"Queen Cleopatra" auf Netflix Ausmaß der Beschwerden "ein bisschen heftig": Adele James äußert sich zu "Blackwashing"-Vorwürfen

Queen Cleopatra
Die britische Schauspielerin Adele James spielt die Rolle der Cleopatra in "Queen Cleopatra" auf Netflix. 
© Netflix
Die Debatte um die Rollenbesetzung der neuen Netflix-Serie "Queen Cleopatra" nimmt kein Ende. Jetzt bezieht Hauptdarstellerin Adele James Stellung zu den "Blackwashing"-Vorwürfen. 

Welche Hautfarbe hatte Königin Kleopatra? Darüber streiten derzeit die Filmbranche, die Medien und die Fachwelt. Die Dokumentationsserie "Queen Cleopatra", die ab dem 10. Mai auf Netflix verfügbar ist, hat den Streit um die Hautfarbe der Königin entfacht. Von "Whitewashing" und "Blackwashing" ist die Rede, vor allem aus dem Heimatland Kleopatras kommt reichlich Kritik zur Besetzung der Neuverfilmung.

Doch zunächst von vorne: Die Kurzserie rund um Königin Kleopatra erzählt die Geschichte selbiger in vier Folgen und ist der zweite Teil von Jada Pinkett Smiths Serie "African Queens". In der Netflix-Produktion geht es um das Leben, die Herrschaft und den Weg zu Macht und Reichtum der legendären ägyptischen Königin. Das Ziel: Die "Femme fatale" nicht allein auf ihre Schönheit und ihre sexuelle Lust zu reduzieren. Die Wahl von Adele James in der Hauptrolle geschah dabei bewusst und mit Hintergedanken. Es sei "ein Wink zu der jahrhundertelangen Debatte über die Ethnie der Herrscherin", schrieb Netflix zur Besetzung im Februar diesen Jahres.

"Queen Cleopatra" auf Netflix wird "Blackwashing" vorgeworfen

Mit der Wahl einer Schauspielerin mit "mixed heritage" (mit Vorfahren verschiedener Herkunft) solle auf die Debatte um die Ethnie der Königin aufmerksam gemacht und gezeigt werden, dass "zur Zeit ihrer Herrschaft die Bevölkerung Ägyptens multikulturell" geprägt war. "Es ist unwahrscheinlich, dass Kleopatras Ethnie dokumentiert ist, und die Identität ihrer Mutter und ihrer Großeltern väterlicherseits ist nicht bekannt”, so der Streaming-Dienst. 

Kurz darauf entfachte eine weltweite Debatte um die Hautfarbe von Darstellerin James, die der Netflix-Produktion das Suggerieren falscher Tatsachen vorwirft. Der Vorwurf der Kritiker: "Blackwashing" — die neumodische "Absicht" der Unterhaltungsbranche, historische Figuren, die nicht Schwarz waren, "fälschlicherweise" mit schwarzen Schauspielern zu besetzen. 

Vorwürfe und Klagen aus Ägypten

Denn erstmals in der Filmgeschichte wird die Rolle der wohl bekanntesten Königin der Welt von einer Schwarzen gespielt. Und damit fühlt sich so manch einer auf den Schlips getreten. Aus Ägypten kommt der Vorwurf, Netflix würde mit seiner Neuverfilmung "die ägyptische Geschichte und Kultur auslöschen". Ein ägyptischer Anwalt klagte sogar gegen den Streaming-Dienst, "um die nationale und kulturelle Identität unter den Ägyptern auf der ganzen Welt zu bewahren". Dr. Mustafa Waziri, Generalsekretär des Obersten Rates für Archäologieägyptische Regierung, bezeichnet die Dokumentation zudem als "eklatanten historischen Irrtum" und eine "Fälschung der ägyptischen Geschichte". Netflix habe die Pflicht, auf historische und wissenschaftliche Fakten zu verweisen, um eine Fälschung der Geschichte und Zivilisation der Völker zu verhindern. 

In einem Interview mit "Glamour UK" äußert sich nun James selbst zur Debatte — und thematisierte die Reaktionen, die sie als Schauspielerin vor allem über Social Media erfährt. Sie sagt, sie habe mit Gegenwind gerechnet, jedoch nicht mit dem Ausmaß der Beschwerden. Die damit einhergehenden Dinge seien "ein bisschen heftig", erzählt die 27-Jährige. Vor ihrem Casting sei sie sehr aufgeregt gewesen, da sie in der Rolle die Chance sah, der Königin Ägyptens mehr Tiefe zu geben als es in bisherigen Formaten der Fall war. Sie sagt: "Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war, als ich das erste Mal vorsprach […], weil sie auf so vielen anderen Ebenen menschlich wird und nicht als die sexuelle Verführerin dargestellt wird, als die sie immer gezeigt wurde."

Rassistische Kommentare bis hin zu Morddrohungen

Als "biracial woman" wisse James zwar, "wie die Dinge laufen", die große Menge an Hassnachrichten bis hin zu Morddrohungen waren jedoch auch für sie vollkommen neu und unverständlich. "Die Morddrohungen, die ich erhalten habe, die rassistischen Kommentare, das ist einfach nur bösartig. Das ist nicht nötig und sehr schädlich", betont die Schauspielerin. Das Team habe reichlich "Blut, Schweiß und Tränen" in die Dreharbeiten gesteckt, sie nun so zu attackieren sei schlichtweg "nicht akzeptabel".

Gerade in den sozialen Medien hetzen Nutzer:innen ungehindert gegen die Schauspielerin und ihre Kollegen. "Die sozialen Medien und das Internet haben sich in einem Ausmaß entwickelt, das offensichtlich niemand von uns vorhersehen konnte", sagt sie dazu. Mittlerweile würden ihre Accounts überwacht werden, mit dem Start der Serie rechne das Team mit einer weiteren Welle an Hass. 

Adele James: "Ich bin starrköpfig"

Unterkriegen lässt sich James dennoch nicht. Sie sei "starrköpfig" und weiche weder Hasswelle noch "Tyrann:innen und Rassist:innen" aus. Und das kommuniziert sie offen. Auf Twitter reagierte sie erst kürzlich auf rassistische Kommentare: "Nur zur Info, diese Art von Verhalten wird auf meinem Konto nicht geduldet. Ihr werdet ohne zu zögern gesperrt!", heißt es in einem Beitrag und weiter: "Wenn du die Besetzung nicht magst, schau dir die Serie nicht an. Oder tue es und diskutiere mit einer (Expert:innenen-)Meinung, die anders ist als deine. Wie auch immer, ich freue mich und werde dies auch weiterhin tun!"

Für junge schwarze Frauen möchte James ein Vorbild sein. Sie hoffe, dass ihnen neue Formate wie "Queen Cleopatra" zeigen, dass sie etwas zu sagen haben. "Sie sind Macht. Sie sind schön. Sie werden gesehen. Sie sind so viel mehr als das, was die Gesellschaft, vor allem seit dem transatlantischen Sklavenhandel, versucht hat, ihnen einzureden", betont sie. Als Schauspielerin mit "mixed heritage" hoffe sie zudem, dass ihre Message auch Menschen mit einer vermischten Herkunft erreicht. 

Regisseurin möchte "Weiße Überlegenheit" in Frage stellen

Auch bezüglich der Hautfarben-Debatte um Königin Kleopatra hat James eine klare Meinung: "Das Einzige, was ich zu Kleopatras Hintergrund sagen kann, ist, dass wir ihn einfach nicht kennen." Genau wie weiße Schauspielerinnen habe sie das Recht, "diese unglaubliche Frau zu verkörpern." Glaubt man historischen Schriften stammt Kleopatra aus der Familie der Ptolemäer, die schon seit 300 Jahren Ägypten beherrschte. Ihren Ursprung hat diese jedoch im Alten Griechenland, weswegen die Königin makedonisch-griechischen Ursprungs sein dürfte. 

Zur Hautfarbe der Königin fragte Regisseurin Tina Gharavi kürzlich gegenüber "Variety", was Hater gegen die Vorstellung einer Schwarzen Kleopatra hätten. "Bisher wurde Kleopatra nur von weißen Schauspielerinnen dargestellt, oftmals auch noch nur auf ihre Schönheit reduziert und als oberflächlich gezeigt", sagt sie — und genau das solle jetzt anders sein. "Kleopatra war eine starke, intelligente Herrscherin und darauf soll auch der Fokus liegen." Dass der Fokus jetzt auf der schwarzen Hautfarbe der fiktiven Königin liege, sei rassistisch, so Gharavi. Mit der schwarzen Kleopatra wolle sie ein Zeichen setzen und Hollywoods Darstellung einer "weißen Überlegenheit" in Frage stellen. 

James bezieht die womöglich doch gemischte Herkunft der Königin nicht nur auf ihr Äußeres, sondern vor allem auf ihre inneren Anteile. "Sie war großartig, hatte aber auch ihre Schwächen. Das zu sehen, ist wirklich wichtig, um jungen Menschen auf der ganzen Welt zu helfen", lautet ihr Statement dazu.

Die Welt ist ein ungerechter Ort

Sie selbst habe aufgrund ihrer Herkunft mit Identitätsproblemen zu kämpfen gehabt und möchte junge Menschen genau davor bewahren. "Vor allem als junger Mensch, der sich leicht beeinflussen ließ — vielleicht sogar leichter als ich es heutzutage tue — stellte ich fest, dass ich für manche Leute zu schwarz und für manche zu weiß war", erzählt sie – und genau das habe sie verunsichert. 

Mittlerweile habe sie erkannt, dass weder die Herkunft ihres Vaters, noch die ihrer Mutter festlegen, wer sie ist. Dennoch weiß sie: "Die Welt ist ein ungerechter Ort für jede:n, die:der nicht weiß ist." Mit ihrer Rolle hoffe sie nun, die Welt wenn auch nur ein klein wenig gerechter machen zu können. Sie möchte zeigen, dass Kleopatra menschlich und "so viel mehr ist als das, was wir bisher über sie wussten." 

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