Viele Menschen fühlen sich montags auf der Arbeit wie gerädert. Sie sind müde und unkonzentriert. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Da wäre zum einen der Gedanke an die lange Arbeitswoche, die noch bevorsteht. Andererseits schlafen viele Menschen in der Nacht von Sonntag auf Montag tatsächlich schlecht.
Der Schlafexperte Hans-Günter Weeß kennt dieses Phänomen – und seine Ursachen. Im Gespräch mit dem stern gibt er Tipps, wie Betroffene zu einer erholsamen Nachtruhe finden.
Herr Weeß, viele Menschen schlafen in der Nacht von Sonntag auf Montag schlecht. Woran liegt das?
Zwei Faktoren spielen bei diesem Phänomen eine Rolle. Am Sonntag schlafen wir gerne aus und stehen später, vielleicht erst mittags auf. Wenn wir abends zeitig ins Bett gehen, um am Montagmorgen fit zu sein, waren wir nicht lange genug wach. Es fehlt uns dann am sogenannten Schlafdruck, der sich üblicherweise im Laufe des Tages aufbaut. Wir sind Sonntagabends nicht müde genug – und schlafen schlecht ein.
Und der zweite Faktor?
Viele Menschen starten am Sonntagabend in die Arbeitswoche. Sie legen sich ins Bett und beginnen zu grübeln: "Was bringt mir die Woche? Was steht an? Was muss ich erledigen?" Diese Gedanken führen zu Anspannung. Und Anspannung ist der Feind des Schlafes.
Gibt es Menschen, die zu diesem Phänomen neigen?
Ja, sensible Menschen sind häufiger betroffen, und auch solche, die sich Dinge leicht zu Herzen nehmen. Sie kommen schnell ins Grübeln: "Mache ich alles richtig? Habe ich im Job ausreichend Leistung gebracht? Was könnte ich tun, um mich zu verbessern?" Auch ehrgeizige Personen neigen zu schlechtem Schlaf. Und dann gibt es noch die Gruppe der schlechten Verdränger. Das sind Personen, die schwerer abschalten können als andere. Frauen sind von Natur aus meist schlechtere Verdränger als Männer. Männer können sich leichter entpflichten und auf Distanz zu Alltagsproblemen gehen.
Was kann man tun, um den Schlaf am Wochenbeginn zu verbessern?
Punkt eins: rechtzeitig am Sonntag aufstehen. So baut sich im Laufe des Tages ausreichend Schlafdruck auf. Auch ein Einschlafritual kann Abhilfe schaffen. Heißt: Ich mache mir bereits vor dem Zubettgehen Gedanken, was mich beschäftigen könnte. Ich nehme mir Zeit, ziehe mich zurück, ordne meine Gedanken, plane vielleicht schon einmal die Woche durch und notiere mir, was wichtig wird. Wenn ich das Gefühl habe, dass meine Gedanken geordnet und mein Kopf frei sind, gehe ich ins Bett.

Was kann man tun, wenn im Bett dann doch die Gedanken kreisen?
Es mag paradox klingen, aber es kann helfen, aufzustehen und das Zimmer zu verlassen. So schafft man Distanz zu der belastenden Situation. Am Küchentisch kann man seine Gedanken aufschreiben und sich dabei fragen: "Wie wichtig ist dieser Gedanke für mich im Moment? Kann ich das Problem nicht vielleicht auch morgen lösen?" Diese Distanz schafft Entspannung, und das erleichtert das Einschlafen.
Einige Menschen versuchen, an etwas anderes zu denken – Stichwort Schäfchenzählen. Wie sinnvoll ist das?
Auch das kann helfen. Unser Gehirn denkt rund um die Uhr – warum sollten wir es nicht auch mit angenehmen Dingen beschäftigen? Wir können beispielsweise eine Fantasiereise machen, die wir mit allen Sinnen erleben, einen Spaziergang im Wald etwa. Wir hören die Vögel in den Bäumen zwitschern, fühlen den Wind auf der Haut und sehen die Blumen am Wegesrand. So beschäftigen wir unser Gehirn und kommen nicht so leicht auf dumme Gedanken.
Ab wann ist schlechter Schlaf krankhaft?
Schlafmangel ist immer dann krankhaft, wenn er mindestens drei Mal in der Woche auftritt und wir uns auch tagsüber müde, reizbar und gerädert fühlen. Halten diese Beschwerden für mindestens vier Wochen an, ist es ratsam, sich an einen Arzt zu wenden. Der erste Ansprechpartner ist in solchen Fällen der Hausarzt.

Was ist das Geheimnis gesunden Schlafes?
Gesunde Schläfer machen sich im Bett schöne Gedanken. Das muss nichts Hochtrabendes sein. Oft hilft es schon, an den letzten Urlaub zurückzudenken, an schöne Situationen des Tages oder an Erlebnisse mit Freunden. Anderen hilft der Gedanke an den Lieblingsfußball-Verein beim Einschlafen. Vorausgesetzt, er ist nicht von einem Abstieg bedroht. Das wäre wiederum nicht so förderlich.