Die Produktion des Impfstoffes gegen die Grippe hat sich um vier bis sechs Wochen verzögert. Während in früheren Jahren schon ab September mit der verbeugenden Impfung begonnen wurde, wird diesmal erst seit etwa zwei Wochen geimpft. Bisher hat das Paul-Ehrlich-Institut die Freigabe für rund 17 Millionen Dosen erteilt, sagt Sprecherin Susanne Stöcker. 22 bis 23 Millionen Dosen sollen in diesem Jahr insgesamt zur Verfügung stehen.
"Es ist absehbar, dass wir erst Ende November, Anfang Dezember die letzten Dosen freigeben können", sagt Stöcker. "Die Impfsaison verschiebt sich." Dies sei aber kein Problem, da die Grippeviren erfahrungsgemäß erst zum Jahresende oder noch später auftauchten. Das Immunsystem brauche knapp zwei Wochen, bis es ausreichend Antikörper gebildet habe.
Grippeimpfung schützt nicht vor Erkältung
Die Ursache der Verzögerung liegt in einem Virusstamm, der nicht so recht wachsen wollte. Die Weltgesundheitsorganisation legt jedes Jahr fest, welche drei Stämme des Influenza-Virus im Impfstoff enthalten sein müssen. Aus diesen wird für die Hersteller von einem zentralen Labor das Ausgangsmaterial, die so genannten Saatviren, entwickelt und zur Verfügung gestellt. Dabei ließ sich einer dieser Stämme, der Subtyp mit der Bezeichnung H3N2, mehr Zeit als die anderen beiden. Und dann wuchs er auch noch schlechter in den bebrüteten Hühnereiern an als die anderen zwei Stämme, wie Stöcker erläutert.
Da im Impfstoff die gleiche Menge von jedem der drei Stämme enthalten sein muss, kam es zu der Verspätung. Daraus könne das Problem entstehen, dass mancher erst in der Zeit geimpft werde, in der Erkältungen schon an der Tagesordnung seien. Wenn man sich gegen Grippe habe impfen lassen, dann sei man auch nur vor der Grippe geschützt und könne dennoch eine handfeste Erkältung bekommen, betont Stöcker. Das eine dürfe nicht mit dem anderen verwechselt werden.
Die Grippeviren seien viel aggressiver, sie beschäftigten das Immunsystem so sehr, dass man anderen Erregern deutlich schutzloser ausgeliefert sei. Viele der an Grippe erkrankten Patienten sterben letztlich an einer Lungenentzündung, weil sich ihr Körper gegen die anderen Erreger überhaupt nicht mehr wehren konnte, wie die Expertin betont.
Schwierige Lagerung
Eine stichprobenartige Umfrage zur Belieferung mit Impfstoffen in einigen Bundesländern zeigt unterschiedliche Ergebnisse: So gibt es derzeit in etlichen Arztpraxen Sachsen-Anhalts noch Engpässe, wie Martin Wolf von der Apothekerkammer des Landes mitteilte. Die ersten Spritzen kamen erst Ende September, also rund vier Wochen später als in den Vorjahren.
Die meisten Ärzte bestellen laut Wolf die Spritzen nicht langfristig, sondern nach Bedarf, weil sie schwer zu lagern sind. Acht Spitzen stecken jeweils in einem Karton, der so groß ist wie eine Cornflakes-Packung und müssen bei acht Grad Celsius im Kühlschrank aufgehoben werden. In Thüringen sieht es ähnlich aus. Hier ist ein Großteil der Impfstoffe angekommen, aber beileibe noch nicht alles, wie Ronald Schreiber von der Apothekerkammer in Erfurt sagt.
Impfung auch im Dezember noch sinnvoll
In Nordrhein-Westfalen ist der Grippe-Impfstoff stellenweise aufgebraucht. "Es sind noch Impfstoffe in den Apotheken, aber nicht mehr flächendeckend", sagt ein Sprecher der Apothekerkammer Nordrhein. "Es kann also durchaus passieren, dass man in eine Apotheke kommt und der Apotheker sagt: 'Ich habe keinen Impfstoff mehr, und ich bekomme auch keinen mehr nach.'" Ein Sprecher der Apothekerkammer Westfalen-Lippe sagt, es gebe starke regionale Unterschiede - auch weil es keine richtige Feinverteilung bei der Auslieferung gebe. Es bekomme nicht zunächst jede Apotheke einen bestimmten Prozentsatz ihrer Bestellung: "Manche bekommen erst nur einen Teil, manche gleich ihre gesamte Bestellung."
Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Sozialministeriums kommt es derzeit zu Verzögerungen bei der Belieferung der Ärzte mit Impfstoff. "Man sollte aber nicht von Engpässen reden", sagte Sprecherin Beate Fasbender. "Eine Impfung ist auch im Dezember noch sinnvoll." Dagegen gab es in Hessen und in Baden-Württemberg keine Probleme mit den Impfstofflieferungen.