Tabak-Werbeverbot Regierung klagt gegen eigenes Gesetz

Das Tabak-Werbeverbot ist auf den Weg gebracht - als Umsetzung einer EU-Richtlinie. Genau gegen diese aber klagt die Regierung. Unabhängig vom Urteil will Verbraucherministerin Renate Künast am Reklameverbot festhalten.

Die Bundesregierung verschärft ihren Kampf gegen den blauen Dunst: Für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse soll künftig ein Werbeverbot in Zeitungen und Zeitschriften sowie im Internet gelten. Das hat das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen und damit eine EU-Richtlinie in ein nationales Gesetzesvorhaben umgesetzt.

Obwohl das Gesetz nun auf dem Weg ist, hofft die Regierung gleichzeitig, dass Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunk diesen Schritt mit Hilfe des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) schon bald wieder rückgängig machen zu können, wie Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte. Die Bundesregierung klagt gegen die EU-Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Tatsache, der EuGH über die deutsche Klage gegen die EU-Richtlinie noch nicht entschieden hat, entbindet Deutschland nach Worten von Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) nicht von der Pflicht, diese in nationales Recht umzusetzen.

Künast hatte noch vor der Kabinettsentscheidung im Inforadio Berlin-Brandenburg indirekt dafür plädiert, auch bei einem Erfolg der Klage am Werbeverbot festzuhalten. "Dann wäre immer noch inhaltlich zu bewerten, was soll Teil der Anti-Rauch- und Anti-Sucht-Aktivitäten der Bundesregierung sein. Zum Beispiel, dass es keine Werbung für ein ungesundes Produkt oder ungesundes Verhalten gibt."

Entscheidung nicht vor Ende 2005

In einer Regierungsmitteilung hieß es aber, die Regierung gehe davon aus, vor dem EuGH in vollem Umfang Erfolg zu haben, womit dann auch die Umsetzungsnotwendigkeit für die Richtlinie mit dem Werbeverbot entfiele. Mit einer Entscheidung des EuGH sei nicht vor Jahresende 2005 zu rechnen.

Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) und sein Mitgliedsverband, der Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE), bemängelten, es wäre sinnvoller gewesen, das EuGH-Urteil abzuwarten. Der Gesetzentwurf müsse nachgebessert werden, wobei etwa Publikationen, die nicht an die breite Öffentlichkeit gingen, vom Verbot ausgenommen werden sollten, wie der BTWE-Geschäftsführer Willy Fischel sagte.

Werbeverbot "politischer Irrweg"

Der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) sprach von einem "politischen Irrweg" und sagte voraus, das Werbeverbot werden nicht zu einem Rückgang des Zigarettenkonsums bei Jugendlichen führen. Der Geschäftsführer des Verbandes deutscher Zeitschriftenverleger, Wolfgang Fürstner, klagte, der Branche drohten Anzeigenverluste von 40 Millionen Euro im Jahr und Gefahren für 500 Stellen.

Mit ihrer Forderung, an der geplanten Erhöhung der Tabaksteuer festzuhalten, widersprach Künast Haushältern der Koalition. Diese verwiesen auf sinkende Tabaksteuer-Einnahmen für den Bund als Folge der Steuererhöhungen. "Es kann ja nicht sein, dass wir beim Haushalt sagen: Machen wir lieber etwas, woran die Leute sterben", sagte sie. Auch Ärztekammer-Präsident Hoppe warnte davor, aus haushaltspolitischen Gründen auf die Steuererhöhung zu verzichten. Dieser Schritt dürfe nicht "an kurzsichtigen haushaltspolitischen Überlegungen scheitern", so Hoppe.

DPA · Reuters
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