SÄUGLINGE Gefäßstütze statt Herz-Operation

Säuglingen mit angeborenem Herzfehler kann künftig eine komplizierte Operation erspart bleiben. Es wird eine stattdessen eine Gefäßstütze eingesetzt.

Ärzte der Universitätsklinik Kiel und der Berliner Charité haben nach eigenen Angaben weltweit erstmalig einem Säugling über einen Katheter eine neuartige Gefäßstütze eingesetzt. Dem Baby wurde damit den Medizinern zufolge eine komplizierte Operation am offenen Herzen erspart. Das neue Verfahren, bei dem sich die Gefäßstütze mit dem Wachstum der Ader vergrößern lässt, könne in Zukunft auch bei angeborenen Herzfehlern oder Verengungen von Arterien und Venen bei Neugeborenen lebensrettend eingesetzt werden, sagte der Berliner Oberarzt Martin Schneider am Dienstag der dpa. Der langfristige Erfolg der Technik lasse sich allerdings erst überprüfen, wenn das Kind herangewachsen sei.

Nach dem Einsetzen nur noch Herzkatheter-Untersuchungen

Die neue, 4 Millimeter dicke Gefäßstütze, ein so genannter Stent, könne bis auf 23 Millimeter Durchmesser ausgedehnt werden, erläuterte Schneider, Oberarzt für interventionelle Kinderkardiologie an der Charité, der die neue Technik zusammen mit der Kölner Firma Produkte für die Medizin AG entwickelt hat. Das entspreche dem Durchmesser des betroffenen Gefäßes im Erwachsenenalter. »In der Nachsorge werden deshalb lediglich weitere Herzkatheter-Untersuchungen notwendig sein, um den Stent dem Körperwachstum anzupassen«, sagte der Mediziner.

Bisher Notlösungen bei Kindern

»Bislang gab es derartige Gefäßstützen nur für Erwachsene. Für den Einsatz bei Kindern waren Notlösungen erforderlich«, sagte Schneider. Er hob die Beteiligung der medizintechnischen Industrie hervor. »Obwohl die Entwicklung von Materialien, die ausschließlich bei Kindern zum Einsatz kommen, wegen der niedrigeren Zahlen in aller Regel wirtschaftlich nicht lukrativ ist, wurde das Projekt mitgetragen.«

Der erste erfolgreiche Baby-Stent-Eingriff galt einem vier Monaten alten, knapp zweieinhalb Kilo schweren Frühchen. Das Kind litt an einer Einengung einer lebenswichtigen herznahen Vene. »Eine Operation in dieser Gefäßregion ist erfahrungsgemäß langfristig wenig erfolgreich und war in diesem Falle schon versucht worden«, sagte Gunther Fischer, Oberarzt an der Universitätskinderklinik Kiel. »Der Stent war die letzte Chance, die gefährliche Einengung nicht nur kurzfristig zu beseitigen, sondern auch langfristig eine Heilung zu garantieren.« Zusammen mit seinem Berliner Kollegen setzte Fischer in einem rund zweistündigen Eingriff in Kiel das etwa 8 Millimeter lange Drahtgeflecht durch die Beinvene ein.

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