Erkältungen besonders oft auftreten.

Adenoviren

Bei einer Erkältung mit schweren Symptomen könnte es sich um das Werk von Adenoviren handeln. Denn diese Virusfamilie kann nicht nur Husten, Schnupfen und Heiserkeit verursachen, sondern auch Fieber und entzündete Bindehäute. Im schlimmsten Fall infizieren die Adenoviren zusätzlich noch die Zellen der unteren Luftwege. Dann entzünden sich auch noch die Bronchien der Lunge.

RS-Viren

Erkältungen können auch durch RS-Viren hervorgerufen werden. RS steht für Respiratory-Syncytial-Virus. Übersetzt bedeutet diese englische Bezeichnung etwa: die Atemwege und die Zellverschmelzung betreffend. Bei Erwachsenen lösen RS-Viren in der Regel nur leichte Symptome aus: Schnupfen, Husten, erhöhte Temperatur. Säuglinge und kleine Kinder können jedoch auch eine Bronchien- oder Lungenentzündungen bekommen.

Para-Influenzaviren

Schwere Symptome können von Para-Influenzaviren herrühren, vor allem bei Kindern. Diese Erreger sind umtriebig: Sie befallen nicht nur Menschen, sondern auch Tiere. Bei Hunden etwa verursachen sie Zwingerhusten, beim Menschen unter anderem Erkältungen. Epidemiologen gehen davon aus, dass alle Menschen bis spätestens zum fünften Lebensjahr einmal von den Erregern befallen wurden. Blutuntersuchungen stützen diese Annahme.

Der erste Kontakt mit dem Virus verläuft oft heftig. Bei Neugeborenen kann es schwere Lungenentzündungen mit blutigem, eitrigem Auswurf sowie Atemnot verursachen. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann der Keim auch das sogenannte Krupp-Syndrom (Pseudo-Krupp) auslösen. Symptomatisch dafür sind keuchende Atemnot und ein Husten, der sich wie Bellen anhört.

Bei Erwachsenen richtet das Para-Influenzavirus meist nicht ganz so großen Schaden an: Neben den üblichen Erkältungssymptomen verursachen sie oft eine Kehlkopfentzündung. Die Kranken sind dann heiser und leiden unter trockenem Husten. Manchmal lösen die Viren auch noch eine Bronchitis, eine Entzündung der unteren Atemwege in der Lunge, aus.

Influenzaviren

Influenzaviren lösen keine Erkältung aus, sondern eine Grippe, medizinisch korrekt Influenza genannt. Grippeviren befallen Menschen jeden Alters. Allerdings kann es Säuglinge und kleine Kinder besonders schwer treffen. Denn ihr Immunsystem ist noch nicht so belastbar wie das von Erwachsenen. Auch ältere Menschen können durch Influenzaviren in Gefahr geraten. Ihr Körper ist möglicherweise nicht mehr in der Lage, schnell geeignete Abwehrstrategien einzusetzen.

Es gibt drei Typen von Grippeviren: A, B und C. Sie unterscheiden sich in der Anzahl der Virenbausteine sowie in ihrer Gefährlichkeit. Typ A ist der gefährlichste für Menschen: Er löst Pandemien aus - Grippewellen, die meist im asiatischen Raum beginnen und dann einmal um die ganze Welt laufen können. Die Typen B und C spielen beim Menschen keine größere Rolle. Sie verursachen nur gelegentlich vereinzelte Erkrankungen.

Experten unterteilen die Influenzaviren vom Typ A noch in verschiedene Subtypen. Denn die Erreger haben unterschiedliche Stacheln auf ihren Hüllen. Diese Stacheln an der Oberfläche bestehen aus Eiweiß. Die beiden wichtigsten Eiweiße sind das Hämagglutinin und die Neuraminidase. Mit dem Hämagglutinin heftet sich das Virus an menschliche Zellen an, um sie anschließend zu infizieren. Die Neuraminidase benötigen die Viren-Nachkommen, um die Zelle wieder verlassen zu können.

H3N2 und H5N1 sind auch Grippeviren

Von beiden Eiweißsorten gibt es unterschiedliche Ausprägungen. Bislang haben Forscher 16 verschiedene Hämagglutinine und 9 verschiedene Neuraminidasen entdeckt. Besitzt eine Virushülle zum Beispiel das Hämagglutinin Nummer 2 und die Neuraminidase Nummer 3, nennen Virologen das Influenzavirus H2N3. Klassische Influenzaviren etwa sind auch die Subtypen H3N2 und H1N1.

Besondere Bekanntheit hat das Influenzavirus vom Typ A mit dem Subtyp H5N1 erlangt: das Vogelgrippevirus. Denn die Erreger vom Typ A befallen nicht nur den Menschen, sondern beispielsweise auch Schweine oder Pferde. Und eben Vögel - vor allem Wasservögel sind das Ziel dieses Viren-Subtyps.

Epidemiologen konnten nachweisen, dass sich H5N1 mittlerweile auf der gesamten Erdkugel wiederfindet, nicht nur im Inneren von Vögeln, sondern auch im Gewebe anderer Tierarten. Bislang erkrankten auch etwa 300 Menschen daran. Das sieht auf den ersten Blick nicht nach viel aus. Fachleute befürchten jedoch, dass eine Pandemie entstehen könnte, die auch den Menschen ernsthaft bedroht.

Denn das Virus könnte sich genetisch so verändern, dass es menschliche Wirtszellen leichter als bislang befallen kann. Diese genetische Mutation, die dem Virus den so genannten Wirtssprung erlaubt, ist keine angstgetriebene Phantasie einzelner Virologen. Vielmehr ist dies ein Vorgang, der tatsächlich irgendwann passieren kann. Das beste Beispiel ist die Spanische Grippe, die 1918 und 1919 in Europa und in den USA umging. Schätzungen zufolge starben 30 bis 50 Millionen Menschen daran. Der Erreger der Spanischen Grippe gehörte zum Subtyp H1N1, ursprünglich war er ein reines Vogelvirus. Unsicher ist allerdings, ob und wann ein Virus mutiert, um sich dem Menschen zu nähern. Das kann in zehn Monaten geschehen, in zehn Jahren oder nie.

Das Immunsystem wehrt sich gegen die Viren

Die menschliche Abwehr erkennt Viren an ihrer Hülle. Die stacheligen Hüll-Eiweiße Hämagglutinin und Neuraminidase sind die Merkmale, die das Immunsystem in Alarmbereitschaft versetzen. Es produziert Abwehrstoffe gegen die Erreger. Allerdings nur gegen den speziellen Subtyp, der in den Körper gelangt ist. Hat sich ein Mensch zum Beispiel mit H3N2 infiziert, ist er danach gegen diesen Subtyp immun. Nicht aber gegen den Subtyp H1N4 oder gegen H5N2. Weil es so viele verschiedene Subtypen gibt, erkranken Menschen immer mal wieder an einer Grippe, deshalb gibt es jedes Jahr wieder Grippe-Epidemien.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betreibt Labore auf der ganzen Welt und untersucht ständig, wie sich die Hüllen der Grippeviren verändern. Oft entstehen neue Hüll-Kombinationen im asiatischen Raum - dort leben Mensch und Tier eng beieinander, genetisch veränderte Viren können so schnell einen neuen, passenden Wirt finden und sich ausbreiten. Hat die WHO die entsprechenden Hüll-Kombinationen der Keime analysiert, veranlasst sie, dass Pharmaunternehmen passende Impfstoffe gegen diese Viren-Subtypen herstellen. Die jährlich neu hergestellten Impfstoffe schützen daher genau vor demjenigen Subtypus, der gerade grassiert.

Sandra Jessel

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