Seit Jahresbeginn ist die Omikron-Untervariante BA.2 auf dem Vormarsch in Deutschland. Das machen die Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) ganz klar deutlich. Noch vor einer Woche waren es 38 Prozent der Neuinfektionen, die auf diesen Omikron-Subtyp zurückgehen. Der aktuelle Wochenbericht des RKI zeigt einen Anstieg auf 48 Prozent. Heißt: Fast die Hälfte der Neuinfektionen gehen mittlerweile auf das Konto des Subtyps BA.2.
Schon Ende letzten Jahres breitete sich der Subtyp in anderen Ländern zum Beispiel in Dänemark schnell aus, wie der stern berichtete. Was wir mittlerweile über den Subtyp wissen und was seine Ausbreitung bedeutet. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist der Subtyp BA.2 genau?
Bei der Sublinie BA.2 handelt es sich um eine Unterline der Omikronvariante. Bisher haben sich Menschen in Deutschland am meisten mit der Untervariante BA.1 infiziert. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet sich BA.2 in seiner genetischen Sequenz von BA.1. Zum Beispiel im Spike-Protein, welches das Virus nutzt, um die Zellen im menschlichen Körper anzugreifen.
Ist der Subtyp BA.2 gefährlicher als BA.1?
Das RKI schreibt: "Bei Populationen mit hoher Immunität durch Impfungen bzw. bereits durchgemachten Infektionen wurden keine Unterschiede im Schweregrad der Erkrankungen zwischen den Omikron-Sublinien BA.1 und BA.2 festgestellt." Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Südafrika kamen in einer Analyse zu dem Schluss, dass sich Infektionen mit den Omikron-Untervarinaten BA.1 und BA.2 in der Krankheitsschwere nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Die Forschenden haben dazu Daten von mehr als 90.000 Menschen analysiert, die sich zwischen Dezember und Januar mit Omikron infiziert hatten. In Südafrika war zu diesem Zeitpunkt schon BA.2 deutlich auf dem Vormarsch. In einer älteren Untersuchung aus Japan hatten Forschende den Subtyp BA.2 im Labor an Hamstern untersucht und im Vergleich zu BA.1 eine erhöhte Krankheitsschwere festgestellt.
Doch weder der Wochenbericht vom 3. März 2022 des RKI noch die Studie aus Südafrika sind aussagekräftig in Bezug auf die Krankheitsschwere bei Menschen, die noch keine Covd-19-Infektion durchgemacht haben oder ungeimpft sind. Denn in Südafrika hat ein großer Teil der Menschen entweder schon eine Infektion durchlaufen oder ist geimpft. Und das RKI bezieht sich in seiner Aussage nur auf eine gut immunisierte Population.
Ist BA.2 ansteckender?
Das RKI schreibt, dass der Subtyp BA.2 leichter übertragbar ist als die die Untervariante BA.1. Auch der Expertenrat der Bundesregierung bescheinigte dem Subtyp schon Mitte Februar eine leichtere Übertragbarkeit.
"Der stetige Anstieg der Prävalenz von BA.2 in mehreren Ländern deutet darauf hin, dass es einen Wachstumsvorteil gegenüber anderen zirkulierenden Varianten hat", sagt Mads Albertsen, Bioinformatiker an der Universität Aalborg in Dänemark gegenüber der Zeitschrift "Nature". Auch Daten im Preprint aus Dänemark zeichnen ein ähnliches Bild: Forschende haben die Ansteckungen in Haushalten untersucht. Das Ergebnis: Ungeimpft, Geimpft oder schon Geboostert – ein Mensch, der der Untervariante BA.2 ausgesetzt ist, steckt sich wahrscheinlicher an als bei BA.1. Die Studie zeigt aber auch, dass Geimpfte und Geboosterte BA.2 etwas seltener weitergeben und andere infizieren als mit BA.1.
Schützen die Impfungen noch?
Im Bericht der UK Health Security Agency heißt es: "Die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen symptomatische Erkrankungen war für die Sublinien BA.1 und BA.2 von Omikron ähnlich." Die Impfungen schützen laut dem Bericht auch bei Omikron vor schweren Verläufen. Auch nach Einschätzung des RKI ist es so, dass es bei einer "Population mit hoher Immunität durch Impfung oder überstandener Infektion keine Unterschiede im Schweregrad der Erkrankungen zwischen den Omikron-Sublinien BA.1 und BA.2 festgestellt wurden.“
Kann ich mich mit BA.2 infizieren, obwohl ich schon BA.1 hatte?
Erste Daten eines dänischen Preprints zeigen, dass es zwar möglich ist, sich erst mit BA.1 und dann noch mit BA.2 anzustecken, die Forschenden schlussfolgern aber aus ihren Daten, dass es selten vorkommt. Vor allem jüngere, ungeimpfte Personen könnte eine erneute Infektion mit BA.2 nach einer Infektion mit der Untervariante BA.1 treffen.
Was bedeutet die Untervariante für den Pandemieverlauf in Deutschland?
Wie genau sich die Lage weiterentwickeln wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab und nicht nur von der Virusvariante. Beispielweise der Kontakthäufigkeit durch anstehende Lockerungen oder die Verlagerung von Treffen ins Freie bei frühlingshaften Temperaturen. Das RKI schreibt in seinem Wochenbericht (vom 10. März 2022): "Es ist zu vermuten, dass der derzeitige erneute Anstieg übermittelter Covid-19-Fälle auf die leichtere Übertragbarkeit der Sublinie BA.2 und die Rücknahme von kontaktreduzierenden Maßnahmen zurückzuführen ist. Damit kann eine weitere Zunahme der Fallzahlen nicht ausgeschlossen werden. Der weitere Verlauf der Pandemie hängt maßgeblich davon ab, wie sich das Verhalten in der Bevölkerung ändert und in welchem Umfang mögliche infektionsrelevante Kontakte zunehmen."
Der Modellierer Kai Nagel und sein Team an der TU Berlin haben in ihrem letzten Bericht verschiedene Szenarien skizziert. Im besten Fall würde die Omikron-Welle mit dem Subtyp BA.2 maximal das Niveau der BA.1-Welle von Mitte Februar erreichen. Im negativsten Szenario der Forschenden wäre die BA.2-Welle 2,5-mal heftiger als die Welle mit der Untervariante BA.1. Das wäre im Modell der Forschenden der Fall, wenn die Freizeitaktivitäten stark vermehrt wären und eine vorherige Infektion mit BA.1 nicht gut vor dem Subtyp BA.2 schützen würde, also eine sehr niedrige Kreuzimmunität besteht.
Dieser Artikel wurde erstmals am 4.3.2022 veröffentlicht und zuletzt am 11.3.2022 aktualisiert.