Deutsche und niederländische Wissenschaftler haben eines der wesentlichen Rätsel der bisher unheilbaren Schlafkrankheit gelöst, der in Afrika jährlich tausende Menschen zum Opfer fallen. Wie der Leiter des Instituts für Mikrobiologie und Genetik an der TU Darmstadt, Markus Engstler, berichtete, vermeiden die Erreger der Krankheit mit einem Trick, dass Antikörper des menschlichen Immunsystems wirksam an ihrer Außenhülle andocken können. So wird die Immunabwehr faktisch ausgeschaltet.
Die Schlafkrankheit ist eine Infektionskrankheit, die meist tödlich endet, wenn sie nicht behandelt wird. Zu ihren Symptomen zählen neben Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, juckender Hautausschlag, Schweißausbrüche, Abgeschlagenheit und Leistungsverlust. Seit rund 110 Jahren ist bekannt, dass die Erreger der Schlafkrankheit, durch den Stich der afrikanischen Tse-Tse-Fliege übertragen werden. Die Erreger sind einzellige Lebewesen, so genannte Trypanosomen. Nach Engstlers Worten beginnen die Trypanosomen nach dem Eindringen in einen Menschen, ohne Unterlass in dessen Blut zu schwimmen - und zwar immer nur in eine Richtung.
Erreger fressen Antikörper auf
Der Darmstädter Molekularbiologe konnte nun in Zusammenarbeit mit anderen deutschen und niederländischen Forschern zeigen, dass die Schwimmbewegung dazu dient, auf der glatten Außenhaut des Erregers eine permanente Strömung zu erzeugen, ähnlich dem Fahrtwind beim Auto. Versuche nun ein Antikörper, an einem Trypanosom anzudocken, werde er durch die Strömung nach hinten zum Zellmund des Erregers getrieben, sagte Engstler. Dort werde der Antikörper dann von dem Trypanosom aufgefressen. Die Verteidigung des Immunsystems gegen den Eindringling wird so abgewehrt. Dies erkläre, warum die Erreger niemals aufhörten zu schwimmen, auch wenn sie im schnell fließenden Blut des Menschen kaum voran kämen, sagte der Molekularbiologe: "Sie schwimmen um ihr Leben."
Diese Beobachtung bietet nach Einschätzung der Darmstädter Forscher neue Ansätze für eine wirksame Bekämpfung der Schlafkrankheit. Könnte man die Erreger am Schwimmen hindern, wären sie dem menschlichen Immunsystem ausgeliefert. In einem genetischen Experiment ist es Engstler nach seinen Worten bereits gelungen, dem Trypanosom beizubringen, "den Rückwärtsgang einzuschalten". Daraufhin seien Antikörper, die an der Oberfläche der Trypanosomen anhafteten, nicht mehr zum vernichtenden Mund, sondern zur Vorderseite des Erregers geschwommen.